Jess Franco bedient sich mit „La comtesse perverse“ ungeniert am Horror-Klassiker „Graf Zaroff - Genie des Bösen“ und macht auch gar kein Geheimnis daraus, schließlich heißt die Baronesse, die wie ihr prominentes Vorbild ebenfalls auf einer Insel haust, ebenfalls Zaroff. Dass dem alten Schundfilmer kein schlichtes Remake vorschwebte, weiß man wenn man andere Werke von Franco kennt automatisch. Selbstverständlich reichert er die Geschichte mit allerhand Geschmacklosigkeiten an, und doch kann man nicht gerade behaupten mit diesem in Frankreich entstandenen Streifen ein typisches Werk des Mannes gesehen zu haben.
Hierfür folgt der Film viel zu sehr einem roten Faden, der nie aus den Augen verloren wird. Gerade wenn man solch besonders chaotisch zusammengeschusterten Filme wie „Jungfrau unter Kannibalen“ kennt, ist man erstaunt dass Franco das stringente Festhalten an einen über alles schwebenden Plot überhaupt beherrscht. Selbst noch halbwegs normal erzählte Werke wie „Die Säge des Todes“ und „Der Todesrächer von Soho“ werden noch immer von einer Orientierungslosigkeit begleitet, die mehr auf die Improvisationsfreude des Regisseurs zurückzuführen ist als auf eine Überforderung den Überblick zu behalten. Dennoch bin ich überzeugt dass auch Letztgenanntes im geringeren Maße ebenfalls eine Rolle spielt bei solch zerstreut wirkenden Werken wie sie Franco immer wieder heruntergekurbelt hat.
Zugegebener Maßen ist es im hier vorliegenden Film auch nicht all zu schwer den Gesamtüberblick zu behalten. Die Geschichte wird an wenigen Orten mit Hilfe ebenso weniger Personen erzählt, und da alle Nase lang ausgiebig herumgefummelt wird, bleibt von der Nettospielzeit am Ende nicht mehr viel übrig. „Die perverse Gräfin“ (Alternativtitel) ist mehr Sex- als Horrorfilm, und da sich Franco sehr intensiv auf die Nackedeiszenen konzentriert sollten auch wirklich nur Freunde des amourösen abseitigen Kinos reinschauen.
Selbst die werden nicht gerade einen Freudensprung machen wenn man eine gefühlte Ewigkeit einen unattraktiven Männerhintern in Großaufnahme vor die Nase gesetzt bekommt, aber zumindest sind die Damen im Gegenzug nicht so unerotisch gewählt wie später Francos Besetzung in „Lust für Frankenstein“, vorausgesetzt man kann etwas mit den Intimbüschen der 70er Jahre anfangen. Interessanter Weise ist „The Perverse Countess“ (Alternativtitel) auch nicht so langweilig ausgefallen wie der Nackedei-Frankenstein Film aus den 90er Jahren, und das liegt hauptsächlich an der geglückten Musikuntermalung, die mal ruhiger und mal experimenteller den Streifen stimmig zu untermalen weiß. Banale Szenen wirken durch sie wesentlich aufregender als sie in Wirklichkeit sind und suggerieren einen Spannungsbogen der eigentlich nicht vorhanden ist.
Erst 25 Minuten vor Schluss verzichtet Franco endlich komplett auf Sexszenen und lässt das abgewandelte Szenario von „Graf Zaroff“ endlich in der Nackedei-Version passieren. Im Gegensatz zum geglückteren „Naked Fear“ wird jedoch gar nicht versucht wirklich etwas aus der Idee herauszuholen. Das gejagte Opfer tüftelt keine Pläne aus. Sie läuft weg und versteckt sich, und die Gräfin jagt ihr hinterher, bis es zum unausweichlichem Ende kommt. Das ist alles nicht gerade aufregend erzählt, und einfallsreich schon mal gar nicht, allein schon weil viele begangene Handlungen für den Zuschauer nicht nachvollziehbar sind. Aber einen gewissen stimmig schundigen Grundton kann ich dem Streifen nicht absprechen, so dümmlich und plump er doch eigentlich umgesetzt ist.
Dennoch bin ich froh den hin und wieder auf leicht lustig getrimmten Film in der 73 Minuten-Fassung gesehen zu haben, denn unter dem Titel „Sexy Nature“ gibt es noch eine über 90 Minuten laufende Porno-Fassung, und die muss ich mir nun wirklich nicht antun. Bereits mit der von mir gesichteten Version beweist man genügend Geduld wenn man bis zum Ende durchhält. Von daher empfehle ich, wenn man „Les croqueuses“ (Originaltitel) überhaupt sichten möchte, die Fassung unter dem Titel „La comtesse perverse“.
Der Schundfilm-Fan des 70er Jahre Bahnhofs-Kinos wird sicherlich etwas damit anfangen können. Ich kann dem Film nur phasenweise etwas abgewinnen, muss somit aber auch zugeben ihn nicht wirklich komplett schlecht gefunden zu haben, kann aber auch nicht benennen was es nun wirklich ausgemacht hat, schließlich ist der fertige Film weder künstlerich interessant ausgefallen noch handwerklich gekonnt umgesetzt. Von einem Schmuddel-Geheim-Tipp ist er meiner Meinung nach also noch weit entfernt. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen