31.05.2020

LEATHERFACE (2017)

Nachdem wir in der meiner Meinung nach bislang besten Fortsetzung von "Blutgericht in Texas" namens "Texas Chainsaw" 2013 gezeigt bekommen haben was aus dem gealterten Leatherface wurde, geht "Leatherface" nun der gegenteiligen Frage nach, wie er wurde was er wurde. Neu ist die Idee selbst innerhalb des Franchises nicht, wurde die Vergangenheit des an Ed Gein orientierten Psycho-Killers doch bereits in "Texas Chainsaw Massacre 2 - The Beginning" thematisiert. Allerdings war dies dort eher ein Etikettenschwindel, da er die Entstehung Leatherfaces zugunsten der im Zentrum stehenden Familie und ihrer Feinde nur oberflächlich und nebenbei abarbeitete. Zudem bezog sich der Film auf die Neuverfilmung "The Texas Chainsaw Massacre". "Leatherface" hingegen orientiert sich an Hoopers Original und hält diesmal ein, was er verspricht. Mitproduziert von den Schöpfern der Reihe Tobe Hooper und Kim Henkel, sowie von Boaz Davidson, ist ein Film entstanden, der sich inhaltlich wie zeitlich an den Film von 1974 orientiert, wenn dessen Ereignisse auch nicht all zu genau nehmend. So hat das von Beginn an psychopathische Verhalten der kompletten Familie doch nur noch wenig mit deren Hintergründen eines geschlossenen Schlachthofes gemein, die in Hoopers Film nebenbei gesellschaftskritisch angerissen wurden.

Wirklich überzeugend kann man die Entstehung des Kettensägen schwingenden Menschenhaut-Trägers ohnehin nicht nennen. Mal ganz davon abgesehen, dass mit derartigen Versuchen stets eine Entmystifizierung einhergeht, opfert man die psychologische Glaubwürdigkeit der Entwicklung des Leatherface-Charakters zugunsten eines plumpen Überraschungsversuches von Seiten des Drehbuches aus. Dieser glückt schon allein deswegen nicht, weil hierfür im Vorfeld billig von neuen Namen gesprochen wird, die man den Kindern des Heims zu ihrem Schutz gab. Und auf der Grundlage dessen riecht man den Braten schnell, wer Leatherface ist, auch wenn man uns mit wen anders ködert. Hätte man besagten Fake tatsächlich zum echten Leatherface gemacht, hätte der Film sein Versprechen ohnehin nicht eingehalten, hatte dieser doch bereits derart viele Parallelen zu Gunnar Hansens Kult-Rolle, dass von einer Entstehung des Charakters nicht mehr hätte gesprochen werden können. Die tatsächliche Figur und ihr Weg zu dem, was viele Horror-Fans verehren, ist zwar alles andere als glaubwürdig durchleuchtet, um zu Leatherface zu werden, interessanter Weise funktioniert der Film auf triviale Art jedoch trotzdem recht gut.

Verwundern darf das schon, krankt "Leatherface - The Source of Evil" (Alternativtitel) doch nicht nur an der Glaubwürdigkeit seiner zentralen Figur, er ist ohnehin auf Kosten äußerer Schauwerte und reißerischer Elemente ziemlich unsinnig ausgefallen. Zudem erkennt man deutlich die Inspiration durch Rob Zombies Werke, besonders den White Trash-Bereich betreffend, der in einer Szene nicht einmal vor Nekrophilie Halt macht. Das verwundert in sofern, als dass das Regie-Duo Alexandre Bustillo und Julien Maury als seit je her gemeinsame Verbündete in diesem Beruf aus der französischen Terrorwelle stammen und für die Filme "Inside - Was sie will ist in Dir" und "Livid - Das Blut der Ballerinas" verantwortlich waren und somit bereits ihren eigenen, harten Stil prägten. Allerdings muss man ihnen zugute halten, dass sie die Rob Zombie-Masche nicht so extrem auskosten, wie dieser selbst, und damit eine Katastrophe umgehen, ohne auf einen harten Gesamt-Look verzichten zu müssen. Die nicht inflationär eingebrachten Morde fallen blutig und gnadenlos aus, die Verfolgungsjagd nachts im Wald, in welcher die Heldin vor ihrem Kettensägen schwingenden, ehemaligen Beschützer fliehen muss, ist stimmig eingefangen, und ohnehin schaffen es die beiden Regisseure "Leatherface" atmosphärisch angenehm schmutzig, hart und asozial erscheinen zu lassen. In sinnvollerer Geschichte wäre das Ergebnis zwar wünschenswerter gewesen, bedenkt man aber, wie plump "Texas Chainsaw 4" (Alternativtitel) von seiner Geschichte her ist, darf man überrascht sein, wie gut er mit heruntergeschraubten Erwartungen doch noch funktioniert.  OFDb

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