15.03.2022

EIN JUNGE SCHRIE MORD (1966)

"Ein Junge schrie Mord" verlegt das Szenario der Erstverfilmung "Das unheimliche Fenster" an einen malerischen Urlaubsort. Er ist die bislang einzige von mindestens vier Verfilmungen, die ihren Weg in Deutschland auf DVD gefunden hat. Leider ist sie in den wichtigsten Rollen nicht überzeugend genug besetzt. Als unsympathischer Bengel, der ständig lügt, geht Fraser Macintosh (auch aufgrund seines potthässlichen Haarschnitts) noch durch, aber der Mangel jeglichen Schauspieltalents wird spätestens dann zum Schwachpunkt des Streifens, wenn der Junge verängstigt sein soll. Das kauft man ihm in seinem starren Spiel nie ab. Seine deutsche, deutlich von einer kindlich sprechenden Frau gesprochenen, Synchronstimme weiß da nichts positiv aufzufangen und macht diesen Makel nur noch deutlicher. Während Vater und Mutter okay besetzt sind, ebenso die Freundin des Mörders, so ist dieser selbst auch nicht gerade toll gewählt, kauft man ihm zwar den Schönling ab, nie aber seinen Wahnsinn, dem er scheinbar mit der Zeit verfällt. Ähnlich wie beim Jungen durchlebt der Mörder keine mimischen Gefühlsregungen, die ihn glaubwürdiger werden lassen. 

Aber das ist nicht nur dem Schauspieler zuzuschreiben. ohnehin ist das Drehbuch recht starr und konstruiert ausgefallen, sowohl den Ablauf betreffend, als auch die Charaktere. Und in der Hand von einem Regisseur, der sieben Jahre zuvor zuletzt am Trash "The Manster" tätig war, entfaltet sich die eigentlich spannende Grundidee, das Märchen vom Jungen, der immer Wölfe rief, auf eine Mördergeschichte für Erwachsene umzumünzen, zum lediglich routiniert umgesetzten Plot. "The Boy Cried Murder" (Originaltitel) ist nie düster genug umgesetzt, um jenen Nervenkitzel zu erzeugen, den sämtliche Phasen der Geschichte theoretisch möglich machen. Zunächst mental allein gelassen, da ihm niemand glaubt, schließlich allein in der Ferienwohnung, wissend dass der Täter von ihm als Zeugen weiß, nicht einmal die Jagd durch die leeren Gassen eines urigen Ortes bei Nacht sind atmosphärisch dicht eingefangen. In diesem spannungsarmen Zustand streckt sich diese viel zu lange Passage, die in guter Regiehand zu einer lobenswerten, da nicht zu kurz abgehakten, Sequenz getaugt hätte. Allerdings ist für einen förderlichen Spannungsbogen auch die Musik zu mau gewählt, die so bemüht darin ist Spannung zu erzeugen, wie der überforderte Regisseur. 

Dass das Finale schließlich in der zuvor stets erwähnten Ruine spielen muss, mag Klischee sein, ist aber freilich ein nett anzusehender Handlungsort für den Schluss. Dass dieser sich allerdings mit einem endlosen Bequatschen der Polizei/der Mutter/des Stiefvaters mit dem umzingelten Mörder aufhält, anstatt die Spannungsschraube nun endgültig anzuziehen, lässt das Szenario schließlich scheitern, liefert dieser unnötig anmutende Part doch keinen dramaturgischen oder anderweitigen erzählerischen Mehrwert. Zwar schaut sich "Ein Junge schrie: Mord" (Alternativtitel) nie langweilig, da seine Geschichte letztendlich ein Selbstläufer ist, aber die hier vorliegende Version ist schlichtweg zu routiniert umgesetzt, um gefallen zu können, auch wenn sie nicht wirklich als missglückt bezeichnet werden kann.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Seltsam und sehr schade, dass es ausgerechnet die schwache Neuverfilmung in Deutschland auf DVD schafft anstelle des Klassikers von 1949 ("Das unheimliche Fenster")...

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