27.12.2019

DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY (1970)

War "Das Bildnis des Dorian Gray" aus dem Jahre 1945 noch eine buchgetreue Verfilmung, die sinnvoller Weise zudem in jener Zeit des gleichnamigen Romans von Oscar Wilde spielte, so sollte die Co-Produktion zwischen Italien, Deutschland und England aus dem Jahr 1970 das genaue Gegenteil darstellen. Der Stoff wurde stark modernisiert, kommt provokanter daher, ausgestattet mit erotischen Schauwerten der heterosexuellen, wie auch der homosexuellen Art, und schwimmt damit eigentlich genau in der Mode von einst mit, von daher sei einmal dahingestellt, wie provokant das seinerzeit tatsächlich war. "Dorian Gray" (Originaltitel) kommt auf rauere Art daher, setzt zwar in seinem ersten Drittel die Romantik in den Mittelpunkt, in der ruppigen, wie nüchternen Art, mit welcher der Film ganz geradeaus erzählt ist, fühlt es sich jedoch nicht wie ein sanftes Drama an. Trotz zarter Bilder in passender Musikuntermalung drängt sich stets die Holzhammer-Psychologie und die zu verkrampfte Inszenierung in den Vordergrund, so dass ich mit den Figuren und ihren Erlebnissen nie warm werden konnte.

Mögen Massimo Dallamano später mit "Der Tod trägt schwarzes Leder" und "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" im Bereich des düsteren Thrillers zwei interessante Filme geglückt sein, sein "The Secret of Dorian Gray" (Alternativtitel) schaut sich unnahbar und zu theoretisch. Damit kann man ihn zwar noch des Vergleichsstoffes wegen interessiert gucken, letztendlich ist er jedoch zu sehr Produkt, ein Werk das seinen zugrunde liegenden Stoff nicht versteht, auch unter dem Aspekt, dass er ihn anders interpretieren möchte. Hier geht es zwar immer noch auch um die Dekadenz der Oberschicht, aber vorrangig um Jugendwahn, Attraktivität und Oberflächlichkeit, um Verführung und Verrat, um Stil, Gewissenlosigkeit, alles aufgepeppt in modernem Stil, nur leider nicht auf sleazy Art, sondern dennoch relativ klassisch dargeboten. Das mag gefallen wem will, ist eigentlich auch legitim, aber wenn man mit ansehen muss, wie plump die einzelnen Stationen der Vorlage abgearbeitet werden, rein der Pflicht wegen, ohne dass ein Verständnis für diese Stationen stattfindet (viele ergeben aufgrund der Neuinterpretation keinen wirklichen Sinn), dann befindet sich "Das Bildnis des Dorian Gray" in einer Erklärungsnot, die nicht gesättigt wird. Klar kann man sich einem gewissen Rausch des Gezeigten hingeben, hinterfragen darf man in der oftmals unpassend reißerisch ausgefallenen Version jedoch nichts. Als reiner Emotionsfilm ist der Streifen wiederum zu unterkühlt ausgefallen. Es ist sein Glück das italienische Filmflair dieser Zeit zu atmen, so dass man ihm nie wirklich bös sein kann, und mit Herbert Lom ist zudem ein sympathisches Talent mit an Bord. Etwas reflektierter, wenn schon nicht sympathisch sinnlos sleazy, hätte der Film für meinen Geschmack jedoch ausfallen können, zumal ich die Idee einer modernen 70er Jahre-Italo-Fassung im Vorfeld als sehr reizvoll empfand.  OFDb

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