11.10.2020

DAS GRAUEN KOMMT NACHTS (1972)

"Das Grauen kommt nachts" bietet zwar einige düstere Momente und manch nett anzusehende Kameraaufnahme, ein Werk mit stimmiger Atmosphäre ist "Mania"-Regisseur Renato Polselli jedoch nicht geglückt. Ich weiß wie der Film gemeint ist, er soll einen in seinen Sog des Wahnsinns hineinmanövrieren, und Polselli ist zudem dafür bekannt seine Filme experimentell anzugehen, aber mich hat das anfangs sogar recht reizvolle Treiben dieses Streifens, je mehr es sich seinem Ende näherte, immer mehr genervt. Am Ende herrscht nur noch Hysterie, den logischen Überblick haben nicht nur die Protagonisten vollends verloren, auch Regie und Buch wissen scheinbar nicht mehr wo hinten und vorne ist. Und da wirkt der vorgeschobene Wahnsinn wie eine Ausrede, als müsse der Film so undurchschaubar sein, wohingegen er mir eigentlich nur dümmlich vorkam. Das ist schade, denn wie erwähnt reizt der Beginn. "Delirium" (Alternativtitel) startet nach einem kurzen Stalken mit einer eiskalten, langgezogenen Tötungssequenz an einem Wasserfall, überrascht uns dabei zunächst mit seinem frühen Präsentieren des Täters, neckt uns und die Polizei daraufhin auf "Das schwarze Museum"-Art, indem dieser Täter dem Zuschauer als Gehilfe der Polizei dargeboten wird, und verwirrt uns schließlich, wenn plötzlich ein Mord geschieht, den unser impotenter Psychopath nicht begehen konnte. Die Motivation des Mörders zu tun was er tut ist plumpste Psychologie, wie so oft in italienischen Thrillern dieser Zeit, der Clou dass er seine eigene Frau hingegen nicht töten kann und emotional an ihr gebunden ist, weiß jedoch zu gefallen. Ebenso das extrem unterwürfige Gefühlsleben dieser, die selbst dann bei ihrem Ehemann bleiben will, wenn sie überraschend erfährt, was dieser nachts gerne treibt. 

Das sind alles Grundlagen, die einen reizvollen Leckerbissen hervorbringen könnten, auch in der laienhaft dargebotenen Form, mit welcher die Darsteller hier leider billig agieren. Doch leider erntet Polselli daraus nur ein Wirrwarr der Widersprüche und unsinnigen Verhaltensweisen (gerade auch im Denken der Polizei). Und dass auch dem weniger aufmerksamen Zuschauer aus Ermangelung an weiteren Möglichkeiten sofort klar ist, wer die anderen Morde begeht, wohingegen der Film bis kurz vor Schluss ein großes Rätsel daraus strickt, hilft "Crime" (Alternativtitel) auch nicht gerade dabei interessanter zu werden. Aus einer halbwegs stimmigen Chose wird ein immer unsinnigerer Film. Die mittelmäßige Musikuntermalung bekommt die besseren Momente stimmig ergänzt, versagt aber, wenn die Szenen, die sie begleitet, ihre Tragkraft verlieren. Und am Ende herrscht wie bereits erwähnt nur noch Hysterie, Gebrüll und Wahnsinn, mit einem Touch lesbischer Liebe, so dass sich nur noch das Publikum geistloser, reißerischer Thriller der düsteren Kriminalfilm-Art die Finger lecken kann. Toll ist es selbstverständlich für jene, die in dem Sog aus Wahn aufgehen können, die bekommen dann sogar mehr als nur den reißerischen Effekt geboten. Aber dieser vom Regisseur geradezu bemühte, verzweifelte Kniff, wollte bei mir nicht greifen. Es wäre schön gewesen, Polselli hätte alternativ, für ein Publikum wie mich, noch andere Trümpfe außer diesem im Ärmel gehabt.  OFDb

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