04.07.2021

PELIKANBLUT (2019)

"Pelikanblut" ist durch und durch jene Art trockenes, intellektuelles Drama, für welches ich Deutschland als filmproduzierendes Land so liebe. Zwar verstecken sich noch andere Genres mit im fertigen Produkt, aber die würden zu viel über den Film verraten, dem man nicht zutraut, dass der Radius ab einem gewissen Punkt in eine Richtung erweitert wird, welche man aufgrund des Stils mit Kenntnis vergleichbarer Werke nicht vermuten würde. Der Wandel überrascht umso mehr, als dass er sich auch erst kurz vor Schluss herauskristallisiert und somit nicht nur mit seinem Zusatzaspekt überrascht, sondern zugleich auch damit mit dieser Entscheidung den Überraschungsaspekt der vernünftigen Schlussfolgerung vorzuziehen. Da "Pelikanblut" in seiner zweistündigen Laufzeit immer wieder seine Stärke der Reflexion beweist, bedeutet diese unerwartete Abzweigung kein Scheitern. Als Ausnahme von der Regel kann man das Erreichte der Schlussszene verstehen, nicht aber als Inkonsequenz des aufgezeigten Gesellschaftsbildes. 

"Pelikanblut - Aus Liebe zu meiner Tochter" (Alternativtitel) gibt aber ohnehin nicht vor was man zu denken hat, er gehört zu jenen moralisch frei dargebotenen Werken, welche eine Mündigkeit beim Publikum voraussetzen, das selbst entdeckt, ohne an die Hand genommen zu werden, eben wie es typisch für diese Art Film ist. Nina Hoss begeistert in dem zunächst an "Systemsprenger" erinnerndem Drama, welches im selben Jahr wie der hier besprochene Film entstand, ebenso, wie seinerzeit in "Das Herz ist ein dunkler Wald" selbigen Stils. Sie spielt eine selbstbewusste Frau mit Ecken und Kanten innerhalb eines Plots, der sich Ursache und Wirkung bewusst ist und uns durch seinen authentischen Blickwinkel ungeschönt das Erzählte erleben lässt. Er nimmt sich Zeit subtil alles facettenreich einzufangen, konzentriert sich abgesehen von einigen Vorbereitungen erst mit besagter Schlusswendung wenn es so weit ist und ist dementsprechend nicht einzig auf diese ausgelegt. Hier geht es nicht darum, dass irgendwer irgendwem sympathisch sein muss, es geht nicht darum Taten gut zu heißen oder sich im Geschehen wiedererkennen zu können, es geht darum seine Wohlfühlzonen auch einmal verlassen zu können, um sich einem Thema ernst zu nähern, welches unangenehm, aber existent ist. Überzeugende Kinderdarsteller sorgen für die entscheidende Glaubwürdigkeit jenseits des Einflusses von Drehbuch und Erzählstil. Und Entscheidungen, welche die thematisierte Problematik vereinfachen, sind zum Wohle der erzählten Geschichte gesetzt, ohne damit zu unterfordern und den Stoff zu trivialisieren, oder ihn nicht ernst genug zu nehmen.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Der hat mich auch geflasht. Nina Hoss ist ja eh immer eine Bank. Das hat sie in ihren vielen Filmen unter der Regie von Christian Petzold ausdrücklich bewiesen. Und der Twist in ein anderes Genre zum Ende kam durchaus überraschend, passt aber im Endeffekt sehr gut zur Erzählung.

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