Lincoln fristet sein Dasein wie alle Menschen in einem Komplex unter
der Erde. Die Oberfläche des Planeten ist unbenutzbar. Es gibt jedoch
eine Insel, auf der man leben kann, ein jeder möchte hin, und ein
Gewinnspiel entscheidet darüber wer darf. In dieser unterirdischen Welt,
in der alles von oben kontrolliert wird, scheint alles zum höheren
Zweck perfekt geregelt. Doch Lincoln kommt hinter eine Lüge. Das
Gewinnspiel steht für etwas schockierend anderes...
Das Entdecken einer Wahrheit...
"Die Insel" schafft es philosophische und gesellschaftskritische Elemente mit dem Bereich des Actionfilms zu vereinen. Dies wirkt nicht, wie in anderen Besprechungen oft erwähnt, unausgegoren, läuft aber auch nicht wirklich parallel nebeneinander her. Die eine Hälfte des Films setzt verstärkt auf das eine, die andere Hälfte auf das andere. Dies funktioniert, bedeutet aber auch, dass von beidem bedingt weniger vorhanden ist, als in üblichen Filmen jeweiliger Art. Fans von Action und Freunde vom Anspruchsvollem könnten also enttäuscht werden. Zu letzterem muss man aber ohnehin erwähnen, dass „Die Insel“ in erster Linie Popkornunterhaltung sein soll. Und für einen solchen Film ist der Gehalt an tiefsinnigen Themen stark vorhanden. Erst recht wenn man bedenkt wer hier Regie führte.
Die Besetzung kann man als gelungen bezeichnen, höchstens der Quotenschwarze in Form des Jägers ist mittelprächtig besetzt, ist aber ohnehin die eher uninteressanteste, da zu aufgesetzteste Rolle. Der Film selbst ist Kurzweile pur und hält einem, ähnlich wie „Gladiator“, stets den Spiegel unserer Zeit vor, obwohl es in der Geschichte selbst ja um eine andere Zeit geht. In "Die Insel" wird diese Erzählform recht deutlich, wenn z.B. der Firmenchef erwähnt, dass die Ahnungslosen ihre Videospiele und Comics vorgesetzt bekommen, damit sie abgelenkt sind und nicht wissen wofür sie wirklich da sind. Mit Hirn aus guckt man über derartige Sätze hinweg, wer weiß wo heutzutage der Hase lang läuft, erkennt deutliche Kritik an der heutigen Spaßgesellschaft.
"Die Insel" erfindet das Genre nicht nur nicht neu, er bedient sich auch freudig an vielen Filmen seines und verwandter Genres. Ähnlich wie "Matrix" klaut er aber recht gut, so dass er dennoch ein gewisses Niveau halten kann. Ganz klar erkennbar sind Anlehnungen an "Blade Runner" und "Ghost In The Shell" wenn es um die Rechte eines Nichtmenschen geht. Durch das Thema Klonen sind Cyborgs für den Filmbereich relativ uninteressant geworden, und so wechselt nur der Klient, nicht aber das philosophische Thema: Wo fängt Menschsein an, und wo hört es auf?
Die brav gehaltene Gesellschaft in einem eingeschlossenen Komplex, die von den Obrigen angelogen wird ist bei "Flucht ins 23. Jahrhundert" abgeguckt. Die persönlichen Einschränkungen, die unsere Protagonisten erleben dürfen, erinnern stark an "1984", die Bravheit an der das ganze sittlich angelegt ist an "Demolition Man" und die Genetik als Überwachungsinstrument des Volkes an "Gattaca".
Wenn zur 2. Hälfte hin die Action losgeht, erinnert die Art der Verfolgung und der Verfolgten stark an "Der Staatsfeind Nummer 1". Das Simulationsspiel in der scheinbar heilen Welt erinnert an ähnliche Spiele aus "Futureworld", zudem erkennt man hier auch klare Parallelen, wenn das Double sein Original trifft, im Vergleich mit "Futureworld" werden die gute und die böse Seite hierbei allerdings vertauscht. Ähnliches sah man zudem in "The 6th Day" und in den "Body Snatchers"-Verfilmungen, die wiederum ein Plagiat von "Puppet Masters" waren.
Der Hintergrund der Lüge erinnert an "Coma", die Art der Lagerung an einen Mix aus "Coma" und "Matrix". Dass reiche Menschen in der Zukunft auf Kosten anderer Menschen länger Leben wollen, wurde schon im eher mäßigen "Freejack" thematisiert. Sprüche a la "Ich habe Dich geschaffen" erinnern sicherlich nicht zufällig an "Frankenstein".
Da kommen schon viele Filme zusammen von denen man sich wie ein Kind im Süßigkeitenladen fleißig bedient hat. Aber auch wenn hier gut geklaut wird, so kann ein Film mit so wenig eigenem Einfluss auch nie zum wahren Cineasten-Tipp werden. Zudem stoßen gerade gewisse Dinge gegen Ende sauer auf. Aus unerfindlichen Gründen bekommt eine Figur Gewissensbisse, was nicht zur Charakterisierung und zur Situation passt, sondern lediglich Hollywood-typische Klischees wiederholt. Die Überprüfung ob man es am Ende mit einem Klon oder dem Original zu tun hat, findet am Armband statt und nicht mit der wesentlich sicheren Methode den Code am Arm zu überprüfen. Auch dass zur Verdeutlichung des Bösen mit Elementen aus der traurigen deutschen Vergangenheit gespielt wird, stößt in einem US-Film sauer auf, da man auch mit Elementen der ebenso bitteren Vergangenheit Amerikas hätte spielen können, anstatt selbstgerecht aufs Ausland zu verweisen.
Außerdem ist der Actiongehalt der zweiten Hälfte eine Spur zu wuchtig ausgefallen, wenn man das Niveau der ersten Hälfte beachtet. Das wirkt nicht wirklich uneins, dafür aber arg unnötig und bremst somit leicht das Sehvergnügen.
Inhaltlich gibt es nicht erst gegen Ende anfechtbare Inhalte:
- Ein Konzern mit seinem unschätzbaren Wissen will nur Geld auf die ehrliche Weise verdienen, trotz seiner gesetzlosen Art? Was ist mit den Möglichkeiten Klone als Sklaven oder Sexobjekte an das Ausland zu verkaufen? Was ist mit der Idee aus "Futureworld" hohe Tiere der Gesellschaft durch Double auszutauschen, um noch mehr Macht zu erlangen? Es ist kaum zu glauben dass ein derartiger Konzern nicht zumindest über derartige Themengebiete nachdenken würde
- Die Klone kommen sehr schnell mit der Wahrheit zurecht. Sie können trotz der eigentlich umwerfenden und verzweifelten Situation mit freiem Kopf denken und handeln und bleiben auch Emotional im grünen Bereich. Eine Verwirrung der Sinne und des Gemüts hätten für zusätzliche Schwierigkeiten und somit für reizvollere Komplikationen in der Geschichte führen können.
- Mal wissen die Klone über etwas Bescheid, was sie eigentlich nicht wissen dürften, und manchmal wieder nicht. Dies wird immer so angewendet, wie es Bay gerade passt.
- Dass der Posten des überwachenden Psychiaters auch gleichzeitig der des obersten Firmenchefs ist, ist ebenfalls unglaubwürdig. Ebenso die Idee, dass der Wohnkomplex der Produkte direkt neben den wissenschaftlichen und produktiven Anlagen angesiedelt wurde und dabei noch nicht einmal räumlich richtig abgegrenzt wurde, sprich in verschiedenen Gebäuden getrennt. Außerdem wissen selbst die kleinsten Mitarbeiter über zu viel Bescheid. Das ist auch nicht wirklich glaubhaft
- Wie es der Durchschnitts-Ami gerne mag sind Gut und Böse sehr überzeichnet und schwarzweiß gehalten. Entweder ist eine Rolle das eine oder das andere. Und der Versuch mit dem Jäger beides in eine Figur zu integrieren, ist nur billigster Pathos und geheuchelte politische Korrektheit, die ohnehin immer sehr fragwürdig ist
- Wenn Sex verboten ist bzw. verhindert wird und auch Frauen als lebender Organhandel fungieren, wie zum Teufel konnte der Klon einer Kundin dann schwanger werden, damit sie selbst nicht die Schmerzen der Geburt durchleben muss? Möglichkeiten wären gegeben, genannt wird keine.
Dass nicht nur der Konzern fragwürdig ist, sondern auch die Regierung, wird leider kaum ins Auge gefasst. Wenn es ein Gesetz gibt, welches erlaubt geklonte Körper im Koma zu halten um diese auszuschlachten, so ist da doch etwas ethisch unkorrektes erkennbar. Da dieses besagte Gesetz gleichzeitig aber auch verbietet jene Klone richtig leben zu lassen, hat man leider die Möglichkeit eines bösen Endes verschenkt. Man hätte die Klone befreien können, sie hätten in die Freiheit hinauslaufen können, und nun hätte man z.B. Hubschrauber auftauchen lassen können, die diese vernichten. Denn das Gesetz besagt, dass die nun befreiten Menschen illegale Produkte sind, und diese müssen sicher vernichtet werden. Für eine derartige Regierung sind dies keine lebenswerten Objekte, und mit Sicherheit hat man auch bereits in der nahen Zukunft mit Problemen der Überbevölkerung und der damit verbundenen Ernährungs- und Ansiedlungsproblemen zu kämpfen. Die Vernichtung der Befreiten wäre ein hervorragender, schwarzhumoriger und zum denken anregender Schlussgag gewesen.
