29.06.2019

JUDGE DREDD (1995)

Es darf verwundern, dass im Vorspann so direkt damit gespielt wird, dass "Judge Dredd" eine Comicverfilmung ist, schließlich sind es gerade die Fans der Printvorlage, die mit der Verfilmung hart ins Gericht gehen, wird dem Film doch vorgeworfen sich nicht genau genug an die Regeln der Heftreihe zu halten, so z.B. weil der Dredd der Filmversion des öfteren seinen Helm abnimmt. Das sind typische Überreaktionen fanatischer Anhänger einer Sache, und ich kann im Gegensatz zu diesen Menschen frei des Vergleiches über dieses Werk nachdenken, kenne ich doch die Comicvorlagen nicht. Ich bin Freund von Stallones Schaffen, Werken und Talenten und somit froh, dass er für die Hauptrolle auserkoren wurde. Gehörte das Genre der Action-Science Fiction in den 80er Jahren mit "Running Man", "Terminator" und "Die totale Erinnerung" noch in die Hände von Konkurrent Arnold Schwarzenegger, so war Sylvester Stallone nach seinem erfolgreichen Comeback durch "Demolition Man" ein gern gesehener Anwärter für die drei Jahre später veröffentlichte Produktion gleichen Genres. Jahrzehnte nach "Frankensteins Todesrennen" war Stallone wieder für dieses Genre gefragt. Warum nach "Judge Dredd" nichts ähnliches mehr in Angriff genommen wurde, ist mir nicht bekannt.

Zudem verstehe ich nicht, warum es nie zu einer Fortsetzung kam, besitzt der Streifen doch all das, was zu einem gut geratenen Popkornfilm dazu gehört. Ein Actionheld in der Hauptrolle besetzt, ein rasantes Erzähltempo, eine hintergründige, aber nicht zu anspruchsvolle Geschichte, ein interessantes Weltbild der Zukunft, ein phantasiereiches Set Design und einen kleinen Hauch philosophischer Ansätze, gerade gegen Ende, wenn zwei interessante Sichtweisen des Lebens aufeinander treffen, welche die Geister scheidet und nur über die Hauptfigur des Dredd eine eindeutige Position innerhalb der Geschichte erfährt. "Judge Dredd" ist düster und kunterbunt zugleich. Er lässt einen erahnen was aus "Lexx" mit mehr Geld hätte werden können, plündert sicherlich diverse Filmerfolge wie "Metropolis" und "Flucht ins 23. Jahrhundert" für kleinere Einstellungen, ist aber eigenständig genug ausgefallen, um nicht rein der Nachahmung wegen zu gefallen. An Schauwerten mangelt es nicht. Das beginnt mit der futuristischen Stadt und dem Judge-Design, und es schaukelt sich hoch zum liebevoll retro-gestalteten Roboter (mit phantasieanregendem Hintergrund eines ehemaligen Roboterkrieges versehen) und zu den gruselig ausschauenden unfertigen Klonen. "Judge Dredd" ruht sich nie einzig auf einer Idee aus, lässt aber alles kompatibel zu einem Plot zusammenfließen, um auch tatsächlich wie ein Ganzes zu erscheinen. Hier war man sich der Entscheidungen sicher, hier ist kein Konzeptwerk entstanden, das auf Nummer sicher getrimmt ist. Vielleicht mit Ausnahme des Gewaltaspekts, schien man doch ein geringes Rating anzuvisieren, um das Jugendpublikum mit an Bord zu haben.

In Deutschland steht man zu Gewalt anders, hier hat der Streifen trotzdem (zu Recht) seine FSK 16 erhalten, leider aber auch eine zweifelhafte Synchronisation, zumindest was den rückgratlosen Begleiter Dredds betrifft, der sich im Original weit angenehmer anhört. Er ist mit seinen oft zu plump geratenen Sprüchen zudem das Zugeständnis ans Massenpublikum, stört aber nicht genug, um das Ergebnis zu zerstören und ist gelegentlich auch brauchbar eingesetzt. Die Besetzung ist nicht von schlechten Eltern und glänzt gerade in der Entscheidung Dredds Gegenspieler von Armand Assante spielfreudig verkörpern zu lassen. Wer die kurz zuvor erschienene Komödie "Crazy Instinct" kennt, der kann mit Vergleich zur hier dargebotenen Performance die Vielfältigkeit seines Könnens entdecken. Seine Besetzung ist jedoch noch ein weit interessanterer Clou, wenn man bedenkt, dass Assante ein gemeinsames Frühwerk an der Seite von Sylvester Stallone zu verbuchen hatte, ein Drama namens "Vorhof zum Paradies", in welchem er ebenfalls Stallones Filmbruder darstellte. Warum Regisseur Danny Cannon nach dem wunderbaren Ergebnis von "Judge Dredd" ausgerechnet für so etwas dümmliches wie "Ich weiß noch immer, was Du letzten Sommer getan hast", engagiert wurde, weiß ich nicht, könnte aber erklären, warum man ihn heutzutage in der Regel nicht kennt. Schade, aber sein hier geschaffener Film ist definitiv das Reinschalten wert. Er ist kein großer Klassiker seines Genres, weiß aber mehr als bloßen Durchschnitt zu bieten in diesem kunterbunten und harten, wie hintergründigen Meer an Schauwerten, Tempo und Einfallsreichtum.  OFDb

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