27.05.2012

DIE WEISHEIT DER KROKODILE (1998)

Der Mediziner und Vampir Steven lebt von dem Blut seiner Opfer. Eigentlich soll Anna sein nächstes werden, aber er verliebt sich in sie. Sie zu verschonen, lässt Steven immer mehr zum körperlichen Wrack werden. Zieht er dies durch bis zum eigenen Tod, oder siegt am Ende der Überlebenswille?...

Leben oder lieben?...
 
„Die Weisheit der Krokodile“ ist ein empfehlenswerter, kleiner Film, der sein Subgenre des Vampir-Horrors betreffend alles anders macht als es der klassische Vampirstreifen tut. Doch selbst mit dieser einstigen Ausnahme schwimmt er mittlerweile nur in einer langjährigen Welle jener Werke mit, die den Blutsaugern unbedingt neue Aspekte abgewinnen wollen. Glücklicher Weise funktioniert dies meist. "The Addiction" war ein etwas zu bemühter, aber geglückter Kunstfilm, "Vampire's Kiss" bietet einen perfekt besetzten Nicolas Cage als eingebildeten Vampir, „Twilight“ jedoch war eine Gurke, was aber wohl auch daran liegt, dass er durch seine vielen Veränderungen schon eigentlich kein Vampirfilm mehr ist, sondern viel eher ein Superheldenfilm.

Leong Po-Chihs Beitrag will es wieder ganz anders angehen, und dass ihm das Vorhaben gelingt, liegt daran dass er den Vampirismus zwar als Krankheit darstellt (somit ähnlich wie in "The Addiction", da war es eine Sucht), den Vampir selbst allerdings sehr menschlich. Unsere Hauptfigur läuft bei Tageslicht umher, reagiert nicht auf Kreuze und Knoblauch, nicht einmal die klassischen Fangzähne werden gezeigt. Dies lässt immerhin eine Interpretation zu, ob diese für den Film erfundene Krankheit nicht doch eine eben solche ist. Das Wort Vampir fällt im kompletten Streifen ohnehin nie.

Einer der Pluspunkte von „Die Weisheit der Krokodile“ ist seine Optik. Hauptdarsteller Jude Law läuft stilsicher durchs Bild, und die ruhige Komposition dieser orientiert sich am stilsicheren Niveau Stevens, der stets Herr seiner Taten ist, zumindest bis zum vom Film gewollten Zwiespalt zwischen Leben und Lieben. Die weiblichen Figuren wurden interessant besetzt, da sie niedlich, aber nicht filmtypisch niedlich wirken und damit hervorragend als das funktionieren, was sie sein sollen: Außenseiterrollen der Gesellschaft.

Die Erklärung des Vampirismus bzw. der Krankheit ist eine frische Idee, aufgrund der Vorstellung das Blut habe die Eigenschaft das Gefühl der Liebe in sich aufnehmen zu können. Komplett neu ist diese Idee nicht zu nennen, behaupten doch beispielsweise so einige Esoteriker Wasser könne die Bedeutungen gedruckter Wörter annehmen. Aus der naiven Welt dieser Subkultur entliehen, macht die Theorie des Filmes also durchaus Sinn, zumindest baut er auf etwas auf, woran so mancher Mensch glaubt.

Interessant ist an diesem Aspekt jedoch viel mehr die Bedeutung des Blutes, die aus Steven mehr macht als das Hunger stillende Monster. Das Verlangen nach Gefühlen und Glück verleiht Steven Tiefe, macht es aus ihm doch eigentlich einen Gefühls-Pflegefall, der die Liebe anderer Menschen benötigt, dies jedoch wiederum auf wesentlich selbstsüchtigere Art als üblich, womit das Opfer wieder zum Monster wird. Umso spannender ist das Spiel der eigentlichen Geschichte von „Die Weisheit der Krokodile“, dreht er doch genau diesen Spieß um, um herauszufinden ob in Steven das Monster siegt oder nicht. In beiden Fällen behält er die Rolle des Opferseins bei. Dass bei der finalen Entscheidung der sonst so offene innere Monolog Stevens ausgeblendet wird, ist ein geglückter psychologischer Kniff des Regisseurs.

So gut der hier besprochene Film auch ist, der Weg zur Perfektion wurde von manchem Manko verhindert, so z.B. vom zwar stilsicheren und ruhig inszenierten, aber doch arg überraschungsarmen Schluss, auf den ich freilich nicht näher eingehen werde. Etwas enttäuschend ist auch das plötzliche Verschwinden des ermittelnden Kommissars aus der Geschichte. Der an sich sehr interessante Nebenstrang wird dadurch zu einer völlig eigenständigen Thematik, die mit dem Hauptpart nicht mehr eins wird. Man fragt sich rückblickend warum die Ermittlungen überhaupt vertieft wurden, anstatt nur zu erwähnen dass diese stattfinden, wenn die gut gespielte Figur des Kommissars für die Geschichte doch nicht so wichtig wird, wie möglich gewesen wäre.

Auch den privaten Aspekt zwischen Verdächtiger und Gesetzeshüter hätte man sich somit sparen können, dessen Zwiespalt aus Verdacht und dem Verdächtigen sein Leben zu schulden fruchtbaren Boden für ein interessantes Finale besaß. Dieses findet jedoch von dieser Rolle unberührt statt, und das dortige Einbringen eines Bleistiftes wird zur einzigen eindeutigen Symbolik, die sich Leong Po-Chih erlaubt, um den Vampirismus doch eine Spur direkter anzudeuten.

„Die Weisheit der Krokodile“ ist wunderbar anzuschauen, sehr interessant erzählt, setzt viel auf stilvolle Bilder, verpufft aber etwas zum Finale hin, auch wenn der psychologische Aspekt der Geschichte hier noch einiges an Tiefe dazu gewinnt. So spielt der Streifen dort beispielsweise mit der Wechselwirkung aus Selbstbewusstsein und Irrtum, thematisiert zwanghaftes Suchtverhalten auf die satirische Art und beleuchtet die Psychologie einer Frau aus Sicht der Wirklichkeit, anstatt aus der des Klischees. So lobenswert dies alles hintergründig eingebunden ist, so enttäuschend ist das was vordergründig zum Ende hin tatsächlich passiert. Hier wird die Ausnahmethematik dann doch eine Spur zu Genre-typisch.  OFDb

2 Kommentare:

  1. Jude Law war damals ja der "Schönling" der Nation, und dieses Plus spielt er in "Die Weisheit der Krokodile" einsam vor sich her liebend auch aus. Ich empfand den an sich schon ruhigen Film gegen den Schluss hin ebenfalls als etwas mühsam (oder vermochte ihm nicht zu folgen). Da die DVD immer noch bei mir rumliegt, muss ich mir "Wisdom" gelegentlich mal wieder ansehen. Früher oder später könnte es zu einer konkurrierenden Besprechung kommen, was dich hoffentlich nicht stört. :)

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  2. Ganz im Gegenteil, bin bei sowas immer sehr neugierig. Ich hoffe doch mal, dass es auch eine von Westworld nach der Neusichtung von Dir geben wird. :)

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