Eine Biographie Hitchcocks, wenn auch nur aus der Phase in welcher der große Klassiker „Psycho“ entstand, und ein solches Projekt besetzt mit Talenten wie Anthony Hopkins, Scarlett Johansson und Kurtwood Smith, das muss doch eigentlich funktionieren. Aber „Hitchcock“ beweist, dass es nichts gibt was es nicht geben kann. Ich weiß nicht warum der Film vor einigen Jahren auf so viel Aufmerksamkeit stieß, denn er ist pure Zeitverschwendung, sowohl für jene Interessierte, die biographische Richtigkeit erwarten, als auch für jene, die rein zu Unterhaltungszwecken sich mit einer Interpretation dessen was einst passierte zufrieden geben würden.
Zunächst einmal ist Sacha Gervasis Film nicht nur reine Spekulation, und damit schon einmal nichts für Biographie-Interessierte, er ist zudem aus psychologischer wie auch aus gesellschaftlicher Sicht vollkommen blauäugig erzählt, wie ihn auch nur Realitätsverweigerer als echt ansehen könnten. Hitchcock wird zu einer fast unfehlbaren Ikone glorifiziert, die Wahl der Besetzung findet über billigste Frauenheftchen-Lebenshilfe-Psychologie statt, und die Dramaturgie ist so stark an Hollywood-Gewohnheiten orientiert, dass auch diesbezüglich jegliches Gefühl für Realitätsnähe verloren geht.
Zudem muss mir mal wer erklären, warum Hitchcock in den zähesten Szenen einen inneren Dialog mit Ed Gein hält, welche bemüht versuchen Parallelen von Hitchcocks aktuellen Gefühlsregungen zu Ed Geins vergangenen Taten herzustellen, die Geschichte damit aber keinesfalls weiterbringt oder anderweitig beeinflusst. So bleibt lediglich das Gefühl eines reißerichen Elements zurück, welches in seiner Lächerlichkeit zur vollen Blüte kommt, wenn die Mordszene unter der Dusche angeblich so gewalttätig ausfiel, weil Hitchcock während des Drehs selbst das Messer wetzte während eines erneuten Anfluges von Eifersucht.
Während James D‘Arcy als Anthony Perkins glänzt, aber leider nur einige wenige Male durchs Bild huschen darf, ist zumindest Helen Mirren einen Blick wert, wie sie die Rolle von Hitchcocks Ehefrau meistert. Die Frau ist wahrlich talentiert und reißt jede Szene in der sie auftaucht, und das sind nicht gerade wenige, an sich. Warum Anthony Hopkins neben ihr verblasst? Weil dieser während des Drehs wohl erkannt hat wie schlecht das Drehbuch ist und nur mit halber Backe spielt. Er ist das Reinschalten nicht wert. Selbst die mit so viel Talent gesegnete Scarlett Johansson bleibt in ihrer Rolle als Janet Leigh blass, aber das liegt weniger an ihr als an dieser lustlosen Inszenierung einer solch lächerlichen Interpretation dessen wie es damals gewesen sein könnte.
Ich hatte hohe Erwartungen an „Hitchcock“, hatte im Vorfeld auch keine Filmbesprechungen über Gervasis Werk gelesen und wurde bitter enttäuscht. Zwar weiß Helen Mirren einiges zu retten, lediglich sie wäre das Reinschalten wert, aber auch sie kämpft gegen Windmühlen in einem Film der weder realistisch, noch charmant spekulativ erzählt was einst geschah. „Hitchcock“ ist ein langatmiger, unreifer Streifen, der sich besonders dann quälend und peinlich guckt, wenn man sich auch nur ansatzweise mit Psychologie und Soziologie auskennt. Einziger Vorteil des Streifens: hinterher verspürte ich große Lust mir noch einmal „Psycho“ anzusehen. OFDb
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