Der vierte Teil der „Mad Max“-Reihe ist tatsächlich so wie man vielerorts liest kurzweilig ausgefallen. Er bietet so einiges fürs Auge, seien es hervorragende Fotografien, irrwitzige bis groteske Ideen oder wilde Actionszenen in Dauerschleife - ein Zustand der ihn auch zum Langeweiler hätte machen können. Dank einer rasanten Inszenierung kommt es erstaunlicher Weise dazu nie. „Mad Max 4 - Fury Road“ bleibt tatsächlich immer interessant und bietet immer wieder neue Schauwerte. Die Geschichte selbst ist lediglich ein dünner roter Faden, und das bisschen vorhandener Handlungsablauf ist, wie in einer Großproduktion nicht anders zu erwarten, auch ziemlich vorhersehbar und überraschungsfrei ausgefallen. Dem Sehwert tut das jedoch keinen Abbruch, ist die dritte Fortsetzung aus der Feder des Regisseurs George Miller doch Adrenalin pur.
Dass sich Teil 4 aufgrund der vielen Jahre zwischen der ursprünglichen Trilogie und aufgrund des viel zu aufgeblasenen Budgets optisch nicht wirklich kompatibel mit dem Rest der Reihe guckt, ist ein Manko über das man hinwegsehen kann, da beide Aspekte dem Film Vorteile bescheren, Letztgenanntes gar Möglichkeiten, die in den Vorgängern nicht umsetzbar gewesen wären. Meckern sollte man gerade mit Blick auf Teil 3 ohnehin nicht, badete dieser doch mitten in der Mode der 80er Jahre und fiel damit nicht so zeitlos aus wie die beiden Vorgänger. Wie könnte man Teil 4 da die Moderne ankreiden ohne selbiges nicht auch „Mad Max 3 - Jenseits der Donnerkuppel“ vorzuwerfen?
Dass der vierte Ausflug in die anarchistische Zukunft für mich trotzdem nicht mehr als die nette, kleine Unterhaltung für zwischendurch geworden ist, liegt an den undurchdachten Elementen des Streifens. So ist Max mit Tom Hardy in der Hauptrolle viel zu bübchenhaft besetzt, als dass man seine bemüht geplagte Fresse ernst nehmen könnte. Miller versucht das mit ordentlich Staub und Dreck im Gesicht zu vertuschen, aber es fällt noch immer auf, dass sich hinter all dem Dreck ein Gesicht verbirgt, dass wohlbehütet wirkt und nie durch die Hölle der ersten drei Teile gehen musste.
Das mag man inmitten der gelungenen Dauer-Action noch verzeihen können, aber warum Max so jung gecastet wurde ergibt innerhalb der Geschichte keinen Sinn. Es muss ewig gedauert haben das Imperium in solcher Größe und mit solch geradezu religiöser Gefolgschaft, welche den Anführer für eine Art Gott auf Erden hält, errichtet zu haben. Dementsprechend müsste Max längst wesentlich älter sein als es uns der Film weiß machen will. Und im Zuge dessen, dass der Film wesentlich später spielen müsste als behauptet, fragt man sich doch warum es im Gegensatz zu den Vorgängern so viel mehr Ressourcen an Benzin gibt. Und warum funktioniert die Munition noch nach all den Jahren in einer Welt in welcher man nicht die Möglichkeiten hat neue herzustellen - vom Verschleiß von Maschinen und Waffen einmal ganz abgesehen, eine Thematik die ebenfalls unter den Teppich gekehrt wird. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern fehlt es Teil 4 an einem durchdachten Gesamtbild. Der Film reduziert sich dadurch von selbst zum reinen unterhaltsamen Effektefilm, und damit zu weniger als die anspruchsvolleren ersten Teile der Reihe.
Zudem muss mir mal wer erklären warum man in Australien plötzlich mit Autos fährt, die das Lenkrad auf der Seite amerikanischer Autos haben. Wieso fiel Miller solch ein Unsinn nicht auf, als sich die Amis in sein Projekt mit eingemischt haben? Wie soll man in dieser kaputten Zeit an so viele Autos von drüben gekommen sein, während australische kaum noch Verwendung finden? Auch hier beweist Miller, wenn auch mit einer pingeligen Kleinigkeit, dass das Umfeld der Geschichte keinen Deu bedacht wurde. Einzig die Richtigkeit von emotionalen Zusammenhängen und Auswirkungen der Crashs wurden bedacht. Ansonsten erhofft man ein Kopf ausgeschaltetes Berieselnlassen vom Zuschauer, der Weg mit dem sich „Mad Max 4“ wohl tatsächlich am besten gucken lässt, das gebe ich zu. Aber von der Fortsetzung solcher Klassiker habe ich mir eigentlich mehr Mühe erwartet, haben wir es bei Miller doch nicht mit einem Jungfilmer zu tun, der es aufgrund der modernen Hollywood-Politik nicht besser weiß.
So gibt sich „Mad Max - Fury Road“ vordergründig zwar als Detail-verliebt aus, ist es aber im eigentlichen Sinne, wenn man Gezeigtes hinterfragt, so gar nicht. Das ist schade, verwehrt es doch Teil 4 die Anwesenheit im Club der wahrlich großen Kinoereignisse, was aber für den reinen Unterhaltungswert nicht wirklich schlimm ist. Als etwas zu geistlos geratener Popkornfilm weiß er mit seinen tollen Bildern, der einfallsreichen Action, den herrlich grotesken Randerscheinungen (wie z.B. die E-Gitarre-spielenden Angebundenen) und dem Hauch Humor, den Miller immer wieder unterschwellig einzustreuen weiß, ohne dass er sich zu sehr aufdrängen würde, zu gefallen und ohne vorhandene Durststrecken zu unterhalten. Millers vierter Teil seiner Kult-Reihe ist ein Film im Rauschzustand, mit all den Stärken und Schwächen einer solchen Art Kinoerlebnis. OFDb
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