19.09.2021

RED SCREENING (2020)

Die aus Uruguay stammende Produktion "Red Screening - Blutige Vorstellung" (Alternativtitel) orientiert sich mit seiner Psychokiller-Geschichte trotz zeitlich und räumlich eingeschränktem Radius weniger an die Slasher a la "Halloween", als vielmehr an deren Vorgänger, aus denen sie wuchsen, die italienischen Giallos. Dementsprechend italienisch kommt das Ergebnis herüber, optisch und inszenatorisch deutlich an Dario Argento orientiert, egal ob es die drastischen Gewalteinlagen betrifft, oder die auffällige Farbsetzung. Ebenso wie in dessen Produktion "Dance of the Demons", die unter der Regie von Lamberto Bava ebenfalls in einem Kino spielte, erleben wir auch hier im Hintergrund einen eigens für den Film gedrehten Film. In beiden Fällen wird augenzwinkernd mit den Klischees des Horrorfilms gespielt, hier anhand einer angeblichen Frankenstein-Verfilmung. Da mehr als die Hälfte des Streifens während besagter Vorstellung spielt, wurde dementsprechend viel Material benötigt, was mal leise im Hintergrund vor sich her läuft, uns des öfteren aber auch in Großaufnahme vor die Nase gesetzt wird. Zusammen mit einem anderen Fake-Film über Dinosaurier hängt im Kino zudem ein Plakat zu diesem nicht existierenden Werk, während ansonsten von Blockbustern wie einem der "Indiana Jones"-Filme, bishin zu kleinen Geheim-Tipps wie "Das todbringende Ungeheuer" Poster von tatsächlich existierenden Filmen dort verteilt sind, selbstverständlich auch von einem Argento-Film, "Opera". 

Während Werke wie "Masks" und "Tulpa", ja selbst der eigentlich okay ausgefallene "Francesca", zu bemüht versuchen den Charme eines klassischen Giallos in der Moderne einzufangen, da gelingt es Maximiliano Contenti, der vor seinem hier besprochenen Langfilm-Debüt lediglich den Kurzfilm "Fruit Stairs" inszenierte, ganz gut jene benötigte düstere Atmosphäre über die Ereignisse zu legen, welche den Bereich des 70er Jahre Giallos, wie er stilistisch in Deutschland unter dem Begriff verstanden wurde, zu einer solch sehenswerten Filmgattung machte. Zwar vernachlässigt er aufgrund des Minimalismus seiner Geschichte den Detektivspiel-Aspekt, den meist Privatpersonen in Konkurrenz zur weniger im Vordergrund aktiven Polizei nachgehen, und eine persönliche Verbundenheit der Hauptfigur zu den Ereignissen oder wahlweise eine psychologische Erklärung der morbiden Taten bietet "Al morir la matinée" (Originaltitel) im Gegensatz zum typischen Giallo ebenso wenig (hier merkt man dann doch die Verwandtschaft zu den amerikanischen Slashern), aber die künstlerisch entscheidenden Faktoren enthält der Streifen sehr wohl, und dies nicht als Nerd-Fan-Versuch per Nachahmung, sondern indem er seinen eigenen Stil findet. Innovativ sieht anders aus, aber "Red Screening" zelebriert seinen Minimalismus mit genügend Abwechslung und interessanter privater Situationen der Anwesenden, so dass er sich zu keinem Zeitpunkt zäh oder zu bemüht schaut. Wenn der Killer tätig wird, beherrscht Contenti sowohl den von Gorehounds geliebten brutalen Bereich, der manch schockende Momente auch für Alteingesessene des Genres bereit hält, als auch einen funktionierenden Spannungsbogen, eingebettet in entsprechend gut funktionierender Musikuntermalung.

Der Killer selbst darf anonym, manches Mal sogar einen Deu Phantom-artig, agieren, schweigt großteils, spricht leider ein einziges Mal dann doch, was man meiner Meinung nach hätte streichen sollen, und verliert selbst dann nicht seine unheimliche Wirkung, wenn er im letzten Drittel als Unbekannter enttarnt wird, und somit seine Mimik zu sehen ist. Vielleicht ist er etwas arg auf Psychopath getrimmt und Contenti setzt nicht gerade subtil auf reißerischen Ekel, wenn wir erfahren warum der Killer dies alles tut, aber auch dies funktioniert. Der Ekel greift, auch eine solche Szene erfüllt was dem Regisseur vorschwebte. Ein Schlussbild, in welches sich die Geburt eines neuen Irren deuten lässt, entlässt uns aus einem angenehm erzählten Horrorstreifen für Erwachsene, ein sich rot färbender Abspann in stimmiger Musik lässt optisch toll eingefangen die Kamera langsam über eine Popkornmaschine wandern, so dass auch hier eine stilsichere Vorgehensweise bemerkbar ist. Zum großen Ereignis fehlt "The Last Matinee" (Alternativtitel) das besondere Etwas, einfach die nötige Innovation, zumal seine Heldin trotz guter Besetzung und lobenswert zurückhaltender Art zu oberflächlich charakterisiert bleibt, aber für einen stimmigen Horrorfilmabend taugt der Streifen sehr wohl, eben weil er sich trotz klassischer Herangehensweise nicht einzig Retro guckt, sondern handwerklich geglückt ist, den Zuschauer nicht in Watte packt und in der nötigen Ruhe erzählt ist.  OFDb

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