Gewalt in der Ehe, dominierende Männer, Unterdrückung in der Partnerschaft, diese Themen bleiben stets aktuell, auch in Zeiten der gegenseitigen Emanzipation. Deswegen hat die Geschichte von "Der Feind in meinem Bett" grundlegend nichts an Reiz verloren, zumal er relativ zeitlos inszeniert ist in seiner klassischen Hollywood-Art, was Vorteile und Nachteile gleicher Maßen mit sich bringt. Denn als ernstzunehmenden, erwachsenen Appell zu dieser Thematik funktioniert das Werk von "The Stepfather"-Regisseur Joseph Ruben, der dem hier besprochenen Thriller "Das zweite Gesicht" mit Kinder-Star Macaulay Culkin folgen ließ, aufgrund seiner zu märchenhaft inszenierten Dramaturgie nicht. Es ist so, als wolle man in dieser eigentlich düsteren Geschichte den Zauber von "Pretty Woman", mit welchem Julia Roberts ein Jahr zuvor berühmt wurde, beibehalten. Und so landet Laura nicht zweckdienlich in einem schlichten Mehrfamilienhaus in der Großstadt und kämpft beinhart um eine neue Existenz, stattdessen landet sie in einer traumhaften Kleinstadt, in welcher sie ohne jegliche Papiere vorweisen zu können kostengünstig ein hübsches Häuschen mietet, samt schnuckeligen Nachbarn im Gepäck, und durch diesen gerät sie zudem an einen angenehmen Job in einer Universitäts-Bibliothek.
Das tatsächliche Leben von Opfern aus solchen Beziehungen sieht anders aus. Das Buch konzentriert sich mit dieser Blauäugigkeit einzig auf den zum Dämon erklärten Martin, welcher zum einzigen Hindernis eines glücklichen, selbstbestimmten Lebens in Harmonie und durchschnittlichem Luxus wird. Erst auf dieser naiven Ebene vom Zuschauer akzeptiert, kann "Sleeping with the Enemy" (Originaltitel), der das Potential zu mehr hat, funktionieren. Schraubt man also seine Erwartungen herunter, um ein derart frustrierendes und emotional brutales Thema in der Schmusewelt des Mainstreams anzunehmen, unterhält das Thriller-Drama trotz vorhersehbarem Plot auf sicherem Standard-Erzählweg ganz ordentlich. Zumal sich einige Pluspunkte in diese Mittelmäßigkeit eingeschlichen haben, die meist eher unauffällig eingebaut wurden. Dass Martin sein erstes brutales Verhalten, welches der Zuschauer von ihm miterlebt, später entschuldigt, in dem er es als Gekabbel herunterspielt (und wahrscheinlich tatsächlich auch so wahrnimmt), ist nur ein gelungenes Puzzlestück der gut, da oft subtil, ausgefallenen Vorgeschichte, die ihre Bedrohung bereits in kleinen Nebensächlichkeiten entstehen lässt. Diese Phase würde ich als den Hochpunkt eines Filmes bezeichnen, der ansonsten zu sanft mit Figuren und Situationen umgeht, ein zu kurz gehaltenes Finale präsentiert (in welchem die weibliche Hauptrolle aber zumindest entgegen aller Hollywood-Norm zu ihrer eigenen Retterin wird) und zu blauäugig umgesetzt ist. Wachrütteln kann man mit diesem halbwegs düsteren Märchen für Erwachsene niemandem. Nett anzuschauen ist das Ganze in seiner gemütlich erzählten, schlichten Routine aber durchaus. OFDb
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