Die Firma Disney mag mittlerweile die Rechte an den Muppets besitzen, womit Brian Henson, Regisseur von "Die Muppets Weihnachtsgeschichte" und Sohn von Muppetsschöpfer Jim Henson, aus der familiären Chose heraus ist, aber das hindert ihn glücklicher Weise nicht daran sein Werk weiter zu führen. Denn rein Puppen-technisch hat er von seinem Vater einiges gelernt, was er mit der brillanten, wie verkannten Serie "Muppets Tonight!" auch bereits in den 90er Jahren herzerfrischend bewiesen hat. Und so drehte Brian erneut eine Komödie in welcher menschliche Darsteller gemeinsam mit Puppen auftreten, ganz ohne das Markenzeichen Muppet, dafür mit dem Markenzeichen Henson versehen. Und um gar nicht nach echter Konkurrenz auszusehen, orientiert sich der gute Mann an einem erwachseneren Plot. "The Happytime Murders" ist wahrlich nichts für Kinder. Allerdings ist er auch nicht immer etwas für Erwachsene, ist er in seinem pseudo-provokativen Ton doch gelegentlich eine Spur zu infantil ausgefallen.
Wenn die Worte Penis und Eier, Beschreibungen sexueller Anspielung und vulgäre Beleidigungen fallen, dann ist eher das Jugend-Publikum angesprochen, als der erwachsene Freund von Hensons bis dahin üblichen harmloserem Anarchohumors. Zwar ist "The Happytime Murders" aufgrund seiner kindischen Pimmeleskapaden keineswegs so plump ausgefallen wie der grottenschlechte "Deadpool", ein "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" für die Puppenwelt, wie man aufgrund der Zutaten vermuten könnte, ist der Streifen allerdings auch nicht geworden. Zwar kommt er annähernd an dessen Detailverliebtheit heran, aber Drehbuch und Charme der Figuren sind weniger anspruchsvoll und treffsicher geraten, wie im großen Zeichentrickvorbild, so dass einem aufgrund der infantilen Provokationen in augenzwinkernd "harten" Bildern eher "Meet the Feebles" in den Sinn kommt. Manch einer mag bei diesem Vergleich leuchtende Augen kriegen, ist Peter Jacksons Puppen-Komödie doch allgemein sehr beliebt, ich selbst konnte mit dem Treiben dort jedoch nur bedingt etwas anfangen und sehe den Vergleich somit als Kritikpunkt.
Freunde des Vergleichsfilms mag "The Happytime Murders" zu harmlos ausgefallen sein, immerhin kommt der zentrale Humor von dort hier eher am Rande vor, während allgemein noch Brian Hensons Muppet-Humor mitten im Raum steht und sich bis auf kleine, unangenehme Ausrutscher auch recht kompatibel mit dem raueren Ton schaut. Somit bin ich trotz größerer Erwartungen und der Verwunderung darüber, dass Henson überhaupt gelegentlich auf zu primitiven Humor zurückgreift, trotzdem noch recht zufrieden mit dem Ergebnis, zumindest ab jenem Zeitpunkt, wo ich mich damit abgefunden habe gelegentlich nicht zündende vulgäre Elemente vorgeschmissen zu bekommen. In der Ausnahme wissen auch sie zu funktionieren, so z.B. der Blick auf einen Pornofilm-Dreh, in welchem eine Kuh von einem Oktopus gemolken wird. Auch die Anspielung an "Basic Instinct", die detailreicher ausgefallen ist als im Original, weiß zu gefallen. Am angenehmsten guckt sich der Film jedoch immer dann, wenn ihm menschliche Aspekte und Absurditäten des Alltags und die Verschmelzung von Puppen- und Menschenwelt wichtig sind, und glücklicher Weise ist dies trotz des Sumpfes an Drogen und Sex der Mittelpunkt des Streifens.
Während man wahre Prominenz kläglich vermisst, wissen zumindest die Puppen ein vertrautes Gefühl zu erwecken, sieht man ihnen ihre Muppetsverwandtschaft doch sofort an, auch wenn sie nicht zum bekannten Franchise dazu gehören. Sie und der Trupp meist unbekannter, aber spielfreudiger, menschlicher Darsteller sorgen für das nötige Feeling. Emotional bleibt "The Happytime Murders" aufgrund seines rauen, Actionfilm-parodierenden Grundtones eine Spur zu zurückhaltend, zumindest dauert es bis die harten Schalen aufbrechen und uns wahre Charaktere spüren lassen. Doch das wird wieder aufgewogen durch das verspielte und pointensichere Miteinander von Puppe und Mensch und durch viel flachen Humor, der sehr herzlich und angenehm kindlich albern daher kommt, so dass man trotzdem in das zu kühl angegangene Szenario einsteigen kann. Vielleicht guckt sich die Puppenkomödie diesbezüglich beim zweiten Sichten auch eine Spur besser, fand ich das späte emotionale Vertiefen der Charaktere, aufgrund des passenden Zeitpunkts und der einfallsreichen Herangehensweise das raue Verhalten der Protagonisten zu erklären, doch gut und in dieser Filmphase wohltuend eingesetzt. Vieles worüber man sich zuvor (leicht) geärgert hat, wird mit dem Gesamteindruck bereinigt.
Zudem tat es gut, dass der kurze Anflug die Puppen für das Thema der Rassenproblematik Amerikas einzusetzen, nicht zum Mittelpunkt wird, wie anfänglich vermutet, das wäre dann doch inmitten der ansonsten herrlich verspielten Art eine Spur zu moralisch und bemüht ausgefallen. Immerhin will "Happytime Murders" Satire und Parodie sein, und in seinem, trotz durch infantilem Getue noch zu erkennenden, wenn auch verwässertem, Anarchohumor kleidet sich diese angedeutete Thematik auch gleich viel wirksamer als bei zunächst zu moralisch aufdringlich scheinender Herangehensweise. Henson findet jedoch allgemein meist den richtigen Ton, haut aber, wenn er daneben liegt, immer eine Spur zu derb daneben, so dass man ihm die Ausrutscher nicht wirklich verzeihen möchte, zumal sie sich, zumindest in besagten infantilen Provokationen, wie eine Anbiederung ans Jugendpublikum anfühlen.
An sich ist das Ergebnis jedoch positiv ausgefallen. Der Film ist optisch gut abgefilmt, lustig genug ausgefallen um mit ihm zu sympathisieren, und mag der Komödie auch die Komplexität eines Krimi-Plots a la "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" fehlen, so ist die Geschichte doch immerhin noch weit interessanter und verfahrener ausgefallen, als es für diese Art Film und das anvisierte Publikum heutiger banaler Kinozeiten nötig gewesen wäre. Da darf man in heutigen Zeiten schon dankbar dafür sein, dass das Storygerüst im Vergleich zum Kultfilm aus den 80er Jahren nur leicht vereinfacht wurde. Ich denke bei einem zweiten Sichten, mit weit weniger Erwartungen an den Stoff, wird mir "The Happytime Murders" noch eine Spur besser gefallen als nach dieser ersten Sichtung. Aber nach den bisherigen großartigen Puppenproduktionen des Sohnes Jims ist es schließlich kein Wunder, dass ich mir zuvor mehr von dieser Art Ausnahmeprodukt erhofft habe. Leider ist der Film zu unberühmt, so dass es fraglich ist, ob Brian Henson weiterhin derartiges vorlegen kann. Der Vielfältigkeit der Filmwelt wäre es jedoch zu wünschen, dass Brian seinen Kurs weiter finanziert bekommt. OFDb
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