Mit dem Verlust der Figur des Gustavo Fring ging großes Potential verloren, was aber nicht das Ende einer interessanten Geschichte bedeutet. Mag der große Sehwert des mächtigen Gegenspielers auch wegfallen, zwischenmenschlich weiß die Geschichte der fünften Staffel von "Breaking Bad" so einiges zu bieten, so dass es auch in der letzten Staffel nicht an nervenkitzelnden Momenten, emotionalen Erlebnissen und schwarzhumorigen Seitenhieben mangelt. Die Staffel wurde in zwei Hälften präsentiert ausgestrahlt, startet mit der zweiten Hälfte doch eine im Zusammenhang stehende neue Geschichte, in welcher Hank wie zu erwarten zum Gegenspieler Heisenbergs wird. Das Hinhalten hat ein Ende, und doch hat es sich nie wie ein Hinhalten angefühlt, auch nicht in der ersten Hälfte der finalen Staffel, die gekonnt Dinge für die zweite vorbereitet, die man nie voraus ahnen könnte. Doch auch die vorauszusehenden Zutaten wissen stets zu überraschen, spielen die Autoren doch weiterhin gekonnt mit den Erwartungen des Zuschauers, immer alles anders präsentierend als angenommen, ohne dabei der Glaubwürdigkeit der fast widerspruchslosen, durchdachten Comicwelt des "Breaking Bad"-Universums zu schaden.
Interessant ist anzumerken, dass das konkrete Finale, also die letzten Episoden, weit weniger actiongeladen daher kommen, als manch einer vermutet hätte, vielleicht sogar erhofft. Die Serie geht auf ruhig erzählten Wege zu Ende, lässt es erst kurz vor Schluss ordentlich krachen, dann aber richtig, spart auf dem sachlich konzentrierten und ruhigen Pfad bis dahin aber nicht mit nervenaufreibenden Szenarien. Überall kocht es, so ziemlich jeder Beteiligte erlebt ein schweres Schicksal, Solidaritäten werden durchbrochen, überraschende Bündnisse eingegangen, es wird mit allen Mitteln gekämpft, und drei Episoden vor Schluss wird man zudem vor den Kopf gestoßen mit einem Ausgang einer entscheidenden Situation, die man für den Schluss der Serie gehalten hätte. Stattdessen holt die fünfte Staffel an diesem Punkt noch einmal aus, um völlig andere Elemente abzuarbeiten, Ereignisse und Wendungen die äußerst interessanter Natur sind, aber oftmals in solch einer geduldigen Nichtigkeit zelebriert werden, dass manch einem das Gezeigte eventuell nicht schmecken könnte. Allerdings war "Breaking Bad" ohnehin nie die Art Serie, die sich den ungeduldigen, auf reißerisch Elemente fixierten Zuschauer zum Zielpublikum machte, auch wenn diese Art Klientel überraschender Weise ebenfalls für die überdurchschnittlich intelligente Serie zu begeistern war.
Nun im Finale - und dies eigentlich nicht nur in den letzten drei Folgen - beweist sich der wahre Freund der Reihe, wenn auf eher nüchterne Art immer wieder gut reflektiert die jeweils nächste Phase der kaum vorauszusehenden Ereignisse zelebriert wird. In besagter Schlussphase der letzten Staffel wird diese Herangehensweise gekonnt auf die Spitze getrieben, wenn sich übelste Ironien abzeichnen, ernüchternde Wahrheiten ans Licht geraten, inmitten dieser Sachlichkeit aber doch immer wieder die realitätsentrückte Comicwelt der Serie über allen Ereignissen schwebt. Bis zum Schluss pendelt die großartig erzählte Serie zwischen realitätsnah und comicartig überzogen, in bitteren, wie in lustigen oder spannungsgeladenen Momenten. Und wer mit der subtilen Art der Serie etwas anfangen konnte, beispielsweise mit der Kissenszene der ersten Staffel, der wird den überraschend ruhigen Schluss, mit seinem völlig anderen Anlaufpunkt, geradezu zu genießen wissen.
Dennoch sei angemerkt, dass mit diesem gelungenen und lobenswerten Schritt nicht jene Intensität entfacht werden kann, wie sie in den hoch kochenden Phasen der dritten und vierten Staffel erreicht wurden, die man als das Highlight der kompletten Serie betrachten kann. So gut der Schluss auch ausgefallen ist, ohne kaum Fragen offen zu lassen und in keinster Weise zu verärgern, er schaut sich längst nicht mehr so ununterbrochen packend erzählt wie in dieser Bestzeit. Staffel 5 gönnt sich immer wieder Atempausen und neue Anläufe, dies jedoch bei weitem nicht als unbeabsichtigter, schwächelnder Punkt des Ganzen. "Breaking Bad" geht nicht der Atem aus, die Qualität wird nicht geringer, das Pulver ist längst nicht verschossen. Ganz im Gegenteil war es sogar eine Produzentenentscheidung die Serie mit Staffel 5 enden zu lassen, nicht die Entscheidung des TV-Senders aufgrund womöglich schwächelnder Quoten. Das Gegenteil war der Fall, die Serie war nach wie vor heiß begehrt. Alles was Staffel 5 erzählt und wie hier vorgegangen wird, ist pure Absicht, bestehend aus gekonnten Manövern, einfallsreichen Ideen, psychologisch cleveren Kniffen und unerwarteten Wendungen, die der Chose immer wieder neues erzählenswertes Potential bereiten. Somit bleibt auch Staffel 5 ein sehenswertes TV-Highlight einer Fernsehserie, die eine Qualität vorlebte, an die bislang keine weitere von mir gesichtete Serie im Thriller- und Dramenbereich heran reichen konnte. "Breaking Bad" ist ein TV-Juwel, eine erstaunliche Ausnahme im Serienmeer, und gerade die völlig andere Herangehensweise der beiden Hälften der fünften Staffel machen dies noch einmal deutlich. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen