05.02.2013

COLD PREY - EISKALTER TOD (2006)

Eine Gruppe junger Leute fährt zum Skifahren auf einen einsamen Berg. Während der rasanten Tour nach unten bricht sich einer von ihnen das Bein. Kein Handyempfang, keine Menschenseele, die nächste Stadt und das Auto sind zu weit entfernt um den Verletzten zu transportieren. Da entdeckt die Gruppe ein verlassenes, abgelegenes Hotel. Man beschließt die Nacht über dort zu bleiben und am nächsten Tag Hilfe zu holen. Was die Truppe nicht weiß: hier wohnt schon lange Zeit ein Psychopath der Touristen killt...

Bitte nicht stören – Gestörter am Werk...
 
Ein einsames Hotel in einer zugeschneiten Gegend und mittendrin ein Psychopath, wer denkt bei dieser Rezeptur nicht zuerst an „Shining“, Stanley Kubricks stark abgewandeltes Werk nach einem Roman von Stephen King? Dennoch, mit „Shining“ lässt sich „Cold Prey“ so gar nicht vergleichen, gehört er doch zu einer Gattung Film, die sich über mangelnde Beiträge nicht beklagen kann. Die Rede ist vom Slasher-Film, übernatürlich gestartet mit „Halloween“ und irgendwann zu einer Gattung des Horrorfilms geworden, in welcher die Killer meist menschlich sind. Braucht es da wirklich einen weiteren Beitrag zu diesem Sub-Genre? Natürlich nein, dennoch ist ein weiterer Vertreter in meinen Augen immer wieder gerne gesehen, erst recht wenn er sich so schön guckt wie „Cold Prey“.

Dass der Film norwegischer Herkunft ist, weckt bereits Interesse, zumal man dort auch tolle Örtlichkeiten im tiefen Schnee einfangen kann. Dass beides nicht zwingend zu einem guten Film führen muss, bewies die Zombie-Komödie „Dead Snow“. Diese war nur bedingt lustig, keine Spur spannend und mit öden Figuren bestückt. „Cold Prey“ ist auch nicht die Königsübung der Charaktervertiefung, aber zumindest wirken die Personen echt und griffig und nicht wie aus einem Werbevideo entlaufen.

In Punkto Spannung braucht man sich ebenfalls keine Sorgen machen. Da Regisseur Roar Uthaug jeden Funken Humor über Bord schmeißt und konsequent einen ernsten Film erzählen möchte, gibt es eine gute Grundlage für einen hohen Spannungsgehalt. Und Uthaug schafft es genau den zu erzeugen. Da mag die Hintergrundsituation zu dem Hotel noch so unsinnig und lückenhaft sein, dieses Meer an Unlogiken kann nicht verhindern, dass man einen der spannendsten Slasher der letzten Jahre serviert bekommt. Und das liegt an der eher klassischen Herangehensweise des Stoffes, die sich Neuerungen seit „Scream“ großteils verweigert.

Wir haben eine eher längere Einführungszeit, in der die Grundstimmung entstehen darf und somit einen späten ersten Psychokiller-Auftritt. Wir haben relativ wenig blutige Szenen, da man sich auf den Thrill der Story konzentrierte. Es gibt weder Sex- noch Erotikszenen, und das beste: auch der Spannungsaufbau kommt häufig unmodern daher. Da kommen keine möchtegernschockenden Hände von hinten, allgemein arbeitet man mit wenig Schocks.

Uthaug arbeitet zunächst viel mit dem unguten Gefühl, mit der Erwartung des Zuschauers und lässt diesen dabei auch öfter in Fallen tappen, in dem sich Gefahr als Irrtum entpuppt. In der Phase, in welcher der Zuschauer die ersten Opfer erleben darf, während die Protagonisten selbst noch ahnungslos sind, bleibt er erfrischend logisch im Handeln und Denken der Figuren. Unsinniges Verhalten kommt von realistischer Seite, und nicht erst die finale Heldin darf klug reagieren.
Die realistisch wirkende Clique macht viel daran aus, dass man sich gut in die unangenehme Situation hinein fühlen kann, die im Horrorfilm nun wirklich nicht neu zu nennen ist. Die Identifikation ist stark. Der simple Mörder wird in den Augen des Zuschauers zu einer starken Bedrohung. Der braucht diesmal auch keine ausgefallene Maske, läuft er durch den Schneegehalt in der Gegend doch ohnehin vermummt rum, und wirkt zusätzlich bedrohlich, da er ein Klotz von Kerl a la Jason ist.

