"Virgin Witch" ist ein lange Zeit nicht in Deutschland erschienener britischer Horrorfilm, der dafür berüchtigt ist allerhand nackte Haut zu bieten mittels Darstellern, die ziemlich unverkrampft im Adam- und Evakostüm agieren. Ob das wirklich ein toller Pluspunkt ist, mit welchem man den Horror-Fan hinter den Ofen hervor gelockt bekommt, sei einmal dahin gestellt, zumal Geschichten um okkulte Sekten und der Schmuddelmix aus Erotik und Horror nicht gerade eine Seltenheit zur Entstehungszeit waren. Wenn man nun noch einen Blick auf das Schaffen des Regisseurs Ray Austins wirft, der vorher wie hinterher fast ausschließlich nur für das Fernsehen tätig war, kann man in seinen Vorurteilen bestätigt werden. Aber es ist nicht immer alles so wie es scheint, und dieser Satz trifft bei "Virgin Witch" in vielerlei Hinsicht zu. Zwar spart Austin nicht mit Nacktaufnahmen, aber nicht alle davon sind erotischer Natur, und selbst jene die es sind, sind nicht extrem voyeuristisch oder lüstern eingefangen, allein schon weil auf die übliche schmuddelige Hintergrundmusik solcher Szenen aus Konkurrenzwerken völlig verzichtet wird.
Zudem führt einen die Geschichte mit ihrer angeblichen Vorhersehbarkeit absichtlich in die Irre, weswegen es von Vorteil ist, dass "Lesbian Twins" (Alternativtitel) geradezu klassisch erzählt beginnt. Recht früh verwirrt einen bereits das offen gelebte und verständnisvolle Verhalten der Figuren, die aus ihrem Tun kaum Geheimnisse machen. Somit verschweigen die Schwestern weder den zufällig entdeckten Raum, in welchem okkulte Rituale stattfinden, noch hüllen sich die Mitglieder des Zirkels in Schweigen, wenn sie völlig überraschend auf ihr Tun angesprochen werden. Derartige Entwicklungen gegen die Erwartungen und Gewohnheit des Zuschauers sind erst der Beginn einer Geschichte, die alles übliche auf den Kopf stellt, weshalb ich an dieser Stelle auch nicht näher ins Detail gehe. Hier soll sich jeder selbst überraschen lassen und am besten mit so wenig Vorinformation wie möglich an den Streifen herangehen. Dass ich in "Virgin Witch" trotz dieser Pluspunkte und seiner unaufgeregten, hübsch abgefilmten Art nicht den überdurchschnittlichen Geheimtipp sehe, liegt an der überhasteten Geschichte, die innerhalb eines zu kurzen Zeitfensters auf mehreren Ebenen seine Geschichte zu sprunghaft angeht, um den positiven Eindruck mit einem glaubwürdigen Szenario unterstreichen zu können. Lässt man sich aber, dies ignorieren könnend, auf den interessanten Look des Filmes jenseits von Mainstream und alternativem Mainstream ein, und kann man mit der schlicht gehaltenen, unaufgeregten, interessanten, überraschenden und vielfältig interpretierbaren Schlusspointe etwas anfangen, hat man es dennoch mit einem besonderen Bastard von Horrorfilm, jenseits von Grusel-Feeling und Schocker, zu tun. OFDb
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