24.12.2012

28 WEEKS LATER (2007)

Nachdem die Seuche beendet ist wird London neu besiedelt. Doch die Menschen haben sich zu früh gefreut. Die Seuche bricht wieder los, und die Einwohner sind umzingelt von Infizierten und Soldaten, die den Befehl haben alles zu töten was sich bewegt. Unter den Eingesperrten befindet sich ein Kind, das immun ist. Eine Wissenschaftlerin versucht es zu retten...

Wenn Faszination und Augenverdrehen sich vereinen... 
 
Wenn es um die Fortsetzung von „28 Days Later“ geht, sind die Fans völlig verschiedener Ansicht. Das ist auch sehr verständlich, immerhin schwankt „28 Weeks Later“ zwischen Logiklücken groß wie der Grand Canyon und Spannungsmomenten, die einen an den Fingernägeln kauen lassen. Was kann man ignorieren, was wird durch die Fehler zerstört? Eine Frage die sich nur jeder selbst beantworten kann, ich für mich tu es auf folgendem Weg:

Beginnen wir mit den negativen Elementen, die schon mehr als bloßes Augenzudrücken von einem abverlangen. Da wird England wieder neu besiedelt, mit der Gefahr eines erneuten Ausbruchs im Nacken. Das heißt, dass strengste Vorsichtsmaßnahmen gelten und man sich keine Fehler erlauben darf. Und trotzdem bekommt ein oller Hausmeister Schlüssel zu wirklich jedem Bereich, ja sogar zu dem ganz schwer zugänglichem Labor, das zudem mau bewacht wird, selbst wenn man sich dort einen Infizierten hält. Da kann man sich schon ernsthaft an den Kopf fassen.

Und wenn aus unserem Hausmeister ein Infizierter geworden ist, dann werden unsere Helden, die seine Kinder sind, im Laufe des Filmes auch immer wieder auf ihn stoßen. Das nervt schon bei den ersten zwei Malen, aber spätestens in der U-Bahn ist ein erneutes Treffen nur noch peinlich zu nennen. Und unlogisch durch das Szenario drum herum ist es sowieso, zumindest ist die Wahrscheinlichkeit mit den Informationen, die dem Zuschauer am Rande gegeben werden, sehr gering.

Grenzbereiche zwischen unlogisch und möglich sehe ich 1. in der Art des Eingeschlossenwerdens beim erneuten Ausbruch der Seuche, 2. im Schonen der Menschenleben zu Beginn des Ausbruches und 3. in dem Ausflug der Kinder in den illegalen Bereich Englands.

Zu letzterem könnte man argumentieren, dass das Militär vielleicht deswegen dort grobe Absicherungsmängel aufkommen ließ, weil keiner mit purer kindlicher Leichtsinnigkeit gerechnet hat. Vielleicht ist man bei den Vorkehrungen einfach zu sehr vom erwachsenen Verhalten ausgegangen, zumal Kinder im neubesiedelten England ohnehin noch die Seltenheit sind. Das wäre ein sehr dünner Erklärungsansatz, aber kein unwahrscheinlicher, wenn man auch einmal bedenkt, wie hohl amerikanische Soldaten von ihrer eigenen Regierung gehalten werden. Wer den ein oder anderen Michael Moore-Film gesichtet hat, oder gar Menschen vom deutschen Militär kennt, die in Auslandseinsätzen auch mal auf Amis stoßen durften, wird verstehen was ich meine. Bei diesen Leuten fehlt der geringste Ansatz von eigenständigem Denken. Das würde eventuell auch dieses uns so blödsinnig vorkommende, improvisierte Einsperren beim Ausbruch der Seuche erklären. Wurde da denn nicht vorrausgeschaut? War man so vom Erfolg geblendet, dass für eine derartige Ausnahmesituation nicht etwas besseres geplant war, um die Menschen zu schützen/aus dem Weg zu räumen (wohl eher letzteres)? So dämlich das amerikanische Militär auf der einen Seite auch ist, ich denke im tunnelblickorientierten Planungsbereich wäre ihnen ein solcher Fehler nicht passiert.

Der zweite Punkt, die Menschenleben beim Seuchenausbruch zunächst zu verschonen, ist einer, bei dem jeder für sich überlegen muss, ob das realistisch ist oder nicht. Er wird meines Erachtens damit wieder wett gemacht, dass die Entscheidung, nun doch auf alles zu schießen was sich bewegt, der ersten ethisch anständigen Maßnahme recht flink folgt. Das hat etwas von einem Süchtigen, der für einige Sekunden versucht das richtige zu tun, um dann doch wieder ins alte Muster zurückzufallen.

Wie eben erwähnt ist man beim amerikanischen Militär nicht gerade mit individueller Entscheidungs- und Gedankenkraft gesegnet. Das gibt den ersten Punkt für die positiven Seiten von „28 Weeks Later“. Denn wo in Teil 1 die Gefahr lediglich von den Infizierten ausging (was hier nun harmloser klingt als es wirklich war) sind die Protagonisten der Fortsetzung nun eingekesselt von zwei Fronten: Auf der einen Seite die Infizierten, auf der anderen Seite die Soldaten.

Ohne einen Verräter von Seiten des Militärs aus, hätten sie überhaupt keine Chance. Aber auch mit ihm ist alles sehr hoffnungslos. Wohin soll man fliehen, wenn man genau davon abgehalten wird? Eine wunderbar böse Situation! Das Militär stellt keine Fragen und macht keine Kompromisse. Da wird jeder ermordet, auch wenn man Infizierte leicht von Nichtinfizierten unterscheiden kann. Aber auch die Soldaten haben hier keinen Spaziergang vor sich. Natürlich muss man beachten, dass auch sie in einer Extremsituation sind. Und in einer solchen hört man auf Befehle, das eigenständige Denken steht als Alternative nicht zur Verfügung.

Zudem gibt uns der Film selber die Antwort darauf, was denn passieren würde, wenn man aus ethisch korrekten Gründen nicht logisch radikal handeln würde. Immerhin ist das böse Ende der Aufopferung derer zu verdanken, die glaubten das richtige zu tun, in dem sie ein infiziertes Kind retten wollten. Die Natur tickt nun mal nicht nach menschlicher Denkweise, so schade es auch ist. Fressen und gefressen werden ist das Gesetz der Natur. Und wer mit dem Feuer spielt muss damit rechnen sich und anderen weh zu tun.

Damit erzählt der Film von einem bösen Weltbild, was von vielen Seiten wahrscheinlich fälschlicher Weise als faschistisch angesehen wird (so wie ein „Starship Troopers“), anstatt als provokative Denkanregung zum Hinterfragen der menschlichen Natur.

Wenn es darum geht das Kind zu retten, was beim Zuschauen nachvollziehbar und ärgerlich zu gleich ist, spielt aber noch ein anderer Faktor außer ethischer Gesichtspunkte mit, nämlich von der Seite der Forscherin aus das blinde, fast religiöse, Verhältnis zur Wissenschaft. Um Millionen zu retten, soll das gefährliche Kind gerettet werden. Man nimmt einen sehr wahrscheinlichen erneuten Ausbruch der Seuche in Kauf, für den unwahrscheinlichen Fall bei einem erneuten, nicht durch Wissenschaftler verursachten, Ausbruch ein Gegenmittel zu haben. Das blinde Vertrauen immer alles im Griff zu haben, trifft also nicht nur auf das sture Militär zu, sondern auch auf die leichtsinnigen und in solchen Fällen nur theoretisch intelligenten Wissenschaftler. Dass sich beide Parteien gar nicht so unähnlich sind zeigte ja auch bereits „Zombie 2“.

Das großartige in dieser Erzählung ist also die Fragwürdigkeit aller (!!!) Beteiligten, gemixt mit der bösartig klingenden Frage, ob in solchen Extremsituationen tatsächlich das ethisch korrekte Verhalten weichen muss. Wenn es nach den beiden 28-Teilen und der Romero-Zombie-Reihe geht, heißt die Antwort ja. Romeros Antwort und „28 Days Later“ sind etwas provokativer, da sie vom Normalbürger ausgehen, in einer Welt, in der nur noch die fragwürdigsten Menschen überleben können, bzw. die wenig sympathischen auch zu solch fragwürdigen Individuen mutieren. In der 28-Fortsetzung ist es das Militär, das auf sozial korrektes Verhalten verzichtet, halt so wie man es dort für den Extremfall gelernt hat.

Eine interessante sozialkritische Aussage bleibt das ganze dennoch. Teil 4 von Romero scheiterte in diesem Punkt völlig, obwohl die drei Vorgänger gerade darin ihren Trumpf hatten. Die 28-Reihe folgt der Grundlage der sozialkritischen Erzählweise dieser ursprünglichen Trilogie lobenswerter Weise, obwohl das moderne Kino kaum noch darauf ausgerichtet ist. Und die 28-Reihe führt die im Ansatz bei Romeros Reihe genannten Punkte weiter, man bleibt also nicht auf der selben kritischen Stelle sitzen. Das macht die 28-Filme zu dem, was man sich eigentlich von Romeros Teil 4 erhofft hatte.

„28 Weeks Later“ baut mit der Anwesenheit des amerikanischen Militärs ein aktuelles Thema ein, das in vielschichtiger Art ebenso zum Diskutieren anregt, wie seinerzeit die Thematik eines „Zombie“. Das gibt dem Film, trotz vieler logischer Ärgernisse, ein gewisses Niveau.

Und dies ist das unglaubliche an dem Film: Wie kann es sein, dass ein Thema derart richtig angegangen wird, und sich gleichzeitig so grobe Idiotien ins Drehbuch einschleichen konnten? Waren Themengeber und Drehbuchschreiber getrennte Personen? Und durfte der Themengeber, wenn es so war, das fertige Drehbuch nicht kritisch durchlesen, bevor es verfilmt wurde? Ich wüsste zu gerne die Antwort darauf, denn diese unausgegorene Umsetzung ist für mich unbegreiflich.

