05.09.2012

PONTYPOOL (2008)

Der zynische Radiomoderator Grant ist gerade auf Sendung, da bekommt er die Meldung herein, dass sich merkwürdige Vorkommnisse in der Stadt ereignen. Mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass eine Viruserkrankung die Menschen zu seelenlosen Kannibalen mutieren lässt. Die Informationen sind spärlich, die Angst nimmt zu...

Hart auf Sendung...
 
Gerade im Bereich des Zombiefilms und des verwandten Subgenres der Werke um von Virus mutierte Menschen wird durch die Flut der Veröffentlichungen in letzter Zeit viel herumexperimentiert, um der längst bekannten Sache neue Reize zu bescheren. So erzählte „Wasting Away“ beispielsweise von der Epidemie aus der Sicht der Zombies, „Zombie Honeymoon“ erarbeitete aus der grundlegenden Idee von „Return Of The Living Dead 3“ einen Romantikfilm und „Fido“ verarschte die Angst vor Kommunisten in einer fiktiven 50er Jahre Parallelwelt anhand des Umgangs mit Untoten. Was all diese Filme gemein haben, ist das optische Zentrum, der Zombie, bzw. die Mutierung zu dieser.

„Pontypool“ lenkt nun genau gegen diese Gemeinsamkeit und versucht sich als eine Art Kammerspiel. Bis auf eine kleine Eingangssequenz spielt sich der komplette Film in einem Radiosender ab. Von der Bedrohung hören wir lange Zeit nur über Dritte, bis sie sich auch zum Sender hingearbeitet hat. Das mag für viele langweilig klingen, bietet aber ein ähnlich bedrohliches Feeling wie das Hörspiel "Krieg der Welten" (die Radiosendung, nicht Jeff Waynes Musikversion).

Der Regisseur und Autor Bruce McDonald weiß gerade aus dieser Anfangsgrundlage viel herauszuholen. Einige Zeit spielt er mit der Frage, ob den Radiomitarbeitern nur ein schwarzhumoriger Scherz gespielt wird. Die Informationen sind spärlich, wie verängstigend. Der Zuschauer ist immer auf gleichem Wissensstand wie das Team und damit ebenso verwirrt. Schließlich kommt nicht jede Information von Anfang an deutlich an und muss erst begriffen werden. So ergibt eine plötzlich auftauchende fremdsprachige Durchsage zunächst gar keinen Sinn. Und auch die Berichtserstattung des Außenmitarbeiters des Senders ist sehr lückenhaft und muss erst zu einem Ganzen zusammengepuzzelt werden, die Informationen ebenso wie das ungenaue Schicksal des Erzählenden.

Man verlässt sich darauf, dass dem Zuschauer die Sparte des Zombiefilms bekannt ist und man somit nicht zeigen muss, was den Menschen draußen passiert. Und das ist der richtige Schritt. Zudem erfreuen den Horror-Fan manch kleine versteckte Hinweise und Verbeugungen. So ist es für ein Werk dieser Art auf Grund gewisser Parallelen geradezu Pflicht dem Radiosender im Namen einen Leuchtturm hinzuzufügen, um auf das legendäre Werk dieses Genres zu verweisen, in welchem ein solcher Sender eine wichtige Rolle spielte: John Carpenters „The Fog - Nebel des Grauens“.

Glücklicherweise wird der Film wegen solcher Gimmicks nun nicht zum reinen Fan-Film. Ganz im Gegenteil, wegen Ermangelung blutiger Szenen wird der sich vielleicht sogar desinteressiert abwenden, wenn er denn alternativen Erzählweisen nicht aufgeschlossen gegenübertreten kann.

Man hätte sicherlich konsequent einen kompletten Film auf die bisher beschriebene Art und Weise umsetzen können und die Crew im Radiosender versauernd ausblenden können. Aber McDonald lässt die nach Schauwert lechzenden Zuschauer nicht ewig zappeln und sorgt dafür, dass die Bedrohung auch zur Mitte hin den Radiosender heimsucht. Da geht es dann doch mal blutig zur Sache, zum Glück ohne einen wirklichen Stilbruch zu vollziehen. „Pontypool“ verkommt nun nicht zum gängigen Zombiefilm. Er nutzt diesen Umschwung zur Informationsvertiefung der Protagonisten und Zuschauer.

