Waren die ersten beiden Teile der Boxer-Saga „Rocky“ noch auf die Gesamtperson Rocky Balboa konzentriert, erzählt „Rocky 3“ eine reine Boxergeschichte. Der Vater, der Ehemann, die Person mit den privaten Problemen tritt in den Hintergrund, darf eigentlich nur kurz heraustreten in einer rührenden Trauersequenz, wenn Mickey während eines Dialogs mit dem Titelhelden stirbt, ansonsten geht es jedoch einzig um die Karriere des Berufskämpfers, und dieses dritte Kapitel schaut sich, als würde es sich von selbst schreiben. Die Idee dass der Weltmeister seinen Biss verloren hat und zivilisiert wurde, wie Mickey es nennt, weiß zu gefallen. Und diese Thematik trifft auf eine weitere interessante.
Rocky war ein Prolet, aber ein Ehrenmensch, ebenso wie Apollo. Menschen wollen solche Personen in Siegerpositionen sehen. Clubber Lang, Rockys Herausforderer, ist jedoch ein Prolet der aggressiven Sorte, zu anständigem Sozialverhalten nicht in der Lage, aus seiner Wut heraus Boxer geworden. Er hat sich selbst trainiert, sich ganz allein von unten nach oben hochgearbeitet, und doch erntet er keinen Respekt, was verständlich ist, spricht er ihn anderen gegenüber schließlich auch nicht aus. Lang ist ein Asi, ein Kämpfer völlig anderer Liga als Rocky, was den Kampf mit einem zahm gewordenen Champion um so unfairer macht.
Die Geschichte mit diesen beiden Ideen im Zentrum ist ein Selbstzünder, und wenn nun noch Appollo Creed an die Seite Rockys tritt, kann die Verbrüderung losgehen, deren Nachhall noch bis zum siebten Teil der Reihe, dem Spin-Off „Creed“, zu hören sein wird. Nicht nur dass zwei lieb gewonnene Charaktere nun Hand in Hand anstatt gegeneinander antreten dürfen, die Figurenzeichnung Creeds ist eine Wiedergutmachung für „Rocky 2“, in welchem Creed keineswegs so menschlich weg kam wie in Teil 1 und dem hier besprochenen Teil.
Creeds Charakter wurde auf ein fragwürdiges Niveau heruntergeschraubt, dem gottesgläubigen Ehrenmann Rocky gegenüber gestellt, so wie es nun mit Clubber Lang gehandhabt wird. Der ist jedoch ein asoziales Wesen, den Kampfsport für seine Wut missbrauchend, ein Niveau welches Creed nie kannte. Und nun wird dessen Charakter wieder richtig gestellt. Wir lernen den Menschen hinter der Fassade des Kämpfers kennen, ein Geschäftsmann, zugegeben, aber einer mit einer Vision, mit Talent, mit Durchhaltevermögen, mit Gefühlen und mit Humor.
Ich weiß noch wie sehr mich Audrey stets in den Filmen ab Teil 3 genervt hat, wenn sie ihren klassischen Monolog halten durfte, der Rocky aus einer Krise heraus reißt. Erstmals schaue ich mir die „Rocky“-Reihe im Originalton an und endlich weiß sie zu funktionieren, die Gewissensstimme Adriens, die tatsächlich wachzurütteln und zu motivieren weiß. Ich bin gespannt ob sie in den Fortsetzungen ebenso fruchten wird wie hier, in „Rocky 3“ erfüllt sie zumindest ihren Auftrag und hat allein dadurch einen Zweck, nachdem „Rocky 2“ aus der Ehefrau des Boxers fast eine unnötige Nebenrolle machte.
„Rocky 3 - Das Auge des Tigers“ mag nicht mehr so viele Ecken und Kanten wie die Vorgänger besitzen, er ist feingeschlifferner, mainstreamiger ausgefallen. Aber letztendlich tut dies dem Film gut, zeigte ein Blick auf Teil 2 doch, dass eine tiefer gehende Vorgehensweise nur dann Sinn ergibt, wenn es auch wirklich etwas zu erzählen gibt. „Rocky 3“ konzentriert sich erstmals einzig auf den Sport, und der Geschichte sei Dank wissen diesmal sogar die für den Boxsport eher unrealistischen Straßenköter-Kampfmethoden zu überzeugen, wenn beide Gegner wie die Tiere billig aufeinander einschlagen, was diesmal überraschender Weise recht gut in Szene gesetzt wurde. Die gewonnene Schnelligkeit Rockys, auf die in seinen gelungenen Trainingsszenen gesetzt wird, wird auch in den Boxszenen deutlich und zur Wichtigkeit für den finalen Kampf, im Gegensatz zum Trainingsaufhänger des Vorgängerfilmes.
Gute Kampf- und Trainingssequenzen in einer reizvollen, sich fast selbsterzählenden, Geschichte, präsentiert über längst lieb gewonnene Figuren, so mag die Geschichte des immer wieder aufstehenden Rocky zu gefallen, zumal sie diesmal nicht so selbstbeweihräuchernd umgesetzt ist wie in der ersten Fortsetzung. Ganz so gesellschaftskritisch wie sein Aufhänger ist der Blick auf den Profisport des Boxens schlussendlich nicht ausgefallen, die „Rocky“-Reihe muss man spätestens ab diesem Teil lediglich als Kinomagie auf sich einfließen lassen, denn eine realistische Auseinandersetzung zu dem Thema sieht anders aus.
Andererseits wirkt „Rocky 3“ noch nicht so verträumt jenseits jeglicher Normalität wie „Rocky 4“, in dem es nicht nur eine fast unbesiegbare Kampfmaschine geben wird und die übelste Form von Patriotismus, sondern zu alle dem auch noch einen Roboter, wie aus einem Science Fiction-Film entlaufen. Die Realität in „Rocky 3“ ist zumindest von der unseren nur etwas entrückt, um die Kinomagie zu polieren, um die Wirkung zu verschönern und sich mit einem Kämpfer mitzufreuen, wenn dieser siegt. Der (durchaus amüsante) Hirnriss wahrlich fern jeder Realität folgt erst einen Film später. OFDb
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