Wer ohne den Vergleich an das großartige Original "Westworld" an die Serie herangeht, bzw. andere Erwartungen an sie knüpft, der kann durchaus gut unterhalten werden mit einem Produkt, welches völlig andere Wege beschreitet als der 70er Jahre Science Fiction von Michael Crichton und die Erlebnisse von dort nur subtil streift. Das Ergebnis kommt ähnlich intelligent daher, mit dem Unterschied dass man seinerzeit intellektuelle Themen kaum benannt den Zuschauer entdecken ließ, wohingegen man heutzutage in endlosen Gesprächen über den gesellschaftskritischen und psychologischen Aspekt schwadronieren muss. Da schweift man auch gerne mal eine Spur zu extrem ab und rutscht in den pseudo-intellektuellen Bereich ab, für ein Produkt seiner Zeit macht "Westworld" seine Arbeit aber überraschend gut, auch wenn er nicht an die Klasse des Originals oder den themenähnlichen "Ex-Machina" heran reicht. Begrüßenswert ist der neue Aspekt, der mehr in die philosophische Richtung des TV-Filmes "Welt am Draht" und den Filmen, die er beeinflusste, schlägt. Andererseits bedarf alles in der Neuversion einer Erklärung, für Mysterien, wie der in "Westworld" thematisierten Roboterkrankheit (deren Mythos mit nur einem Nebensatz angezweifelt wird), scheint in der heutigen Welt kein Platz mehr zu sein, wenn man ein intelligentes Produkt auf den Markt werfen möchte.
Der Zuschauer muss Geduld mitbringen. Lange Zeit scheint sich in "Westworld" nichts zu tun, man muss Freude an den Nichtigkeiten, den Anspielungen und an der Vielschichtigkeit von Personen, Situationen und gesellschaftlichen Themen haben, um das schleichende Geschehen genießen zu können. Das Warten lohnt sich, zumal in der recht stillen Anfangsphase bereits gut agierende Darsteller, der nötige intellektuelle Kick und der Mut zur Andersartigkeit im Vergleich zum Original positiv auffallen. Hat man die erste Staffel beendet, sind allerhand Rätsel gelöst, die einen faszinierten, eröffnen sich Blickwinkel, die zuvor trügerisch eine andere Wahrheit offenbarten und überraschen Persönlichkeiten mit ihren wahren Ichs, die man anders eingeschätzt und zugeordnet hätte. Sicherlich baut "Westworld" bewusst aufs Hinhalten, lässt sein Publikum hauptsächlich aufgrund seiner Neugierde zappeln, aber das Rezept funktioniert. Und erstaunlicher Weise bleibt das Produkt auch in seinen erlebnisreicheren Phasen im ruhigen und besonnenen Stil erzählt, so wie der fast still stehende Beginn der Staffel. Wen es nach Action lechzt, der hat hier nichts verloren. "Westworld" setzt auf seine Figuren und auf seine Geschichte, erzählt etwas Bedeutendes und setzt den Schlusspunkt zur zweiten Staffel an einer faszinierenden Stelle. Würde mich nicht immer wieder ein Hauch zu gewollter Tiefsinnigkeit in mancher zu extremen Geschwätzigkeit anwehen, könnte ich glatt von einer hervorhebenswerten Serie sprechen. So aber ist sie, sowohl im positiven, wie im negativen Sinne, ein Produkt seiner Zeit, vielschichtig erzählt und durchdacht, aber auch zu bedeutungsschwanger aufgeblasen und zu wenig das Publikum allein entdecken lassend. OFDb
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