Was diverse Vertreter der Gattung Tier-Horror immer wieder verzweifelt versuchen, das hat Saul Bass bereits 1974 abgeliefert: einen Film über bedrohliche Ameisen zu erzählen. Im Science Fiction angesiedelt und zur Bestzeit der intellektuellen Beiträge dieses Genres entstanden, bietet „Phase IV“ intelligente Unterhaltung in liebevoller Umsetzung, kurzum einen Leckerbissen für Cineasten der Seinesgleichen sucht. „Phase IV“ ist ein in sich logisch erzählter Forscherfilm, der mit den Entdeckungen, welche die beiden Hauptfiguren im Laufe der Geschichte machen, niemanden kalt lassen wird.
Allein die Ausgangslage auf der alles aufbaut fasziniert. Gebannt lauscht man dem Off-Kommentar zu Beginn, der von einem stimmigen Soundtrack untermalt wird, während man einen ersten Vorgeschmack auf die Geduld des Kamerateams bekommt, wenn hochinteressante Aufnahmen echter Ameisen gezeigt werden. Modelle, Animationen oder anderweitige Attrappen braucht man auch in den kommenden 90 Minuten nicht erwarten. Bilder, die zum Staunen einladen, erwarten den Zuschauer, der jedoch nicht das schnelle Erzähltempo heutiger Tage erwarten darf. Auch der Zuschauer muss Geduld besitzen, ist „Phase 4“ doch in einer Langsamkeit erzählt, welche sich das moderne Kino heutzutage nicht mehr gönnt. Und der Streifen benötigt diese Vorgehensweise, um sich vollends entfalten zu können. Nur so kann er diese dichte Atmosphäre aus Gefahr und wissenschaftlicher Neugierde gewinnen, die ihn so packend schauen lässt.
„Phase vier“ gehört neben „Rollerball“, „Jahr 2022 - Die überleben wollen“ und einigen anderen Vertretern dieser Zeit zu den besten Science Fiction-Werken, die je gedreht wurden. Bass genießt es regelrecht mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen. Schockiert muss er gemeinsam mit den Protagonisten erfahren, dass es der Mensch ist der untersucht wird, und noch später wird dem Zuschauer klar dass sich das Annähern des Filmtitels durch das Erleben der einzelnen Vorphasen, an den Ameisen orientiert und nicht an den Forschungen der Menschen.
Bass bietet uns einen tiefen Einblick in die Arbeit der Wissenschaftler, lässt uns an ihren Erfolgen und ihrem Scheitern teilhaben, sorgt stets dafür dass wir verstehen was auf Forschungsebene vor sich geht, und sein Spiel mit dem langsamen Vertauschen der Rollenmuster, unterteilt in vernünftig und emotional, sorgt dafür verschiedene Blickwinkel auf das was geschieht zu gewinnen und beschäftigt uns gleichzeitig mit den sozialen und emotionalen Seiten dieses Projektes - wenn auch stets aus nüchterner, sachlicher Perspektive betrachtet.
„Phase IV“ lebt von seinem realistischen Touch. Die Ameisen werden zu einer spürbaren Bedrohung. Sie wirken nie lächerlich. Der Gedanke als Spitze der Nahrungskette eventuell ausgetauscht zu werden verunsichert. Der Zuschauer kann sich bestens mit dem was passiert identifizieren - vorausgesetzt er kann sich erwachsen auf den ruhigen und sachlichen Erzählstil einlassen, der neben der großartigen Fotografien den Streifen überhaupt erst zu einem solchen Meilenstein der Filmgeschichte werden lässt. Die Geschichte wird bis zur letzten Konsequenz erzählt und endet mit zurückgelassenen Rätseln, die den Zuschauer im nachhinein beschäftigen können. „Phase IV“ gehört für mich zu jenen Werken, an deren Dramaturgie oder anderweitiger erzählerischer Elemente ich keine Schwachpunkte feststellen kann. Er ist eben ein Meisterwerk seines Fachs, und alle paar Jahre genieße ich seine Brillanz auf ein Neues. OFDb
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