Dass die Bedrohung echter Natur ist, wurde bereits zuvor klar, wenn sich der größte Nachrichtensender Amerikas um ein Interview mit Radiomoderator Grant bemüht. Spätestens nun ist klar, dass draußen wirklich etwas nicht stimmt, und ein böser Streich nicht mehr alternativ die Lösung sein kann. Die Informationen, die der Virusbefall vor Ort mit sich bringt, sind andere, werden aber auf die selbe Art eingebracht wie bisher: lückenhaft und Rätsel aufwerfend. Erst in einem Gespräch mit einem Fachmann, der ebenfalls nicht genau weiß was genau stattfindet, wird langsam klar, wie die Bedrohung sich ausbreitet. Und wenn der Hintergrund ausgesprochen wird, möchte man am liebsten noch einmal zurückspulen, um es noch einmal zu hören.

Kann man glauben, was einem McDonald nun als Erklärung vorsetzen möchte? Ist das nicht alles dann doch zu weit hergeholt und phantastisch? Hier erlebt der Film nun einen Bruch, der nicht sein müsste, nicht einmal dürfte in einem solch real umgesetzten Szenario. Da bemüht man sich so um Realismus, und dann wird der Zuschauer mit einem solchen, hier aber nicht gespoilerten, Humbug gefüttert. Dabei hätte man selbige Erklärung sinnvoll einbringen können, hätte man besagte Erklärung zum Katalysator der Infektion und nicht zum Wirt dieser gemacht.

Dann ginge die Rechnung auf, denn die hier nicht verratende Erklärung ist konsequent zu dem was bislang im Hintergrund als Gesellschafts- und Medienkritik stattgefunden hat. Mit Nennung des Wirtes gelingt McDonald nun etwas, das ich sonst gerne an anderen Filmen kritisiere: wieso findet die Kritik an etwas, das in unserer Gesellschaft vollkommen falsch läuft, immer so arg versteckt statt? „Pontypool“ spielt nun innerhalb einer Zombiegeschichte mit offenen Karten, redet nicht drum herum, sondern zeigt uns Bösewicht und Ursache und vertieft eine Idee, die im Kurzfilm „Schwarzfahrer“ schon nebenbei eingearbeitet wurde.

Durch seine kaum getarnte Kritik geht McDonald sogar noch einen Schritt weiter und bietet uns gleichzeitig auch die Lösung des Problems an, wenn auch gepaart mit der Hoffnungslosigkeit einer tatsächlichen Errettung aus den Missständen. Dieser zunächst versteckte Bereich ist auch in seiner offensichtlichen Phase noch codiert in die Story eingebracht. Allerdings bedarf es keiner tiefschürfenden Analyse, um wirklich darauf zu stoßen. Und erst in Zusammenarbeit Zombiefilm und Gesellschaftskritik, erscheint das Gesprochene der letzten 15 Minuten nicht mehr ganz so wirr und sinnlos, wie es vielleicht auf einige Mainstream-Verwöhnte wirken mag.

McDonald ist mit „Pontypool“ wirklich ein interessanter Ausnahmefilm gelungen, nicht nur im Hinblick auf das Subgenre des Horrors, an dem er sich bedient, sondern auch in seiner Gesellschaftskritik, einem Bereich der sonst mehr im Hintergrund zwischen den Zeilen stattfindet, statt auf so deutliche Art wie hier, einem Bereich, der ohnehin mit dem Zombiefilm und dem ihm verwandten Mutantenfilm immer Hand in Hand ging. Leider wirft einen die unnötig lächerliche Erklärung sehr aus dem Geschehen heraus. Und auch das erfreuliche Bemerken, dass dieser Unsinn für den Rest des Filmes positiver Natur ist, lässt einen trotzdem nicht in die dichte Atmosphäre zurücktauchen, die vor dem Stimmungsbruch herrschte. Schade, es wäre schön gewesen mit ihr den Film zu beenden. Erst dann wäre „Pontypool“ auch eine kompromisslose Empfehlung. Andererseits: durch dieses Manko zählt "Pontypool" zu den Filmen, die sich durch Vorwarnung bei erneutem Sichten positiver gucken dürften.  OFDb

Nachtrag: 

Je öfter ich "Pontypool" gucke, um so genialer erscheint er mir. Das Makel der Erstsichtung, die Erklärung betreffend, wird bedeutungslos und wandelt sich zu etwas unheimlichem und faszinierend Surrealen mit eigenen Gesetzen, während es sich auf der Ebene der Gesellschaftskritik, wie bereits damals erwähnt, ideal einfügt.

1 Kommentar:

  1. Ich habe den Film als gar nicht so übel in Erinnerung. Ich glaube es hat ewig gedauert bis mal so richtig die Post abging aber das war nicht weiter schlimm da er bis zu diesem Zeitpunkt richtig coole Dialoge hatte und die Spannungsschraube wurde dadurch im richtigen Moment hochgezogen. Pontypool ist jetzt vielleicht nicht der Überdrüberkracher aber fürs Einmalige Gucken war er supi und besser wie das Groß der ganzen Zombiefilme der letzten Jahre war er allemal.

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