In der sehr langen Schluss-Phase, in welcher nun wirklich jede Figur in die lebensbedrohliche Situation eingeweiht ist, bekommt der Film sein Spannungshoch. Und auch hier ist es schön den Stil des Regisseurs zu beobachten. Endlich wagt es mal wieder wer viel mit Stille zu arbeiten und die Musik erst im richtigen Augenblick einzuspielen. Außerdem ist es toll mitzuerleben, wie gesponnene Pläne sich zu retten aus guten Gründen wieder umgeworfen werden oder Veränderungen erfahren.
 
In diesem Punkt muss man den Drehbuchautor loben, der an anderer, bereits oben erwähnter Stelle, so großen Bockmist gebaut hat. Den baut er glücklicherweise nur im theoretischen Hintergrund. Alles was aktiv vor der Kamera passiert bleibt glaubwürdig, weswegen man das Manko so großzügig verzeihen kann. Warum sollte man auch nicht? Man bekommt einen packenden Film geboten, der einen endlich mal wieder mit den Opfern ehrlich mitfiebern lässt. Es herrscht wahrer Nervenkitzel, und der bleibt auch in der schön ungewöhnlichen Schlussphase bestehen, die einem das Ende zwar schon früh zuflüstert, aber dennoch als gelungen betrachtet werden kann.

Nicht nur in dieser Szene, auch in jeder anderen ist die Identifikation mit der Umgebung wichtiger Teil von Uthaugs Rezept. Die Schneelandschaft sieht nicht nur gut aus, sie wird in ihren verschiedenen Formen (den Gefahren, der Schönheit, der mit sich bringenden Probleme, dem Unwetter und der Kälte) inhaltlich ausgenutzt, ebenso wie es mit dem verlassenen Hotel geschieht, dessen Größe, Leere und sein ehemaliger Zweck phasenweise ebenso wichtig werden, wie der vergangene Luxus, seine Energieversorgung, Schäden und Tücken des langen Leerstehens. Man agiert nicht nur vor hübscher Kulisse, die Geschichte spielt regelrecht in ihr.

Was hier herrscht ist einfach Respekt vor den Zutaten. Hier wurde kein Film für die schnelle Mark gedreht, sondern ein Werk, dass gerne Teil der Gattung Slasher sein möchte, ein Produkt das zeigen möchte was Slasher noch kann, und das man diesen eher belächelten Zweig des Horrorfilms durchaus ernst nehmen kann, ja sogar muss, wenn man auf ein gutes Ergebnis aus ist. Eine solche Haltung erfreut den Fan ebenso wie den allgemeinen Filmfreund, dem nun nach langer Zeit auch mal wieder zu einem Psychokiller-Horror zu raten ist. Lediglich die Unsinnigkeiten um den Hintergrund des Hotels muss man ignorieren. Eigentlich schade, dass dieses letzte Manko enthalten ist.  OFDb

2 Kommentare:

  1. Den Film habe ich schon länger auf dem Radar. Nun wird er noch interessanter. Kennst du auch die Fortsetzungen?

    Und: wieviele Filme schaust du denn so am Tag? Ich habe deinen Feed erst seit ein paar Tagen abonniert und schon ungefähr 20 Kritiken von dir reinbekommen. Wahnsinn! :D

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    1. Jepp, kenne beide Fortsetzungen, unter "Filme A-Z" findest Du die Links zu den Besprechungen zu "Cold Prey 2" und "Cold Prey 3".

      Ich war jetzt eine Woche krank und habe tatsächlich mehr geguckt als sonst. Die Post-Flut hat damit allerdings wenig zu tun. Zur Zeit trage ich allerhand Besprechungen von meiner Homepage ein, die ich vor dem Blog betrieben habe. Über die Karnevalstage wirds nochmal einen Schwung alte Besprechungen geben, und wenn die letzten geschätzten 150 alten Reviews auf den Blog übertragen sind, gehts auch hier wieder wesentlich ruhiger zur Sache. Momentan ist halt noch eine Zeit der Umstrukturierung. Sorry, wenn es da zwischendurch durch die Post-Flut etwas unübersichtlich und zu viel des guten wird. :/

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