Auch die Italiener präsentieren nun einen neu kreierten Superhelden inmitten der nicht abebbenden Superhelden-Welle in der Kinolandschaft. Viel anders als die Werke seiner Kollegen ist die eigentliche Geschichte nicht ausgefallen. "Sie nannten ihn Jeeg Robot" präsentiert eine geradezu klassische Entstehungsgeschichte, meist das interessanteste Kapitel einer solchen Comicfigur. Jeeg Robot, der eigentlich nur so heißt, weil eine geistig verwirrte Wegbegleiterin des Anti-Helden glaubt in ihm die Actionfigur aus der alten Animeserie "Steel Jeeg" wiederzuerkennen, und die eigentlich die einzige ist, die ihn, entgegen dem was der Titel behauptet, so nennt, überrascht mit keiner außergewöhnlichen Fähigkeit. Er setzt auf das, was viele Superhelden ausmacht, einschließlich dem Urgestein Superman: er besitzt übermäßige Kraft. Die Geschichte will sich nicht mit irgendeiner Innovation von der Konkurrenz abheben, er kommt nicht mit besonders bizarren oder überdrehten Ideen daher, versucht nicht das anvisierte Thema zu modernisieren, ihm neue Facetten zu bescheren oder das Genre gar zu revolutionieren. Theoretisch haben wir es hier mit einem austauschbaren Film unter vielen zu tun, einer der die immer gleiche Chose unterhaltsam erneut erzählt.
Was ihn von vielen anderen Werken seiner Art unterscheidet - gerade von den großen Erfolgen aus den USA - ist der Verzicht auf das Affentheater, das dort stets dazu gehört. "Lo chiamavano Jeeg Robot" (Originaltitel) ist reduziert erzählt, baut auf kein großes Kawumm auf, sondern genießt es sich beim Erzählen seiner Geschichte Zeit zu lassen, Schauwerte sparsam einzubringen und diese, wenn sie dann auftauchen, nicht in einer übertriebenen Art zu präsentieren. Die Entstehungsgeschichte eines Helden ist stets mit der Charakterentwicklung dieses verbunden, und genau darauf konzentriert sich der Film, der sensibel und schrittchenweise erzählt wie es zu jenem Helden kam, den Enzo am Ende der Geschichte, wenn er erstmals seine Maske aufsetzt, verkörpert. Das ist nichts was auf die Schnelle abarbeitet gehört oder neben großer Action parallel laufen kann, zumindest wenn man nicht nur mit Klischees spielen will und Zwischenmenschliches nicht nur dick aufgetragen der Pflicht wegen in die Erzählung einbaut. Zudem arbeitet "They Call Me Jeeg" (Alternativtitel) nicht zu grobklotzig mit der Gut- Böse-Thematik, wie es in einem typischen US-Film der Fall wäre. Klar wird auch hier zwischen beiden Fronten eine klare Linie gezogen, der schurkische Part Enzos scheint jedoch auch mit der Gesinnung zum Guten am Schluss nicht komplett aufgehoben zu sein. Er wird nie ein aalglatter Held sein, er wird einer mit Charakter bleiben.
"They Call Me Jeeg Robot" (Alternativtitel) ist in vielerlei Hinsicht europäisch ausgefallen. Frei von Moral ist er nicht, aber er drückt sie einem nicht bedeutungsschwanger vor die Nase, sondern lässt sie uns über das Empfinden der Figuren erleben. Großartig ist beispielsweise jener Moment inszeniert, in welchem eine Liebesfloskel zu einem einseitigen, ruppigen Sexerlebnis wird, eine Szene die nicht nur zwei Charaktere vertieft, sondern auch ungeschönt eine Alltagsrealität zeigt, über die nicht so gern geredet wird. Selbst eine solche Szene wird in ihrer direkten Art zur sensiblen Thematisierung genutzt. Auch solche Momente sind nie dick aufgetragen, auch wenn sie keine Randerscheinung im Gesamtgeschehen darstellen, sondern wichtige Wendungen beeinflussen. Die Dramaturgie des Stoffes und seiner Figuren steht stets im Vordergrund, sie ist neben der Fantasy das dominierende Genre des Streifens und dennoch subtil eingefangen, während Bereiche wie Komik und Thrill leicht angehaucht eingestreut werden.
Selbst auf die große Action muss man bis kurz vor Schluss warten, und selbst diese ist, wie vorhin erwähnt, kein großspuriges Aufzeigen dessen was der Computer leisten kann, selbst hier begnügt man sich mit einem Kampf zweier Überstarker, die maximal mal durch eine Wand geschleudert werden. Dieses Zurückrudern zum Kern einer solchen Geschichte und der Verzicht des CGI-Schwanzvergleichs von Marvel und Co, tut der theoretisch austauschbaren Geschichte sichtlich gut, so dass "Sie nannten ihn Jeeg Robot" tatsächlich ein feines Filmchen für zwischendurch geworden ist. Wirkliche Schwächen existieren nicht, man muss keine Kompromisse eingehen oder über Fehler hinwegsehen, der Film ist lupenreine Kurzweile für zwischendurch und nur deshalb nicht das große Filmerlebnis mit Tendenz zum Geheim-Tipp geworden, weil es ihm an tatsächlicher Individualität mangelt. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen