06.06.2020

GRETA (2018)

Vertrauen Fremden gegenüber zu schenken erwies sich gerade in den 90er Jahren mit Werken wie "Weiblich, ledig, jung sucht...", "Die Hand an der Wiege" und "Eine verhängnisvolle Affäre" als fataler, für den Zuschauer Thrill-geladener, Fehler. "Greta", von "Interview mit einem Vampir"-Regisseur Neil Joradan inszeniert, orientiert sich an diesen mittlerweile klassischen Bereich des Spannungskinos und präsentiert sich recht Old School orientiert umgesetzt. Mögen in der Jetzt-Zeit spielend auch moderne technische Möglichkeiten von den Protagonisten genutzt werden, "Greta" kommt ohne hektische Schnitte oder anderen modernen, inszenatorischen Firlefanz zu nutzen aus und besinnt sich hauptsächlich auf die zu erzählende Geschichte. Das klingt allein schon deswegen erfreulich, weil der Aufhänger mit der gefundenen Tasche und die erschreckende Masche, die darauf aufbaut, als Einstieg ins Geschehen und Beginn des Unbehagens tatsächlich gute Ideen sind, so konstruiert das Ganze auch anmuten mag. Zudem sind die weiblichen Hauptrollen mit Isabelle Huppert und Chloë Grace Moretz hervorragend besetzt, so dass man sich auf das Psycho-Duell der beiden talentierten Mimen regelrecht freut.

Nur leider nutzt die lobenswerte Konzentration auf das Drehbuch nur dann etwas, wenn man es mit einem guten zu tun hat. Das ist in "Greta" trotz zunächst guten Eindrucks nicht der Fall. So überrascht das Skript zunächst noch mit einer überraschend frühen Erkenntnis Frances' mit wem sie es zu tun hat, was dem Autor allerhand Möglichkeiten gegeben hätte, diesen Vorteil nun mit Innovationen und ungewöhnlichen Ideen zu nutzen. Stattdessen orientiert sich das Buch trotzdem weiter brav an den längst zum Standard gewordenen Vorbildern und präsentiert nichts anderes als das typische Szenario einer Unschuldigen in den Fängen einer geistig Abgedrifteten , angefangen mit dem Angst schürenden Psycho-Terror, schließlich klassisch endend in der Gefangenschaft des Aggressors. Auch in dieser Final-Phase bietet das Drehbuch keinen eigenständigen Touch und enttäuscht zudem mit einem Rettungsszenario, welches noch konstruierter wirkt, als vieles andere zu verkrampft Eingebrachte. Dieses ist nur einer von diversen Punkten, die "The Widow" (Alternativtitel) zu optimistisch und zu wenig bedrohlich ausfallen lassen. Leider ist Regisseur Neil Jordan immer nur so gut wie das Buch, das ihm vorliegt. Und somit ist, wie seinerzeit in "Zeit der Wölfe", aus einem reizvollen Stoff, trotz gelungener Optik, aufgrund einer wenig überzeugenden Print-Vorlage, lediglich ein mittelmäßiges Ergebnis geworden. Sich eigentlich an Erwachsene richtend, wird somit stattdessen ein Werk der jugendlichen Anhängerschaft um Jung-Star Moretz abgeliefert, welches aufgrund weniger Vergleichsstoffe weniger streng zuschauend Gefallen an dem innovationslosen Thriller finden wird.  OFDb

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen