19.09.2021

BAD HAIR (2020)

Wenn es in einem Horrorfilm um Haare geht, denkt man zunächst an japanische Genre-Beiträge wie "The Grudge", wo das monströs schnelle Wachsen von Haaren ein kulturell bedingtes Stilmittel des Grusels ist. Der in den USA entstandene "Bad Hair" handelt jedoch von einer Transplantation, wie in jenen Filmen, die mit "Orlacs Hände" ihren Anfang nahmen und später Werke wie "Die Hand" und "Body Parts" hervor brachten. Motivation des neuen Haaransatzes ist aber nicht wie meist dort ein Notfall, sondern die Eitelkeit. Diese als Motor ins unheimliche Unglück macht die Protagonistin nicht zum vordergründigen Bösewicht, wie jene Hauptfiguren aus "Comtesse des Grauens" und "The Rejuvenator". Maxine bleibt Opfer, jemand der versucht gegen das mörderische Eigenleben des Fremdkörpers vorzugehen, zunächst einfach um es loszuwerden und keine weiteren Todesfälle mitzuverantworten, später auch um das eigene Überleben zu sichern, denn die auf einen Hexenfluch basierende haarige Sache droht ihre Persönlichkeit irgendwann gänzlich zu verschlingen, bis nur noch die alles verursachende Hexe im eroberten Körper lebt und nicht mehr Maxine selbst. Mit diesem inhaltlichen Wandel und dem Kampf gegen eine in diesem Punkt bereits erfolgreiche Hexe verliert der Streifen von "Dear White People"-Regisseur Justin Simien im letzten Drittel ein wenig von seinem Reiz, ohne tatsächlich abzustürzen. Aber alles vorher Präsentierte bot im Vergleich etwas mehr Unterhaltungswert. 

Selbst in den frühen 80er Jahren spielend thematisiert der Film zuvor satirisch verschmitzt den Wandel der experimentell kreativen 70er Jahre zum Mainstream der 80er Jahre und kümmert sich somit zunächst um eine personen- und handlungsbezogene Grundlage auf welcher der Horroraspekt später aufbauen kann. Dies ist in jener Ruhe erzählt, welche auch das thematisierte Jahrzehnt seinen Horrorbeiträgen gönnte, eine Vorgehensweise die meiner Meinung nach gerne als Vorbild heutiger Filmschaffender dienen könnte, so gut wie es tut mal wieder einen solch besonnen erzählten Horrorbeitrag zu sichten, der sich nicht einzig auf seine Schauwerte konzentriert. "Bad Hair - Waschen, schneiden, töten" (Alternativtitel) bleibt freilich dennoch Fast Food ohne tatsächlichen Tiefgang, so wie es im besagten Jahrzehnt auch Werke wie "Das Gehirn" trotz Satiregehalt angingen. Im Vergleich zu sich heute oftmals viel zu leer und steril anfühlende Produktionen reicht besagter Mehrgehalt jedoch bereits aus, zumal der hier besprochene Streifen das typisch verschmitzte Geisterbahn-Feeling der Videoproduktionen der VHS-Zeit ausstrahlt, welche die Trivialprodukte dieser Dekade oft besaßen. Bierernst sieht also anders aus, so wie heute gedreht hätte "Bad Hair" jedoch damals nicht in den biederen USA ausfallen können, spätestens wenn die nach Blut lechzenden Monsterhaare die Protagonistin im Intimbereich aussaugen, wenn diese ihre Menstruation bekommt. Derartige Provokationen häufen sich glücklicher Weise nicht zu sehr, so dass der geringe Anteil zum Mehrwert wird. Und da die Spezialeffekte so simpel geglückt sind wie der Rest dieses charmanten Streifens, sei dem Retrofreund des Genres zu "Bad Hair" geraten, während die Fans harter Horrorkost besser Ausschau nach anderen Produkten halten sollten.  OFDb

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen