Während ich persönlich mit den 90er Jahre-Werken Arnold Schwarzeneggers in der Regel wenig anfangen kann, gefallen mir die Filme von dessem größten Konkurrenten Sylvester Stallone aus dieser Zeit meist recht gut. „Cliffhanger“, an dessem Drehbuch der Hauptdarsteller höchstpersönlich mitgeschrieben hat, ist ein solch geglückter Streifen, was nicht nur an der atemberaubenden Optik aus luftig aufgenommenen Höhen liegt, die wen unter Höhenangst Leidenden wie mich geradezu fesseln und schummrig werden lassen, so genial wie sie eingefangen sind. Da kommt man manches Mal aus dem Staunen nicht heraus, und einer gefühlsintensiven Einstiegsszene sei Dank, stockt einem nicht nur der Atem aufgrund der Optik. In seiner ersten Szene ist „Cliffhanger“ gleich auf einem atmosphärischen Hoch, seine etwas zu standatisierte Actiongeschichte verhindert, dass es auf diesem hochkarätigen Niveau so weiter geht.
Das ist aber gar nicht schlimm, da ein flotter Erzählstil und eine nachvollziehbare Gefühlsebene uns schnell an die Geschichte und ihre Figuren bindet, so dass Renny Harlins mitproduzierte Regiearbeit auch in den simpelsten Momenten funktioniert, wenn „Cliffhanger“ ein geradezu typischer Stallone-Actioner wird. Grundsätzlich ist ein solcher schließlich nichts schlimmes, steht der Mann doch für harte, selbstgerechte Action mit menschlichem Touch, einem kleinen Grad unfreiwilliger Komik und einem Gut-Böse-Klischee, welches man gar nicht missen möchte, so charmant-klassisch wie seine Actionfilme daher kommen.
„Cliffhanger“ lässt in manchem Moment Erinnerungen an das 80er Jahre Action-Kino wieder aufkommen, wenn Stallone sich nicht nur auf recht brutale Art selbstverteidigt, sondern für den guten Zweck auch ohne schlechtem Gewissen Selbstjustiz ausübt, z.B. wenn er einen der Killer eiskalt in der Nacht einen hohen Berg herunterstürzen lässt, kurz nachdem er auf dem Schurken Schlitten gefahren ist. Da darf ein Bösewicht auf einer Stalaktite aufgespießt werden, ein anderer unter der Eisschicht eines Sees ertränkt werden, „Cliffhanger“ geht hart zur Sache, wie man es auch Anfang der 90er Jahre noch in einem Stallone-Film sehen wollte. Und dieser Kompromiss zu einer geistreicheren Geschichte, im Vergleich zu Stallones 80er Jahre-Werken, weiß zu gefallen.
Eine gute Besetzung auf der Bösewichtseite (allen voran John Lithgow) sogt für einen gekonnten Ausgleich zur interessant charakterisierten Helden-Seite, ein persönlicher Zwist zwischen Walker und seinem ehemals bestem Freund hält sich glücklicher Weise in Grenzen und zerstört mit seinem zu klischeebeladenen Getue in dieser reduzierten Art nicht die interessant erzählte Geschichte, die theoretisch plumper ausgefallen ist, als sie auf den Zuschauer wirkt.
„Cliffhanger“ besitzt das Glück gekonnt inszeniert zu sein. Harlin weiß Schwächen aufzufangen, diese teilweise wie Stärken wirken zu lassen, und auch wenn ich in der zweiten Hälfte die schwindelerregenden Bilder vermisste, die gerade zu Anfang als Blickfang auf den Zuschauer niederregneten, so blieb der Streifen doch auch in der Spätphase trotzdem noch eine packend erzählte Erfahrung, auch wenn sie in ihrer groben Geschichte doch eigentlich recht einfach und vorhersehbar gehalten wurde. Dennoch fragte ich mich nach dem Sichten, wie großartig „Cliffhanger“ wohl ausgefallen wäre, wenn die so toll eingenfangenen Tiefen der Berge zu Beginn auch im actionreicheren Bereich des Filmes eine Rolle gespielt hätten. Es ist schade, dass der eine Sehwert durch den anderen ausgetauscht wurde anstatt beide miteinander zu kombinieren.
Harte Effekte, talentierte Mimen und ein Szenario, welches einem trotz seiner Schlichtheit aufgrund von Figurennähe, Sympathie und Situationsnähe nicht gleichgültig werden lässt, sorgen trotzdem dafür, dass aus einer recht schlicht gestrickten Geschichte ein sehenswerter Actionbeitrag wurde, der genau das liefert, was man in einem Actionfilm mit Sylvester Stallone sehen möchte. Mir hat die Wiedersichtung nach all den vielen Jahren wunderbar gefallen. OFDb
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