12.08.2021

STEPFATHER (1987)

Dass "The Stepfather" (Alternativtitel) in den USA ein berühmter Klassiker ist, hierzulande jedoch eher ein semi-bekanntes Dasein unter Cineasten fristet, liegt mitunter sicher daran, wie man mit diesem Horrorfilm in Deutschland seinerzeit umging. Im Kino startete er unter dem unsinnigen Titel "Kill, Daddy, Kill!", auf VHS kam er schließlich als angebliche Fortsetzung eines anderen Filmes unter dem Titel "Spur in den Tod 2" heraus. Joseph Rubens hier besprochene Regie-Arbeit, die zwei Fortsetzungen und eine Neuverfilmung nach sich zog, klingt inhaltlich nicht nur unaufgeregt, der Inhalt klingt zudem eher nach Thriller anstatt nach Horror. Der Handlungsablauf folgt jedoch typischem Horrormuster, die Auseinandersetzung im Finale lässt den Streifen ebenfalls ohne übernatürliche Elemente oder hohem Gore-Gehalt besagtem Genre zuordnen. Ruben nimmt sich beim Aufbau von Geschichte und Atmosphäre alle Zeit der Welt. Nach einem lauten Einstieg geht es zunächst einmal in ruhiger, besonnener Tonart weiter.

Durch den radikalen Einstieg, der bereits die kühle, beängstigende Routine des Täters gekonnt aufzeichnet, sind wir von Anfang an eingeweiht. Dass Stephanie an der Harmlosigkeit ihres Stiefvaters zweifelt, ist somit keine Grundlage für einen rätselhaften Plot, welcher den Zuschauer zweifeln lassen soll. Dass wir auf typischer Handlungsabfolge, eingeweiht in das Geheimnis des Filmes, keineswegs einem routinierten Film beiwohnen, liegt u.a. am Satiregehalt des Streifens, der mal mehr, mal weniger subtil gekonnt Klischees der Gesellschaft, der Medien und des eigenen Genres zelebriert, ohne dabei die Ernsthaftigkeit, und damit die Thrillerwirkung und den Anteil an Dramatik, zu vernachlässigen. Der schwarze Humor, der gelegentlich aufkommt, bleibt einem meist im Halse stecken, so bös wie "The Stepfather - Kill, Daddy, Kill" (Alternativtitel) daher kommt. Und das gekonnte Spiel von Hauptdarsteller Terry O'Quinn bietet auf all diesen Ebenen großes Können. Der Mann weiß wie er fast schon Grimassen schneidend den Psychopathen geradezu comicartig hochpuschen kann, ohne ihn dabei der Lächerlichkeit preis zu geben, wie er seinen Psychopathenblick höchst beängstigend eingesetzt bekommt und wie er die Unschuld vom Lande verkörpert bekommt. 

Seine Darstellung in Kombination mit Rubens Inszenierungsstil wirkt Wunder. Da wird aus einem seichten Spannungsbogen urplötzlich eine Nerven kitzelnde oder einfach unerwartet brutale Situation, so dass man trotz der eher charmanten Erscheinung eines sich angenehm zurückhaltend erzählten Horrorfilmes geschockt vor dem Fernseher sitzt, so eiskalt wie Ruben den sich in Sicherheit wiegenden Zuschauer erwischt. Die Restbesetzung fällt ebenfalls überraschend talentiert aus, auch wenn es bei der Figur von Stephanies Mutter ein wenig dauert dies zu entdecken. Einzig die Rolle des Bruders eines ehemaligen Opfers des Familienkillers wird überzogen dargestellt, so als wolle der gute Mann die Welt vor dem "Terminator" schützen. Seine parallel zum Hauptereignis eingeschnittenen Sequenzen sind meist hektischer Natur, auf harter Kerl getrimmt, angereichert mit leichten Action-Anleihen, sicher humoristisch gemeint, aber nicht den richtigen Ton treffen, um mit dem Restergebnis kompatibel zu sein. Letztendlich wird mit seiner Anwesenheit aber zumindest ein gekonnter, psychologischer Kniff vorbereitet, der das Publikum von damals sicher noch überrascht haben dürfte. 

Schaut man "Stepfather" sensibel und nicht übersättigt durch zu viel Horrorkonsum, ist sein beunruhigendster Aspekt die Sachlichkeit und Gefühlskälte, die der Killer im scheinbar harmonischem Umfeld seines aufgebauten Familienlebens unterschwellig aufkommen lässt, insbesondere dann, wenn der Fehlschlag des Familienprojektes sicher ist und eine neue Identität her muss. Eine solche muss über einen Zeitraum von mehreren Wochen geplant werden, und bis dahin wird das Familienleben fortgesetzt, reduziert in Sachen vorgeheucheltes Sozialverhalten und Harmonie, aber konsequent bis zum Schluss durchgezogen. Mutter und Kind ahnen beim gemeinsamen Essen am Tisch noch nicht, dass sie im Bewusstsein des Mörders längst tot sind. Derartige Momente beunruhigen weit mehr als es ein harter Kill oder eine spannende Fluchtszene je könnten. Dementsprechend sei zu "The Stepfather" nicht nur der Genre-Freund eingeladen, sondern auch Cineasten, die den Bereich des Horrorfilms nur gelegentlich aufsuchen. "The Stepfather" funktioniert, dank versteckt geistreicher Herangehensweise, auf verschiedenen Ebenen und ist damit weit entfernt von Rubens anderen mir bekannten Filmen wie "Der Feind in meinem Bett", "Das zweite Gesicht" oder "Die Vergessenen", die regelrecht im Mainstream baden. "Stepfather" ist psychologischer Terror in ruhiger Tonart, dramaturgisch dichter Geschichte und satirischem Umgang mit Klischees aus dem echten Leben und der Medienwelt.  OFDb

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