29.04.2012

DAS KABINETT DES SCHRECKENS (1981)

Eine Gruppe Jugendlicher nächtigt in einer Geisterbahn und beobachtet den Mord an einer Wahrsagerin. Ihr Mörder, ein deformierter Wahnsinniger, jagt nun die Zeugen...
 
Nachts auf dem Rummel...
 
Nach seinem großen Erfolg mit “Blutgericht in Texas” glänzte Regisseur Tobe Hooper nicht gerade mit hervorhebenswerten Filmen. Das Folgewerk “Eaten Alive” war gelinde ausgedrückt ein schlechter Scherz. In den 90er und 00er Jahren drehte er von dem was ich an Hooper-Werken sah nur selten einen halbwegs guten Film, und selbst die Fortsetzung “The Texas Chainsaw Massacre 2“, quasi die Weiterführung jenen Projektes welches ihm seinen Ruhm einbrachte, konnte nicht überzeugen.

In den 80er Jahren stand es um Hooper noch ein wenig besser. Unter der Fuchtel von Steven Spielberg drehte er immerhin mit dessen Handschrift den berühmten “Poltergeist” und Werke wie “Lifeforce” eigneten sich zumindest zum einmal Ansehen. Ich muss sagen, dass mir der hier besprochene “The Funhouse” (Originaltitel) von allem was von Hooper nach der Kettensäge kam bislang am besten gefällt.

“Das Kabinett des Schreckens” ist bei weitem kein großer Wurf. Das sieht man allein schon daran, dass die erste halbe Stunde, wenn auch erst nach einer Verbeugung vor Alfred Hitchcock und John Carpenter, von einem arg langgestreckten, ereignislosen Aufenthalt auf dem Jahrmarkt handelt. Diese Szenen sind keineswegs langweilig ausgefallen, aber man fragt sich als Zuschauer schon, warum man nicht einfach selbst auf den Rummel gegangen ist, um all die Schauwerte dessen gucken zu gehen. Dann hätte man aktiv noch selbst etwas von all den Attraktionen gehabt.

Sicherlich war ein langsamer Aufbau der große Trumpf des Kinos vor der großen Blockbuster-Flut, die leider von solch ruhiger Umsetzung die Finger ließ. Und Charaktere könnten theoretisch anhand dieses Erzählstils ebenfalls sehr intensiv eingefangen werden. Aber diese bleiben im hier besprochenen Film trotzdem ziemlich flach, und selbst die finale Heldin, die ausschaut wie die untalentierte Schwester von Jessica “Suspiria" Harper, bleibt lediglich das unartige Töchterchen, welches nach einem jungen Mann von der Tankstelle schmachtet. Zumindest schafft Hooper trotz geringer Charakterzeichnung eines: man hält zu den Opfern und nicht zum Killer, was im Slasherbereich nicht selbstverständlich ist.

Wie erwähnt langweilt diese etwas monotone erste halbe Stunde nicht. Und mit dem Ende des Rummelalltags und dem heimlichen Aufenthalt nachts in einer Geisterbahn beginnt nun der wirklich interessante Teil der an sich banal angelegten Geschichte. Wenn der alles ausschlaggebende Mord beobachtet wird und unsere Helden unbemerkt bleiben wollen, dann ist “The Funhouse” auf einem Spannungshoch. Der Zuschauer ist mittendrin in einem Geschehen, in welches er sich trotz überagierendem Spiel des Killers problemlos einfühlen kann. Und wenn aus einem guten Grund heraus die Eindringlinge entdeckt werden, kann die Jagd auf sie losgehen und “Das Kabinett des Schreckens” wird kurzweiliger denn je, zumal nun alles recht schnell vonstatten geht.

Untermalt mit einem wirklich gut gewähltem Terror-Soundtrack, flüchten und verstecken sich die vier Jugendlichen, verfolgt von einem minderbemitteltem Psychopathen und dessen Vater, die beide sicherlich nicht zufällig an Figuren aus “Blutgericht in Texas” erinnern, der zur Entstehungszeit bereits 7 Jahre her war. Ist nur noch das Finalmädchen lebendig, wird viel mit Stille und Geräuschen gearbeitet. Allerspätestens hier darf man Hoopers Gespür für Suspense bemerken. Er wusste wann er die Musik pausieren lassen musste, spielte mit Überraschungen für Schockmomente zum richtigen Zeitpunkt und ließ die Location des öfteren für sich alleine wirken.

