Sophie kehrt nach Jahren in das Dorf in dem sie aufgewachsen ist
zurück. Just zur selben Zeit sterben Kinder ominöse Herztode. Geht ein
Mörder um, oder ist an der Legende vom schwarzen Mann etwas dran?...
Es ist schon ein wenig unfair eine Kritik über einen Pro 7 selbstproduzierten Horrorfilm zu schreiben, immerhin könnte man genauso gut auf einen Querschnittsgelähmten einschlagen. Pro 7 unterscheidet sich schon lange nicht mehr von RTL, so jugendlich der Privatsender sich auch gibt, und so liefert man uns mit „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ kein prickelndes Horrorerlebnis für Teens, sondern ein trashiges Billigfilmchen für naive Hausmütterchen.
Wer sonst nur Konsalik liest und bei TV-Krimis wie „Tatort“ sein bisher düsterstes Filmerlebnis hinter sich hat, der könnte noch den Hauch einer Chance haben sich bei diesem „Scream“ für Arme zu gruseln. Aber ein solches Zielpublikum ist sehr gering, viel größer ist der Treffer in der Trash-Gemeinde, und die kommt tatsächlich auf ihre Kosten. „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ ist bis in seine kleinste Zelle derart dämlich erzählt und billig zusammengeschustert, dass Herzen von Freunden unfreiwilliger Komik höher schlagen werden.
Mit Christine Hartmann hatte man eine krimierfahrene Regisseurin an der Angel und viel mehr liefert sie eigentlich nicht ab: einen Kriminalfilm im Horrorkostüm. Wer an die schwarze Mann-Theorie glaubt muss schon sehr realitätsfern sein (ähnlich wie der Drehbuchautor) und blind dazu, ist doch recht schnell klar wer da umgeht und die Kinder tötet, noch lange bevor im letzten Drittel von einer unfreiwilligen Abtreibung die Rede ist. Nur eine Person benimmt sich derart merkwürdig, wird versucht relativ unauffällig einzubauen und entlarvt sich beim faschistoiden Idealbild eines Vorzeigebürgers mit ihrer mauerblümchenhaften Art als das ideale Täterbild für klischeedenkende Privatfernseh-Konsumenten-Zombies.
Klischeehaft hätte man darauf hoffen können, dass mit einer Frau im Regiestuhl der breit eingefangene dramatische Part der Geschichte sensibel und lebensnah herausgearbeitet würde. Aber was Hartmann uns als Drama serviert, erfüllt jeden Schmalz, der für Sender wie Pro 7 geradezu üblich ist. Wem das Herz bei fragwürdigen Beiträgen von Boulevardsendungen bricht, oder wer bei „Frauentausch“ mittrauert, wenn die Daheimgebliebenen den Ausreißer via Video grüßen während im Hintergrund ein Schnulzlied dudelt, der wird die Tragik von „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ teilen können. Jeder andere darf sich totlachen über gestelzte Dialoge, aufgesetzte Tragik, falsche Werte und Heuchelei.
Unfreiwillig komisch ist bereits die weibliche Hauptfigur, die ständig davon redet wie ätzend bieder alle im Dorf sind (und ehemalige Freunde geworden sind), sie selbst ist aber mit das biederste was der komplette Film zu bieten hat. In ihrem Kopf ist sie frisch und anders, in Wirklichkeit ist sie nur zu dumm die Lebensart der Dorfbewohner zu begreifen, während sie jedem Medienbild von Vernunft und Freiheit nachäfft, Vorurteile lebt und denkt, sich ihrer Fehler durch Arroganz nicht bewusst ist, diese lieber bei ihren Mitmenschen sucht, während ihre Vorstellungen vom Leben im Alltag immer wieder ihre biedere Art freilegen. Spätestens in der Frisur des Sohnes ist die bürgerliche Verklemmtheit zu spüren, aber wer sie erst dort entdeckt hat selber nicht viele Chancen besser zu sein, als dieses Abziehbild moderner Ethik- und Lebens-Perversion.
Der frische Partner an ihrer Seite spielt als habe er einen Stock im Arsch. Total verkrampft und in sich gekehrt soll er wen Lebensfrohes, wenn auch Verantwortliches, spielen, macht insgesamt aber eher den Eindruck jemanden zu verkörpern, an dem bereits 10jährige das Mobbing üben.
Die Legende des schwarzen Mannes ist in diesem Streifen jedem bekannt. Ich selbst kenne viele Leute, die sich schlichtweg nur noch an das Fangspiel zu dem Namen erinnern, im Horrorstreifen „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ ist jedem die Legende, samt aller Alternativnamen zum Buhmann, im Bewusstsein. Eigentlich gibt es kaum einen Punkt der nicht realitätsfern wäre, und selbst hier begeht man diesen Fehler, dabei hätte das Nachforschen nach der Legende des „Engelmacher“ (Alternativtitel) einen interessanten Subplot bieten können. Ja mehr noch, man hätte Kritik an der Allgemeinbildung heutiger junger Erwachsener vornehmen können. Aber für so etwas dürfte man nicht Pro 7 einschalten, ein Sender der kürzlich erst mit seiner „Geh zur Wahl“-Propaganda bewiesen hat, dass er sich nur dem dummen Publikum und dem mit wenig Lebenserfahrung widmet. Kritik am Zielpublikum kann man sich da nicht leisten, sonst huschen noch die letzten übriggebliebenen Werbekunden weg.
Hat „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ denn gar nichts richtig gemacht? Schwere Frage! Zählt die Schrift im Vorspann? Die ist nett gewählt, aber eigentlich auch nur das Aufspringen eines zur Zeit irre angesagten Schriftdesigns. Die Musik ist neutral, wenn auch im Stil etwas arg abgenutzt, die Regie mag TV-solide sein, überlässt aber der unlogischen Geschichte zu viel Raum. Die Kamera könnte routinierter nicht sein. Manche Aufnahmen werden durch überfrachtete Farbfilter ruiniert.
Und das Drehbuch ist der Oberhammer im Bezug auf Blödheit, Realitätsferne und unfreiwilliger Komik. Man müsste schon ein sehr esoterisch veranlagter Mensch sein, um nachzuvollziehen wie schnell Menschen aus dem Leben trotz einer Reihe logischer Alternativen, schneller an die Existenz eines schwarzen Mannes glauben, als Oma ihre Zähne ausgezogen bekommt. Harte Kerle bibbern in der Kneipe, gelehrte Menschen wie der Arzt (Vater der Hauptfigur) folgen brav den Vertreibungsregeln der Legendenvorlage und wer nicht an den Spukmann glaubt darf direkt den Vollfreak spielen: ein oberböser Gothic und ein ewig besoffener Arzt (die plumpeste Charakterzeichnung).
Am Schluss ist alles die Folge eines vertuschten Verbrechens. Und auch hier beweist sich das Drehbuch wieder von seiner Privatfernseh-Mentalität. Deutlich wird am Schluss von der Heldin hervorgehoben, dass die Geschichte hier noch nicht endet. Gesetzestreu wie ein politisch korrekter Mensch ist, wird es noch Folgen für ehemalige Straftäter geben. Es wird quasi hervorgehoben, dass Anstand und Werte noch immer Hand und Fuß haben, vergessen wird aber wie so oft in solchen Medien, dass das viel schlimmere Verbrechen gerade stattgefunden hat: Volksverdummung. Ein Verbrechen welches Opfer in Rekordzahlen erreicht und nur deshalb nicht als gleich verantwortungslos wie eine Vergewaltigung betrachtet wird, weil es leider ein gesellschaftlich akzeptiertes Verbrechen ist, dessen Konsequenz nur jenem deutlich wird, der sich noch nicht hat gehirnwaschen lassen.
Die gute Nachricht: junge Menschen meiden das Privatfernsehen und den TV-Apparat allgemein immer mehr. Ignoriert man einmal die neuen Medien, könnte man Hoffnung für die zukünftige Generation Erwachsener knüpfen. Hoffentlich sind diese von den gesellschaftlichen Verbrechen unserer Zeit nicht zu sehr frustriert, um über Gehirnmüll wie „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ nicht mehr lachen zu können. „Idiocracy“ zeigt uns was die Zukunft bringt, Hartmanns Film serviert uns die knallharte Wahrheit von heute, der aktuelle Schritt dorthin.
Dieser TV-Horror ist eine tolle Komödie, in der man entweder aus dem Lachen nicht mehr herauskommt oder Angst bekommt vor jenen Menschen, die diese Art Unterhaltung produzieren und konsumieren. Letzteres betrifft in erster Linie, die filmeigenen Verdachtsmomente und falschen Fährten, die wirklich nur dann zünden würden, wenn man alles außerhalb des Filmes ausblenden würde. Nur in der eingeschlossenen Klischee-Welt dieses Filmes macht jeglicher ausgesprochene Verdacht (ob Mensch oder Monster gegenüber) Sinn. Mit Blick auf das Leben wie es wirklich ist, entpuppt sie die Gefühls- und Gedankenwelt aller Personen, um die es im Film geht, als infantiles, naives und abergläubisches Kasperletheater. Kurz: Ein Fest für Trash-Freunde wenn man den bedenklichen Aspekt ausblenden kann! Ich konnte das persönlich nicht so gut. OFDb
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