Da stehen sie sich nun gegenüber: tapfere, moderne und intelligente Kritik und Punkte, die blödsinniger kaum sein könnten. Stände diese Tatsache für sich allein, wäre das Ergebnis irgendwo im Mittelmaß einzustufen, aber es gibt da ja noch andere wichtige Bereiche, die beachtet werden müssen. Und als erstes wäre hier ganz klar der Spannungsbereich zu nennen.

„28 Weeks Later“ ist ein hochspannender Film geworden. Seine Stärke beweist er direkt in der ersten, recht langen Szene, die noch zu Zeiten des ersten Teils spielt. Sie ist nervenkitzelnd umgesetzt, und so wie es den weiteren Film auch über bleiben soll, hervorragend gefilmt. Schnitt, Kamera, Farbfilter, was auch immer, es stimmt. In einigen Szenen kann man über zu verwackelte Bilder klagen, in denen die Infizierten kaum erkennbar sind. Im Gegensatz zu einem „Resident Evil 2“ oder dem Steve Miner-Remake „Day Of The Dead“ wird allerdings nicht nur auf diese Art gearbeitet.

Spannend bleibt es natürlich auch nach der Eingangssequenz, auch wenn nun erst einmal die Story beginnen muss, und die Spannung dementsprechend pausiert. Nun mag es dem ein oder anderen negativ auffallen, dass die Story, Zielpublikum sei dank, diesmal aus der Sicht zweier junger Menschen erzählt wird. In Teil 1 gab es noch eine erwachsene Besetzung. Zum Szenario von Teil 2 passt diese Entscheidung allerdings wunderbar. Und die Zusatzthematik, einer natürlichen Abwehr gegen die Seuche, kann mit einem Kind als Wirt auch wesentlich effektiver nachgegangen werden.

Noch bevor es zum Ausbruch der Seuche kommt, wird es wieder spannend. Die Reise der zwei Kinder/Teens ins Ungewisse, sprich in die Gegend hinter der Absperrung, sorgt für ein Unwohlsein (erst wegen der bröckelnden Logik, später aus atmosphärischen Gründen), da man hinter jeder verrotteten Ecke einen möglichen überlebten Infizierten erwartet. Irgendwann kommt es schließlich zum unvermeidlichen Ausbruch, und da mischen sich nun Action und Spannung, werden zu einem gut eingespielten Team, und je nach Nutzen gönnt sich die Action hin und wieder eine Pause und überlasst der Spannung den Hauptteil der Arbeit.

Ein solcher Moment ist beispielsweise die Szene, in der man in den düsteren U-Bahnschacht hinabsteigt. Die Raffinesse dieser Sequenz liegt mitunter darin einige Szenen durch ein Nachtsichtgerät gezeigt zu bekommen, das an der Waffe eines Soldaten befestigt war. In der vollkommenen Dunkelheit kann man nun über dieses Gerät die Leichenberge sichten, über die unsere Helden auf ihrer Flucht drüber steigen müssen. Es ist immer die Gefahr im Nacken, mit dieser Art der Optik einen Infizierten zu spät zu sehen und das beste: Nur einer der Beteiligten hat ein solches Nachtsichtgerät und muss den Rest der Gruppe durch das vollkommene Schwarz lotsen. Das ist unglaublich spannend.

Das beste Beispiel für eine gelungene Szene, in der Action und Spannung toll zusammenarbeiten, ist die Autofahrt quer durch die Stadt, in der immer mehr Straßen giftgasgesäubert werden. Da heizt das Auto nun herum, sucht immer wieder Straßen, die noch nicht befallen sind, um irgendwann aussichtslos natürlich dennoch in einer Giftgaswolke zu landen. Ja, da kann ich die Kritiker verstehen, welche die hier wieder aufkommenden Unlogiken ankreiden (z.B. das simple Tuch vor den Mund zum idealen Schutz, selbst beim Aussteigen aus dem Auto), aber ich fand diese Szene so unglaublich spannend, dass ich da gerne mal auf Logik verzichtet habe.

Ja, und so sieht es nun mit „28 Weeks Later“ aus. Eine Empfehlung kann man aus all den hier beschriebenen Fakten nicht aussprechen. Selten standen sich logische Ärgernisse und spannendes/intelligentes Kino in einem einzigen Film so nah gegenüber wie hier. Es muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er die vielen positiven Elemente gut heißen kann, wenn doch so viel Idiotie herrscht. Zwar sind die unangenehmen Elemente deutlich in der Minderheit, kommen dafür aber leider in entscheidenden Punkten zum Vorschein, gerade in den Eckpfeilern, welche die Story tragen müssen.

Ich persönlich fühlte mich dennoch bestens unterhalten, eben weil die Pluspunkte nicht nur im Unterhaltungsbereich lagen, sondern auch in der gesellschaftskritischen Umsetzung einer Thematik, die man auch plumper, auf dem Niveau eines „I Am Legend“, hätte umsetzen können.  OFDb

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