Der Weg zum finalen Sieg kommt auf sehr zufällige Art und ist damit ein interessanter Bruch der damals aufkommenden Tradition der taffen Heldin in Slashern, die über sich hinauswachsen muss um zu überleben. Dass der Film mit dieser Art Schluss nicht negativ wirkt, liegt an der minutenlangen Zelebrierung des Ablebens der zur Fleisch gewordenen Bedrohung und daran, dass die Heldin im Gesamtwerk ohnehin nie Format bekommen hat und es zu ihrer schlichten unbeholfenen Art passt, dass sie sich dem Monster nicht wirklich stellen muss.

In der ereignisreichen Stunde des Streifens serviert Hooper dem Fan das wonach dieser seinerzeit gelechzt hat. “Das Kabinett des Schreckens” wird Terrorkino in interessanter Kulisse, mit nachvollziehbarer Geschichte, in der weniger mehr ist und noch weniger noch mehr geworden wäre. Überdrehte Figuren, meist Schausteller, waren theoretisch für die Wirkung und den Inhalt des Streifens ebenso unnötig, wie die ungewöhnlich lange Vorphase, in der nicht wirklich etwas passiert. Da hätte man das ein oder andere streichen können für ein noch besseres Ergebnis.

Die DVD-Fassung zeigt uns zwei Szenen, die in der damaligen deutschen Version nicht vorhanden waren. Das ist insofern schon eine augenzwinkernde Erwähnung wert, da es sich beide Male um eine Szene handelt in der gekifft wurde. Zufall oder nicht, keine Ahnung, andererseits schade für das damalige Publikum, hatte man es somit doch mit nicht völlig unschuldigen Teenagern zu tun, wie uns die Deutschfassung weiß machen will. Immerhin war das Kiffen damals ein größerer Buhmann als heute.

Für die Psychologie des Filmes ist dies jedoch nicht wirklich wichtig. Da arbeitet eher die einem recht sinnlos vorkommende erste halbe Stunde für Hooper, und dies nicht zufällig, wenn man allein schon den Hinweis im Mutantenstadel vergleichen darf mit dem Look des deformierten Killers.

Dass es ein solcher ist, der wie ein Wahnsinniger Menschen tötet, wurde von manchem Kritiker seinerzeit als menschenverachtend, teilweise gar als faschistisch bezeichnet. Wie so oft begriffen solche Moralapostel nicht das Werk im Gesamten und betrachteten nur Teilbereiche zusammenhanglos für sich, um solch unsinniges Feedback in die Welt zu rufen. Allein die Anwesenheit und Mentalität des wahren Monsters, des Vaters, steht bereits für das Gegenteil dessen was Hoopers Werk vorgeworfen wurde. Nun sollte man sich mit solchen Spinnereien jedoch nicht wirklich auseinandersetzen, sonst bekommen solche Möchtegernanalytiker zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Wer die DVD besitzt, sollte ruhig einmal ins Interview mit Tobe Hooper hinein schauen, welches sehr anekdotenreich ausgefallen ist. Zu den interessantesten und bittersten Erzählungen dort zählt die sehr schwarzhumorige Information, dass Statisten während des Drehs leiden mussten. Auf einem Karussell, das in der Regel vier Minuten fährt, und bei dem eine Fahrt mit 20 Minuten an den Nerven zerren würde, blieben besagte Statisten 30 Minuten drauf, weil ein Mitarbeiter Hoopers vergessen hatte es bei Drehstopps anzuhalten.

Auch warum der Jahrmarkt, seine Leute und das Inventar in der Geisterbahn so authentisch und ungewöhnlich wirken, wird in diesem Interview verraten. Und dass der Schauspieler des Mördervaters mehrere Rollen spielt, wird dort ebenso aufgedeckt. Der Kauf der DVD lohnt sich somit meiner Meinung nach.

“Das Kabinett des Schreckens” ist ein kleiner aber effektiver später Beitrag der Terrorkino-Welle, irgendwo angesiedelt zwischen “Freitag der 13.” und “Kettensägenmassaker”. Das erstaunliche an ihm ist, dass seine positive Wirkung viel mit dem Talent des Regisseur zusammenhängt. Da darf man sich doch zurecht fragen wo er dieses bei so vielen seiner anderen Filmen gelassen hat. Warum hat dieser Mann so viele Gurken gedreht?  OFDb

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