06.02.2022

VIY (1967)

Der erste sowjetische Horrorfilm ist ein sympathisches Stück alternativer Grusler, der überraschend heiter erzählt ist, stets die Trinktraditionen der Kosaken ebenso im Auge behält, wie die nicht immer ehrbare Arbeitshaltung minderer Dienstleister der katholischen Kirche. Dass sich das Werk der beiden Regisseure Georgiy Kropachyov und Konstantin Ershov an der selben Sage wie Bavas "Die Stunde, wenn Dracula kommt" bedient, fällt kaum auf, gibt es doch nur wenig Übereinstimmungen. In den Sequenzen der drei Nächte, in welchen der Antiheld Choma allein mit der untoten Verstorbenen eingeschlossen ist, erinnern gar eher an Ash in "Tanz der Teufel 2", keine Ahnung ob "Viy" für Raimi eine ihm bekannte Inspiration war. Zwar auch in dieser Hauptphase noch immer augenzwinkernd erzählt, gelingt es den beiden Regisseuren in diesen drei Szenen gar gelegentlich echten Grusel zu erzeugen, was mich nach dem heiteren, kurzweiligen Geschehen zuvor überrascht hat. Daran hat die Besetzung der jungen Frau den wichtigsten Anteil, die ohne große Fremdeinwirkung je nach Einstellung tatsächlich bedrohlich wirkt, gerade dann wenn sie erstmals versucht den Kreis zu durchbrechen, den Choma mit Kreide zu seinem Schutz auf den Boden gemalt hat. Zwar sieht man hier anhand einer Spiegelung, dass ihre exakten Berührungen an der unsichtbaren Grenze mittels einer Glasscheibe erfolgt sind, das mindert jedoch nicht die Wirkung dieser meiner Meinung nach unheimlichsten Szene dieses charmanten Streifens. 

Über die restlichen Spezialeffekte kann man ohnehin nicht meckern, vielleicht mit der Ausnahme des titelgebenden Viy, den ich nicht so überzeugend zurecht gemacht fand, auch wenn das Cover der kürzlich in Deutschland erschienenen Bluray ironischer Weise gerade von seinem Aussehen lebt. Aber auch dies macht nichts, denn seinen Auftritt hat er inmitten vieler anderer nett anzusehender Fantasiefiguren, zu einem Zeitpunkt wo dem Auge allerhand Highlights geboten werden. In dieser ereignisreichen Szene wird nun überdeutlich, was zuvor schon zu erkennen war: die Spezialeffekte waren den Regisseuren definitiv wichtiger als das Einfangen stimmigen Grusels. In einem Film, der zu einem guten Teil von seiner Nostalgie und einer uns relativ unbekannten Kultur lebt, ist das aber auch kein Schwachpunkt, zumal Sequenzen, wie die gigantischen Hände, die Choma einkreisen, noch immer ihre Wirkung besitzen. Zudem erlebt man genügend Nähe zur Hauptfigur, so dass man sich mit ihr auch ohne Tiefgang im Charakter oder in der Geschichte gut identifiziert bekommt. Ein gewisser surrealer Touch schwebt zudem ebenfalls mit, gerade das Mysterium der Hexe betreffend, die anbei auch in der Besetzung der alten Frau zu wirken weiß. Mit einer Laufzeit von unter 80 Minuten ist "Viy or Spirit of Evil" (Alternativtitel) frei von Längen, vorausgesetzt man kann sich an den zwischenmenschlichen Momenten ergötzen, die meist im alkoholisierten Rahmen stattfinden. Abgesehen von dem Moment auf dem Feld bis hin zum Aufenthalt im Hexenhaus dauert es recht lange, bis "Vij" (Alternativtitel) am entscheidenden Horrorpunkt seiner Geschichte ankommt. Aber das Warten lohnt sich, gerade für Freunde optischer Leckereien, und der Weg dahin ist wie erwähnt nicht minder unterhaltsam.  OFDb

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