Im Endeffekt ist „Die Insel“ trotz solcher Mankos und für einen so ungewöhnlichen Mix recht gut ausgefallen, so dass man großzügig über die Kritikpunkte hinweg gucken kann. Wenn ich aber bedenke wie sehr hier die Gesellschaft von heute kritisiert wird und wie oft dies auch in anderen Filmen versteckt getan wird („Gladiator“, „Matrix“, „Donnie Darko“, und endlos könnte die Liste weiter gehen), frage ich mich wann endlich ein Filmschaffender den Mut besitzen mag nicht mehr um den heißen Brei herumzureden und mal ganz offen wagt vom Faschismus heutiger Zeiten zu berichten, ohne dabei in Fiktionen abzudriften.
Aber was soll's! Michael Bays „Die Insel" ist ein unterhaltsamer Film mit mehr Tiefe als man vermuten würde und (etwas zu) viel Action. Das Reinschalten unvoreingenommener Cineasten lohnt in jedem Fall. OFDb
- Die Klone kommen sehr schnell mit der Wahrheit zurecht. Sie können trotz der eigentlich umwerfenden und verzweifelten Situation mit freiem Kopf denken und handeln und bleiben auch Emotional im grünen Bereich. Eine Verwirrung der Sinne und des Gemüts hätten für zusätzliche Schwierigkeiten und somit für reizvollere Komplikationen in der Geschichte führen können.
- Mal wissen die Klone über etwas Bescheid, was sie eigentlich nicht wissen dürften, und manchmal wieder nicht. Dies wird immer so angewendet, wie es Bay gerade passt.
- Dass der Posten des überwachenden Psychiaters auch gleichzeitig der des obersten Firmenchefs ist, ist ebenfalls unglaubwürdig. Ebenso die Idee, dass der Wohnkomplex der Produkte direkt neben den wissenschaftlichen und produktiven Anlagen angesiedelt wurde und dabei noch nicht einmal räumlich richtig abgegrenzt wurde, sprich in verschiedenen Gebäuden getrennt. Außerdem wissen selbst die kleinsten Mitarbeiter über zu viel Bescheid. Das ist auch nicht wirklich glaubhaft
- Wie es der Durchschnitts-Ami gerne mag sind Gut und Böse sehr überzeichnet und schwarzweiß gehalten. Entweder ist eine Rolle das eine oder das andere. Und der Versuch mit dem Jäger beides in eine Figur zu integrieren, ist nur billigster Pathos und geheuchelte politische Korrektheit, die ohnehin immer sehr fragwürdig ist
- Wenn Sex verboten ist bzw. verhindert wird und auch Frauen als lebender Organhandel fungieren, wie zum Teufel konnte der Klon einer Kundin dann schwanger werden, damit sie selbst nicht die Schmerzen der Geburt durchleben muss? Möglichkeiten wären gegeben, genannt wird keine.
Dass nicht nur der Konzern fragwürdig ist, sondern auch die Regierung, wird leider kaum ins Auge gefasst. Wenn es ein Gesetz gibt, welches erlaubt geklonte Körper im Koma zu halten um diese auszuschlachten, so ist da doch etwas ethisch unkorrektes erkennbar. Da dieses besagte Gesetz gleichzeitig aber auch verbietet jene Klone richtig leben zu lassen, hat man leider die Möglichkeit eines bösen Endes verschenkt. Man hätte die Klone befreien können, sie hätten in die Freiheit hinauslaufen können, und nun hätte man z.B. Hubschrauber auftauchen lassen können, die diese vernichten. Denn das Gesetz besagt, dass die nun befreiten Menschen illegale Produkte sind, und diese müssen sicher vernichtet werden. Für eine derartige Regierung sind dies keine lebenswerten Objekte, und mit Sicherheit hat man auch bereits in der nahen Zukunft mit Problemen der Überbevölkerung und der damit verbundenen Ernährungs- und Ansiedlungsproblemen zu kämpfen. Die Vernichtung der Befreiten wäre ein hervorragender, schwarzhumoriger und zum denken anregender Schlussgag gewesen.
Im Endeffekt ist „Die Insel“ trotz solcher Mankos und für einen so ungewöhnlichen Mix recht gut ausgefallen, so dass man großzügig über die Kritikpunkte hinweg gucken kann. Wenn ich aber bedenke wie sehr hier die Gesellschaft von heute kritisiert wird und wie oft dies auch in anderen Filmen versteckt getan wird („Gladiator“, „Matrix“, „Donnie Darko“, und endlos könnte die Liste weiter gehen), frage ich mich wann endlich ein Filmschaffender den Mut besitzen mag nicht mehr um den heißen Brei herumzureden und mal ganz offen wagt vom Faschismus heutiger Zeiten zu berichten, ohne dabei in Fiktionen abzudriften.
Aber was soll's! Michael Bays „Die Insel" ist ein unterhaltsamer Film mit mehr Tiefe als man vermuten würde und (etwas zu) viel Action. Das Reinschalten unvoreingenommener Cineasten lohnt in jedem Fall. OFDb