16.02.2020

WEIBLICH, LEDIG, JUNG SUCHT... (1992)

In erster Linie bringe ich Jennifer Jason Leigh immer mit ihrer süßen, unbedarften Rolle aus "Ich glaub' ich steh' im Wald" in Verbindung. Da wirkt der Wandel zum Psychopathen besonders reizvoll, auch wenn ich gestehen muss die gute Frau als Heddie in "Weiblich, ledig, jung sucht..." kaum wiedererkannt zu haben. Zumindest ist die in der Teenie-Komödie so empathisch verwirrt und verletzt agierende Schauspielerin für Barbet Schroeders Streifen bestens besetzt, stellt das Drehbuch Leighs Rolle doch nicht einzig sinnlos als Psychopathin dar, sondern entwirft es doch einen interessanten, wenn auch psychologisch nicht komplett ausgereiften, Hintergrund, der die Erkrankung erklärt und Heda teilweise zu einer liebevoll Leidenden macht. Das macht sie nicht weniger gefährlich, wie uns die Geschichte zeigt, der es einzig um den Unterhaltungswert geht, aber es darf zumindest auf beiden Seiten der zwei wichtigen weiblichen Figuren gelitten werden, auch wenn unsere Identifikationsfigur Allison ist.

Der Kniff an der Geschichte ist weniger der Aufhänger um die Kopie, zu der Heddie immer mehr von Allison wird, auch wenn dies der stets überall nachzulesende Hauptpunkt ist. Die Raffinesse ist es, typische gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und alltägliche Unhöflichkeiten auf eine Psychopathin treffen zu lassen. Dies findet nicht in einer Gewaltorgie a la "Falling Down" statt, der ähnliches auf anderer Ebene kombinierte, sondern in leiseren, wenn auch nicht minder morbiden, Tönen. Allisons unreflektierte, sich nicht für verletzend haltende, Arroganz, ihr Zeigen von Mitgefühl durch Mitleid, ihre egoistische Perspektive, sowie das Fehleinschätzen der eigenen Person, was zu falschen Versprechungen beim Einzug Hedas führte, sind gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten, die aufgrund ihres häufigen Auftretens kaum noch als Fehlverhalten gelten und stets durch oberflächliche Begründungen gerechtfertigt werden. Freilich trägt auch die introvertierte, seelisch gestörte Mitbewohnerin und Freundin eine gewisse Mitschuld im Verhalten Allisons, da sie sich dieser stets anbiedert, geradezu eine Art Hausangestelle für Allison wird, ohne dass diese sich das je wünschte. Heda setzt sich selbst unter Druck, klammert zu viel, mischt sich zu sehr ein. Alles soll perfekt laufen. Endlich mal, denn sie durchlebt einen solchen Versuch der Annäherung und Angleichung nicht zum ersten Mal. Auf eine solch gestörte Person prallen nun besagte unangenehme, verletzende Selbstverständlichkeiten einer ignoranten, modernen Gesellschaft, und das entlädt sich in mörderischen Aktionen der Mitbewohnerin.

So wenig authentisch sich das Treiben in "Single White Female" (Originaltitel), dem 2005 eine Video-Fortsetzung in anderer Besetzung folgen sollte, auch gucken mag, angesiedelt in einer alternativen Kinorealität entpuppt sich das Drehbuch als äußerst pfiffig, da keine simple Oberfläche abarbeitend, sondern einen interessanten Hintergrund schaffend, der psychologisch betrachtet gar nicht von schlechten Eltern ist, zumal er nur scheu an die Oberfläche gerät, ohne dass das Drehbuch stets auf das Vorhandensein dieser Elemente hinweist. Sie fließen im Hintergrund, wissen unbewusst zu wirken, oder werden nur von aufmerksamen Personen entdeckt. Dies in Kombination mit einer guten Besetzung auf weiblicher Seite und einer bedrohlichen Stimmung, die selbst harmlosen Momenten ein ungutes Gefühl beschert, machen "Weiblich, ledig, jung sucht..." zu einem packenden Erlebnis, das ein männliches Zielpublikum nicht ausschließt. Lediglich das ansonsten zu routiniert stattfindende Szenario, welches brav die typischen Stadien einer solchen Geschichte abarbeitet, sowie die zu Klischee-beladenen männlichen Rollenbilder, schmälern das Ergebnis etwas zu sehr, als dass man in diesem sympathischen Thriller mehr sehen könnte, als den netten, kleinen Unterhaltungsfilm für zwischendurch.  OFDb

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