05.02.2020

THE VISIT (2015)

Ich freue mich immer, wenn das berüchtigte Found Footage-Verfahren in finanzstarken Projekten verwendet wird, so oft wie es von uninspirierten Schnellgeldmachern im Billigverfahren verwendet wird. Und noch mehr freue ich mich, wenn sich an dieses Gebiet, das meist eher von Debütanten zum Einstieg genutzt wird, erfahrene Regisseure heranwagen, so wie es George A. Romero mit "Diary of the Dead" versuchte, oder Renny Harlin mit "Devil's Pass". 2015 wagte sich auch M. Night Shyamalan an dieses pseudo-dokumentarische, pseudo-selbstgedrehte Prinzip, und damit stieß ein Mann hinzu, der ähnlich wie das Found Footage-Verfahren selbst, bei Cineasten sehr umstritten ist. Ich persönlich gucke gerne rein, wenn sein Name drauf steht, war auch nicht über alles erfreut, was er bei allen Aufs und Abs so ablieferte, meist waren die Ergebnisse jedoch positiver Natur, so dass ich erst einmal guter Dinge an "The Visit" heran ging. Immerhin waren Shyamalans maue Werke, wie "The Village - Das Dorf", oder "Das Mädchen aus dem Wasser", schon einige Jahre her und sollte dem mir bis gestern unbekannten "The Visit" doch ein Jahr später eine solch wundervolle Perle wie "Split" folgen, die es fast schaffte an Shyamalans große Werke "The Sixth Sense" und "Unbreakable" heranzukommen.

Leider hat mir das Ergebnis von "The Visit" nicht wirklich gefallen. Die FSK 12 verrät es bereits: der Film ist nicht düster und unheimlich genug ausgefallen, wobei man freilich sagen muss, dass das ein 12jähriger ganz anders sehen wird. Der bekommt wahrscheinlich schlaflose Nächte. Nun ist "The Visit" aber nicht als Jugendfilm konzipiert, sonst ginge das schließlich in Ordnung, der Film soll auch Erwachsene bedienen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich aufgrund einiger weniger Szenen keinem Jugendlichen unter 15 Jahren diesen Horrorfilm zeigen würde, ein tolles Erlebnis für Erwachsene ist er nicht, obwohl durchaus Potential vorhanden war. Letztendlich orientiert sich Shyamalan leider mehr an lauten, ungewöhnlichen Verhaltensweisen der Großeltern, anstatt das schwer greifbare Gefühl des Unbehagens länger im Raum stehen zu lassen. Wo Subtilität und Unwissenheit getrumpft hätten, da kommt er mit vielen aufregenden oder schockierenden Entdeckungen daher, so dass der Zuschauer nicht ins Gruseln kommt. Der wird zwar neugierig, was es mit dem Geheimnis der beiden auf sich hat, selbst dann wenn man einen Teil der Auflösung längst erahnt, aber auch das lässt mit fortschreitender Laufzeit allmählich nach, wenn die Geschichte sich lange Zeit nur im Kreis bewegt.

Gerade aus dem Blickwinkel der Kinder heraus weiß es zu gefallen, dass die Kinder recht realistisch aus der Verhaltensposition solcher eingefangen werden. Was sich Becca und Tyler trauen, Schritt für Schritt bei ihren Nachforschungen, ist denkbar und nachvollziehbar. Dass sie unsympathisch und nervig charakterisiert sind, allen voran der stets rappende Über-Ego Tyler (der den Abspann unerträglich macht), nagt jedoch am Mitfiebern mit den beiden, so sehr ich mich auch in anderen Filmen darüber freue, wenn man jemand Unsympathisches als Identifikationsfigur vorgesetzt bekommt. Hier wäre es jedoch von Nöten gewesen, um der ganzen Recherche eine Art Sommerabenteuer a la "Stand By Me" oder "Summer of 84" zu bescheren. Mehr an solche Filme orientiert und bezogen darauf, dass "The Visit" ohnehin auch das Jugendpublikum ansprechen soll, wäre es toll gewesen, Shyamalan hätte den Mut gefunden, alles aus der irritierten Sicht von Kindern zu erzählen, die sich in etwas hinein steigern, das nicht vorhanden ist, einfach weil sie das Verhalten älterer Menschen nicht wirklich gegriffen bekommen. Doch anstatt diese reizvolle Variante zu wählen, wählte man am Schluss die uninteressanteste, von der ich jedoch behaupten muss, dass ich sie nicht habe kommen sehen, obwohl sie geradezu naheliegend ist. Wie man heraus liest: auch wenn ich enttäuscht war, so wurde ich doch trotzdem herzlich zum Mitraten eingeladen. Und dank einer professionellen Großeltern-Besetzung, die einen guten Teil des Filmes gestemmt bekommt, ist der an düsterer Atmosphäre mangelnde Möchtegern-Thriller zumindest kein Totalreinfall. Seine stärksten Momente besitzt "The Visit" immer dann, wenn er in recht kurzen Ansätzen "Paranormal Activity" kopiert.  OFDb

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