Hinter der hochgestilten, mit Schönlingen besetzten, poppig umgesetzten Fassade von „Eiskalte Engel“ verbirgt sich eine von etlichen Verfilmungen des Briefromans „Gefährliche Liebschaften“, transferiert vom 18. Jahrhundert in die Gegenwart und aufbereitet für ein jugendliches Publikum. Das Ergebnis kann sich unerwarteter Weise sehen lassen, stört der Overstyle in Maske, Bild und Besetzung doch nicht nur nicht, er wird gar zum Pluspunkt des Filmes, eine Eigenschaft die nur selten vorkommt. Sie funktioniert deswegen so gut, da auch der komplette Inszenierungsstil sich daran orientiert, was im seinerzeit gerade aktuell aufkommendem cineastischen Glanzbild der späten 90er Jahre wahrlich zu erstrahlen weiß.
Sympathische Jungstars, gepfefferte Dialoge und trotz des eigentlichen Drama-Genres allerhand vorhandene Lacher bieten einen flotten Sehspaß, der nicht nur zur kleinen Unterhaltung für zwischendurch wird, sondern aufgrund seiner gekonnten Aufbereitung zu einem großen Stück Genre-Kino seiner Zeit, welches eben doch nicht nur Jugendliche begeistert. „Eiskalte Engel“, der auf DVD noch zwei Fortsetzungen in anderer Besetzung erhalten hat, ist keine Modeerscheinung, die nur wenige Jahre nach ihrer Veröffentlichung verblasst ist und heute von alten Fans mit Retrocharme beliebäugelt wird, er weiß gestern wie heute zu überzeugen, relativ zeitlos in Szene gesetzt und mit einem abwechslungsreichen Soundtrack veredelt, der die ganze Sache schmackhaft abrundet.
Ryan Phillippe mag neben den anderen Jungmimen schauspielerisch hinterher hinken, zu seinem Glück ist er jedoch für die Rolle des Sebastian perfekt besetzt, und die hilfreiche Unterstützung der Verantwortlichen für sein Kostüm und seine Frisur, um schauspielerische Unzulänglichkeiten zu kaschieren, ist auch nicht von schlechten Eltern. Sarah Michelle Gellar konnte sich seinerzeit von ihrem „Buffy“-Image frei spielen und geizt nicht mit erotischer Aura. Selten war ein Zungenkuss zwischen zwei Frauen so erotisch und sensibel zugleich eingefangen, wie jener den Gellar mit Selma Blair austauscht, die wohl den besten und pointensichersten Nebenpart verkörpert, so wunderbar tappsig wie sie die naive Ahnungslose verkörpert.
Aber auch Reese Witherspoon braucht sich nicht zu verstecken, darf sie hier noch weit vor ihrem Abrutschen in die Hollywood-Arroganz natürlich und unverfangen spielen, halt ebenso wie sie im selben Jahr von „Cruel Intentions“ (Originaltitel) auch in „Election“ agieren durfte. Dort den Bösewicht spielend, hier den guten Part, hat sie beide Rollen gut im Griff und kann im hier besprochenen Werk die Sympathie des Zuschauers schnell auf ihre Seite ziehen. Es ist das Kunststück des Drehbuchs, dass man trotz aller böser Taten dem geläuterten Sebastian wünscht, dass er am Ende der Geschichte versöhnt in ihren Armen landet. Hierfür musste allerdings auch eine bereits gedrehte Szene entwendet werden, mit welcher das Ganze nicht so gut funktioniert hätte wie schließlich doch noch in der Endfassung.
„Seduction Games“ (Alternativtitel), oder aber auch „Sexual Provocation“, wie er andernorts genannt wird, ist somit kein zu belächelndes, oberflächliches Modeprodukt seiner Zeit, wie man voreilig vermuten könnte, sondern ist, ganz im Gegenteil, ein hochgradig hübsch anzuschauender Mix aus schwarzer Komik und Dramatik, zwar gerne mal ins Theatralische abrutschend, aber das lässt sich aufgrund der Klassik der Vorlage und der Zeit in welcher die Geschichte ursprünglich spielt auch nicht komplett verhindern. Interessanter Weise wissen diese Ausrutscher ausnahmsweise ebenso zu gefallen, wie der übertrieben geschönte Stil des Streifens, wahrscheinlich auch gerade aufgrund des Zusammenspiels mit diesem. So oder so eignet sich „Eiskalte Engel“ zum Immerwiedergucken. Ich kann nicht mehr zählen wie oft er schon in meinem Player gelandet ist. OFDb
Cooler Soundtrack zum Film. Der ist mir irgendwie immer mehr in Erinnerung...
AntwortenLöschen