"Mondo Cannibale" ist der Prototyp des Kannibalen-Films und war somit der Auslöser der Welle dieser Genre-Gattung, die ihr Hoch Ende der 70er Jahre hatte und deren Produkte Großteils aus Italien kamen. Aber auch die Indonesier mischten mit ihrem "Der Todesschrei der Kannibalen" mit und haben der bereits bekannten Chose, die in diesem Bereich immer wieder erzählt wird, nichts hinzuzufügen. Wieder starten Leute eine Expedition in den Dschungel, treffen dort auf ein Ur-Volk, um schließlich tiefer im Dschungel auf einen primitiven Kannibalenstamm zu stoßen, von dem man gefangen gehalten wird. Für Sisworo Gautama Putra, der u.a. auch die beiden Teile von "Snake Queen" inszenierte und "White Crocodile Queen", war der hier besprochene Film das Regie-Debüt. Und dieses orientiert sich mit seiner Vertiefung der Ur-Volk-Rituale, der Überwindungen bei der Teilnahme dieser und mit der Tortur der Gefangenhaltung stark an Ruggero Deodatos "Mondo Cannibale 2 - Der Vogelmensch". Als einer der qualitativen Höhepunkte besagter Welle, ist er ein gut gewähltes Vorbild. Allerdings basierte dieses mit dem was es präsentierte auf tatsächliche Studien und Erkenntnisse und kam deshalb glaubwürdiger daher, als der Genre-Beitrag Putras. Zwar ist in seinem Streifen der Dschungel authentisch und auch die Ur-Völker sind glaubwürdig besetzt (man begeht also nicht die Fehler von Jess Francos erbärmlichen Kannibalenfilm-Versuchen), ihr Alltag will sich jedoch nicht echt anfühlen.
Es gibt eine Gasthütte im Dorf, Frisuren wollen nicht wirklich urig wirken, die Rituale schauen sich zu bemüht auf Klischee getrimmt, und Schamgefühl besitzen die Ur-Völker ebenso. Ob nun Kannibalen oder friedliches Volk, hier laufen lediglich die Kinder nackt herum, die bei den Menschenfressern, ebenso wie bei Deodato, auch mal auf die Gefangenen pinkeln. Vom Gedanken des bestialischen Verzehrs einmal abgesehen, der im Film jedoch nie tatsächlich vollzogen wird, fällt auch die Folter des billig gedrehten Streifens nicht so konsequent aus, wie beim Vorbild. Frauen bleibt stets der Schutz der Kleidung erhalten, als Mann steckt man fast unversehrt im Käfig fest. Hier fällt der Streifen überraschend zahm und bieder aus. Warum man die Flucht so vereinfacht und diesbezüglich erst so spät antritt, wer alles ohne geschnappt zu werden mit nichtigen Erlebnissen weiterhin tapfer durch den Dschungel schleicht, ohne Bedenken zu haben, ob man je wieder lebend aus der menschenfeindlichen Umgebung heraus kommt, bevor man an etwas anderem als an den Taten der Kannibalen stirbt, ist alles vom Drehbuch her nicht durchdacht oder konsequent umgesetzt. Dieses bietet uns zudem unsympathische, selbstherrliche, vom Geld gelenkte Studenten, die nie wirklich zu Identifikationsfiguren werden und deren Leiden man nur bedingt teilt. Die Kannibalen schreien wild herum und nerven in dieser penetranten Art mehr, als dass sie erschrecken, und letztendlich ist alles derart lieblos umgesetzt, dass "Savage Terror" (Alternativtitel), der auch als "Primitives" veröffentlicht wurde, inmitten einer ohnehin recht eintönigen und meist maximal durchschnittlichen und von vielen kritisch betrachteten, geradezu berüchtigten Filmgattung einen Tiefpunkt darstellt. Stimmige Atmosphäre und Abenteuer-Feeling sucht man hier so vergeblich, wie Authentizität und professionelle Mitwirkende. "Primitif" (Originaltitel) ist wahrlich nur für die schnelle Mark gedreht. OFDb
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