Junge Rucksacktouristen suchen das große Beischlaf-Abenteuer und
landen durch eine Empfehlung in der Slowakei. Dort sind die Frauen
willig. Einer der Kumpels ist am nächsten Tag jedoch verschollen...
Von dem modernen Folterkino halte ich persönlich nicht viel. „Saw“ ist in meinen Augen eine pseudointellektuelle Voyeurs-Nummer mit lahmen Krimi-Nebenplot, die Neuverfilmungen von Hoopers Meisterwerk „Blutgericht in Texas“ waren auch nicht mehr als provozierende Durchschnittsware für den Teen von heute, der den neuesten Kick sucht, lediglich „The Hills Have Eyes“ konnte mich bisher begeistern.
Bisher, denn nun mit „Hostel“ ist mir ein weiterer Vertreter seiner Gattung vor die Augen getreten, den man nicht in einem Topf mit dem anderen Mist werfen darf. Was Regisseur Roth trotz aller Blut- und Folterszenen nämlich nicht übersah war der Spannungsbogen. Das mysteriöse Verschwinden, mehr zu wissen als die Hauptfigur, das beklemmende Szenario in den Folterszenen selbst, der kranke Hintergrund der ganzen Sache und die finale Flucht, das sind alles Filmphasen mit Nervenkitzel. Diese Szenen lassen einen nicht los, bescheren einem ein unangenehmes Gefühl und machen aus „Hostel“ mehr als den Hingucker für ein fragwürdiges, blutgeiles Publikum.
„Hostel“ ist eine Erfahrung, die an die Nieren geht, ein Terror-Horror in Reinform, bei dem jeder selbst vorher wissen muss, ob er sich dem aussetzen will oder nicht. Roth schafft es einem ein derart unbehagliches Gefühl zu zaubern, ohne die Kamera gnadenlos draufzuhalten. Das soll nicht heißen, dass die Bilder sanft sind, sie baden in Blut, und seine voyeuristische Art kann man dem Film trotz all seiner Qualitäten nicht abstreiten. Was unterscheidet den Zuschauer von den Tätern im Film? Wo ist die Grenze des Abartigen? Beginnt sie nicht bereits im Zusehen zum Unterhaltungszweck und in gesellschaftlich akzeptablen, alltäglichen Dingen.
Fragen, die auch der Film wagt aufzuwerfen. Zwischen den Zeilen erfahren wir, dass es die Gesellschaft selber ist, die Triebtäter mit unterdrückten Wünschen schafft. Und „Hostel“ zeigt im ersten Drittel die andere Art einen Körper auszunutzen. Streng gesehen dreht der Film zur Hälfte lediglich den Spieß um, macht aus Tätern Opfer, wenn ihre Qual auch auf andere Art geschehen mag.
Auch mit dem voyeuristischen Trieb des Zuschauers geht Roth augenzwinkernd um. Pate für diese Aussage soll nur einmal jener Schnitt stehen, der das Abzwicken einer Zehe mit einem Werkzeug damit beendet, dass man im nächsten Moment jemandem beim Zehennagelschneiden beobachten darf. Da dieser Moment einen bestialischen Augenblick prophezeit, einen typischen Weggucker zarter Gemüter, gehört diese Szene wohl zu den am wenigsten geguckten des kompletten Streifens.
Auch wenn es solche augenzwinkernden Momente gibt, so steht doch trotzdem das Grauen im Mittelpunkt, das den Protagonisten und den Zuschauern widerfährt. Wie bereits Camerons „Titanic“ und Hitchcocks „Die Vögel“, so arbeitet auch Roth mit dem psychologischen Trick, dem Zuschauer zunächst eine Geschichte in belustigter Atmosphäre zu bieten, bevor das Blatt sich wendet und die Bedrohung auf der Leinwand erscheint.
Dennoch übertreibt es Roth in den ersten 25 Minuten. Nach 10 Minuten ist man noch belustigt über die notgeilen Teenager, nach 15 Minuten ist das Ganze auch noch o.k., aber dass es fast eine halbe Stunde dauert, bevor der Horrorfilm zum Horrorfilm wird, ist dann doch zu viel des guten. Zumal der Film bis dahin nur von jungen Männern erzählt, die kiffen und ficken wollen.
Dabei wird auch das gängige Charakterklischee US-amerikanischer Unterhaltungsprodukte eingebaut. Über dies kann man jedoch gnädiger hinweggucken, als über die Ostblock-Klischees, vergessene Schmerzen der Figuren und die zu zufälligen Wendungen der letzten viertel Stunde. Akzeptabel mag noch die Szene sein, in der Kaugummis zum Zahlungsmittel werden, aber auch die wirkt unglaubwürdig und badet im Klischee typischer amerikanischer Schablonengeschichten.
„Hostel“ springt auf den fahrenden Zug des provozierenden Folterfilmes mit auf, entpuppt sich dann jedoch als Wolf im Schafspelz, um den Zuschauer selber den Spiegel vorzuhalten, mixt dies mit einer bedrohlichen Atmosphäre und höchst spannenden Momenten, um letztendlich gegen Schluss völlig unnötige Fehler zu begehen. Ärgerlich ist beispielsweise eine Dialogszene im letzten Drittel, die nur dafür da ist den weniger gescheiten Zuschauern zu erklären, was sie längst von selbst hätten begreifen sollen. Wer Terrorkino sehen will, ohne für blöd gehalten zu werden, sollte am besten „Augen ohne Gesicht“ gucken. Der zeigt wie man es richtig macht. Wer ein sehr ähnliches Thema auf Gruselart erleben möchte, der sollte zu „Unsichtbare Augen“ greifen.
Komplett verkehrt macht es Roth mit „Hostel“ nicht, ich war sehr überrascht, nachdem ich einen stupiden, blutgetränkten Horror erwartet hatte. Aber die Schönheitsfehler gegen Ende enttäuschen doch. Und wenn man dann noch die zu lange Einführung bedenkt, dann muss man eingestehen, auch wenn man noch solch intensiven Nervenkitzel miterleben durfte, dass wesentlich mehr möglich gewesen wäre.
Trotz des hohen Unterhaltungswertes bleibt auch die Frage nach dem Sinn oder der Fragwürdigkeit solcher Produkte offen. Was nutzt es dem Zuschauer die dunklen Seiten menschlicher Seelen zu zeigen, ihm dabei hinterlistig den Spiegel vorzuhalten, wenn das ganze mit ähnlich primitiven Mitteln angegangen wird, die Filme wie „Hostel“ ankreiden? Dieser Frage sollen ruhig Psychologen nachgehen. Ich gehe lieber der Frage nach dem Unterhaltungswert nach, und der war in den guten Momenten sehr hoch. Aber solche gab es ja leider nicht allein. OFDb
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