21.04.2018

IN VITRO - ANGRIFF DER MUTANTEN (1997)

Wenn eine Frau oben ohne mit einer Affenmaske bekleidet mitten im Schnee einen Millionär mit einer Waffe bedroht, dann befinden wir uns in der herrlich skurrilen Welt eines 90er Jahre Charles Band-Filmes. Nicht dass dieser oft mit Nacktheit gearbeitet hätte, diesbezüglich erinnere ich mich lediglich an das absichtlich trashige Theaterstück in "The Brain", aber der groteske Ideencocktail, wie in besagter Szene beschrieben, ist geradezu seine Handschrift. Ich erinnere mich nur all zu gerne an eine im Schloss gefangen gehaltene Girlie-Rockband, die für ihren Besitzer immer dann spielt, wenn sie Stromschläge erhält. Dies war in "Blood Dolls" der Fall, der zwei Jahre nach dem hier besprochenen "Hideous!" (Originaltitel) entstand und wie so oft bei Band bösartige Puppen ins Zentrum setze. Zwar mag "In Vitro" kein Puppenhorror sein, aber die hier verwendeten vier Kreaturen sind nicht weit von dieser Bezeichnung entfernt, und dienten ebenso wie die Geschöpfe aus "Puppet Master" und Co dem Filmproduzenten dazu zusätzlich Geld als Spielzeugpuppen einzubringen.

"In Vitro - Angriff der Mutanten" mag mit seinen wenigen Darstellern und dem hauptsächlich auf dem Schloss stattfindenden Szenario nicht immer so frisch erscheinen, wie in vorhin beschriebener Überfallszene, aber letztendlich guckt sich der Film trotz seiner Preisgünstigkeit trotzdem recht sympathisch. Er verarbeitet die Grundidee aus "The Suckling" Freakshow-artig angenehm und lässt die Kreaturen auf augenzwinkernde menschliche Charaktere stoßen, von denen zwar jeder nur einen Running Gag enthält, aber trotzdem das Zeug dazu hat Bands trockenen humoristischen Grundton seiner Groteske zu unterstützen. Während die Andersartigkeit der verschiedenen Mutanten (Das Gehirn, der Muskulöse, der Stachelige und noch einer) im Gegensatz zu den Puppen aus der "Puppetmaster"-Reihe nicht wirklich zu interessieren weiß, genießt man die absurden Fehden der interessant gehaltenen menschlichen Protagonisten um so mehr, auch wenn sich dieser Pluspunkt gegen Ende etwas ausleiert und nicht mehr ganz so gut zu funktionieren weiß wie im Restfilm. Da tut es gut, dass "In Vitro" lediglich 80 Minuten ausgefallen ist und zudem einen recht lang laufenden Abspann beschert bekommen hat.

Während Band uns Absurditäten, wie das Schloss als normal scheinende Heimat eines Kuriositätensammlers und eine ewig halbnackt auf Tischen sitzende Sekretärin, präsentiert, weiß auf der Gegenseite die kindliche Charakterisierung der mutierten Embryos zu gefallen. Es sind eben nur Kinder, und die beiden Sammler entpuppen sich als unangenehme Stiefväter, die im gegenseitigen Zwist das Vertrauen der Missgeburten zerstören und die friedlichen Wesen erst mit ihrer Uneinigkeit und Aggressivität zu Schandtaten gegen die Erwachsenen verleiten. Das geht nicht wirklich psychologisch tief und analytisch auch nicht viel weiter als herauszulesen ist, aber der vorhandene Ansatz weiß zu gefallen, auch wenn Band es etwas zu weit treibt und eines der eigentlich ungeborenen Wesen plötzlich in kindlicher Sprache Briefe schreiben lassen kann. Damit das nicht ganz so dämlich ist wie es ist liefert das Drehbuch eine Erklärung für dieses Phänomen ab, aber dieses lässt, oh welche Überraschung, die dämliche Idee nicht weniger dämlich wirken.

Das ist auch gar nicht schlimm, denn diese Aneinanderreihung grotesker Elemente inmitten einer dünnen Handlung sollen lediglich dem Schundfilmpublikum schmecken, und dem kann es gar nicht dämlich genug zugehen, leben solche comicartigen Horrorfilme doch von dem Charme des Zwischenreiches von freiwilligem und unfreiwilligem Humor, der glücklicher Weise nie all zu albern wird, eher trocken subtil beigemischt wird, so dass "In Vitro" trotz des relativ hohen Gehaltes augenzwinkernder Elemente nie zur Horror-Komödie verkommt. Ein spannender oder gar gruseliger Vertreter seiner Gattung Film ist er freilich auch nicht geworden. Er soll, wie typisch für Genrebeiträge der 90er Jahre Videotheken-Zeit, lediglich Fun bereiten bei möglichst wenig Kosten. Die Animation der zentralen Puppen ist schlicht ausgefallen, und blutig kommt der von Band persönlich inszenierte Streifen ebenfalls nicht daher. Aber an Stimmung mangelt es ihm nicht, auch wenn ich zugeben muss, dass er sich gegen Ende zu sehr in einer Wiederholungsschleife befindet und anfängt anzuöden, so dass es gut tut, dass Band dann doch noch schnell den Stecker zieht und das fast unaufgeregte Geschehen flink zu einem Ende führt. Der auf eine Fortsetzung schielende Schluss-Gag besitzt Sympathie, so dass es schade ist, dass "In Vitro" einer jener Filme der Full Moon-Schmiede ist, der es nicht zu mindestens einer Fortsetzung geschafft hat. Dies traf nur auf geschätzte 50 % aller dort entstandener Charles Band-Streifen zu.  OFDb

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