Während sich, zumindest für den guten Beobachter, die Zwielichtigkeit des Walter White-Charakters immer mehr herauskristallisiert, schwankt die höchst ereignisreiche dritte Staffel an sich stets zwischen Ruhephasen und aufregenden. Zwei Mexikaner auf Rachefeldzug, ein unter Drogeneinfluss abgedrifteter Jesse, ein für lange Zeit beeinflussendes Schicksal Hanks, welches für Walter die entscheidenden Veränderungen im neu gewonnenen Job beim mächtigen Gustavo bedeutet und letztendlich zu einem Vertrauensverlust der lebensgefährlichen Sorte führt, an Ereignissen mangelt es hier nicht. Wo vorher eher Kleingangster des Milieus beleuchtet wurden, da bekommen es die beiden Giftmischer nun mit gut organisierten Profis zu tun, in deren Umfeld sich Mike und Saul ebenfalls als weitaus tiefer im Sumpf steckende Mitbeteiligte entpuppen, als von den meisten bisher angenommen. Auch Skyler wird innerhalb dieser Staffel zu mehr als nur zur wütenden Ehefrau, was ebenfalls die Karten in manchem Bereich völlig neu zu mischen vermag.
Die hohe Qualität der Vorgängerstaffeln wird bei gleichbleibender, hochkarätiger Besetzung nicht nur beibehalten, sondern noch einmal ein Stückchen nach oben verlagert, gehört das hier besprochene Jahr der Reihe doch zu dem besten was Serien im Bereich Thriller und Drama je hervorgebracht haben. Detailgetreu beschrieben begleiten wir in seiner Langsamkeit erzählt einen sich flott anfühlenden, durchdachten Plot, der so gut wie nicht vorherzusehen ist, so dass man jederzeit mit allem rechnen muss, ohne dass die Protagonisten gleich reihenweise dafür sterben müssen wie in "Games of Thrones". Durch die Konsequenz in allen Bereichen, wie Charakterwandel, Ursache und Wirkung, ja selbst sogar in comicartigen Momenten wie der Kult-Folge "Die Fliege", die so austauschbar wie genial ausgefallen ist, einen lückenlos durchdachten Plot zu bieten, bleibt der "Breaking Bad"-Kosmos stets glaubwürdig, so dass man intellektuell ebenso gefordert wird wie vom Unterhaltungsgrad her, zumal die Serie nach wie vor kaum Serienkrankheiten bereit hält.
Krebs und das zweite Kind spielen nun eine derart untergeordnete Rolle, dass man sich weiträumiger auf andere Aspekte der Geschichte konzentrieren kann, freilich ohne die Dramaturgie der Charaktere zu vernachlässigen, die auch einen tiefer gehenden Blick auf Randfiguren nicht scheut. Was Jesse und Hank in dieser Staffel alles durchmachen müssen ist nicht nur schockierend erzählt, sondern auch empathisch, wie alles bislang emotionale. Und dass selbst die zwei Rache suchenden Mexikaner in nur einer Rückblicksequenz eine derartige Dramatik an den Leib geschrieben bekommen, macht die erneute Glanzleistung der Autoren deutlich, deren Talent man im Mainstream-Kino Amerikas seit Jahrzehnten verzweifelt sucht. Allein deshalb braucht es nicht verwundern, dass Fernsehserien aufgrund von Produktionen wie "Breaking Bad" wieder eine alternative Verlockung zum immer dümmlicher werdenden Mainstream-Kino wurden, auch für die Masse selbst, auch wenn nur wenige Veröffentlichungen der letzten Jahre gerade einmal ansatzweise an das Niveau der mit Cranston so hervorragend besetzten Serie heran reichten.
Wo andere Serienschaffende sich lediglich darauf ausruhen bereits bekannte Stoffe neu zu variieren, in den besonders dreisten Gehversuchen gar per Neuverfilmung eines ehemaligen Kinohits, da setzt "Breaking Bad" auf Eigenständigkeit und Einfallsreichtum, was gerade die dritte Staffel in ihrer Vielfältigkeit demonstriert, ohne dass die Serie dadurch überfrachtet ausfällt oder der Überblick verloren geht. Das Gegenteil ist der Fall, und deswegen bleibt die Serie auch in ihrem dritten Jahr ein Produkt des konzentrierten, interessierten Zusehens, anstatt der Zwischendurchverzehr zu sein, den man auch unkonzentriert neben einer anderen Tätigkeit beiläufig sichten kann. Da das Verstehen von Situationen und Figuren sich auch erneut in der deutschen Synchronisation wiederfindet, geht dieser Anspruch des Stoffes auch in der Synchronfassung nicht verloren. Kurzum: das vorgelebte Niveau wurde beibehalten, bzw. ein Stückchen nach oben gehievt, so dass man in den oft dramatischen und mal nüchternen und thrilligen Erlebnissen der dritten Staffel regelrecht aufgehen kann. Heutzutage beneide ich das Publikum für ihre Freiheit schnell die vierte Staffel nachrücken zu können. Seinerzeit so viele Monate auf die Antwort des besten Cliffhangers der Serie zu warten war tatsächlich eine kleine Qual. OFDb
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