07.07.2018

MENDY - DAS WUSICAL (2003)

"Mendy das Wusical", ein Stück welches im Ansatz auf einem Wendy-Comic beruht, welches Helge Schneider irgendwann einmal gelesen hat, ist ein herrlich lustiger Beweis dafür, dass die grotesk bürgerliche Welt des berühmten Komikers nicht nur in aktiver Anwesenheit Helge Schneiders zu funktionieren weiß, wie es bei seinen Liedern oder Filmen der Fall ist, sondern auch dann wenn er lediglich Autor und Komponist ist, wie im Falle des über mehrere Jahre 50 mal aufgeführten, hier besprochenen Theaterstückes. Beim Lesen der sehr originellen Romane um Kommissar Null Null Schneider hat man zumindest stets Helges Stimme im Kopf, zumindest ging es mir stets so, nun ist man einzig auf die Besetzung angewiesen, damit sich Schneiders schrullig provokativer Humor, seine absurde und doch recht lebensnahe, aber auf jeden Fall definitiv gut reflektierte Sicht auf die Gesellschaft auf den Zuschauer projiziert. Schon in den Filmen weiß die Besetzung rund um Helge herum zu funktionieren. Der nicht minder schräg wirkende Cast des Theaterstücks erzielt diesen Effekt auch - und dies ohne Helge neben sich spielen zu haben.

Man vermisst die tatsächliche Anwesenheit Helge Schneiders erstaunlicher Weise nicht, atmet das Theaterstück doch definitiv zu jedem Zeitpunkt seine Kunst, seinen skurrilen Blick auf die Dinge, seinen unschlagbar typischen Humor. Und Helge wäre nicht Helge, wenn er nicht auch gekonnt nebenbei das zu nutzende Medium parodiert bekäme, so dass ein Sichten von "Mendy - Das Wusical" nicht nur eine Alternative zu den Kinofilmen darstellt, sondern ein solch eigenes Erlebnis ist wie diese, seine Lieder und Erzählungen, sowie seine Bücher. Mag auch alles sehr albern, oftmals vulgär und definitiv völlig Banane inszeniert sein, Helge Schneider liefert tatsächlich erneut Kunst ab, überrascht mit einer sauberen Inszenierung, während er andererseits viele Dinge auf der Bühne anders interpretiert, mit Regelbrüchen eines typischen Theaterstücks provoziert und damit, wie so viele große Dichter und Schriftsteller, Theater neu erfindet. Das dürfte wohl auch der Grund sein, warum das Stück so lange lief, waren doch Helge-Fans und neugierige Theatergänger- und Kritiker gleichermaßen begeistert von dem was einem hier vorgesetzt, bzw. vorgeführt wurde.

Das Spiel mit ständigen Wiederholungen und Variationen bereits Gesehenem/Gehörten, der ständige Perspektivwechsel zwischen Menschenwelt und jener der Tiere, einmal sogar aus der Perspektive eines Kegels heraus erzählt, das Veralbern von Kleinbürger-Klischees, von kulturellen Entrückungen, gesellschaftlicher Gleichgültigkeiten, und, was wäre einladender in einem Musical, das Veralbern musikalischer Vorbilder a la Andrew Lloyd Webber (am deutlichsten zu bemerken im Abschlusslied), all dies und noch viel mehr machen das Theatererlebnis aus der Feder Helge Schneiders so einzigartig, so übersprudelnd lustig und so künstlerisch wertvoll, wie es sich schließlich auch anfühlt. An der Besetzung gibt es nichts zu meckern, jede Rolle ist perfekt ausgefüllt. Die Spielfreude und das künstlerische Engagement eines jeden Einzelnen ist stets für den Zuschauer spürbar präsent. Bekannte, wie unbekannte Gesichter, Talente ihres Fachs, wie alternativ Besetzte, sie alle wissen zu überzeugen und dem fertigen Werk Helges besondere Note aufzusetzen, ohne lediglich wie austauschbare Marionetten des Individualisten zu wirken.

Am Ende ist das Werk derart vor lustigen Situationen, zu entdeckenden Nebensächlichkeiten und Absurditäten und die völlig bescheuerte Geschichte vor überraschenden Wendungen angereichert, dass ein erneutes Sichten auch nach einigen Jahren wieder Sinn und Laune macht, eben weil man sich so viel Wahnsinn und schräge Kreativität, gefußt auf reflektierten Beobachtungen und albernen Übertreibungen, nicht merken kann, und man mit jedem Sichten glaubt Helges Theaterstück neu entdeckt zu haben. Zudem war ich noch jedes Mal aufs neue überrascht, was den Darstellern hier schauspielerisch abverlangt wird und wie viele Proben es gegeben haben muss, bis manch schwere Stelle gesessen hat. Auch hier überzeugt Helge Schneider mit einem Anspruch, den Tunnelblickdenker in seinen Werken prinzipiell nicht entdecken wollen.  OFDb

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