12.07.2016

JEFF, DER NOCH ZU HAUSE LEBT (2011)

Mit dem Titel „Jeff der noch zu Hause lebt“ habe ich eine völlig andere Thematik vermutet als mir präsentiert wurde, dachte ich doch die Geschichte eines noch bei seiner Mutter lebenden Mannes würde mir das bieten, was ich seinerzeit bei „Zum Ausziehen verführt“ vermisst habe und was mir mit „Fatso“, auch wenn dieser in einer eigenen Wohnung  lebte, für meinen Geschmack etwas zu radikal präsentiert wurde, auch wenn er meinen Erwartungen zu dem Thema am nächsten kam: ein Film zu dem heutzutage recht häufig vorkommenden Phänomens, dass Menschen im Erwachsenenalter sich der Reife verweigern und den Arsch nicht hochkriegen um ihr Leben zu leben und sich infantilen Beschäftigungen hingeben.

Das trifft zwar alles auf Jeff zu, aber alles zu diesem Thema bildet nur den Grundcharakter jenen Menschens, den wir nun durch eine völlig andere Geschichte begleiten dürfen, die sich mit der ewigen Frage danach ob es ein Schicksal gibt oder nicht beschäftigt. Dies fällt überraschender Weise frei von Kitsch aus, was sehr untypisch für dieses Thema ist. Zwar wirkt „Jeff, Who Lives at Home“ (Originaltitel) in seinem Handlungsablauf orientierungslos, aber genau darum geht es in der Komödie der Gebrüder Duplass, die keine Antwort auf die zentrale Frage geben und den Zuschauer selbst entscheiden lassen, ob das, an was er vor dem Bildschirm teilgenommen hat, nun unter Schicksal oder unter Zufall fällt.

Genau diese entspannte Haltung ohne Auflösung und frei von Kitsch macht „Jeff, der noch zu Hause lebt“ zu einem angenehmen Erlebnis. Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich zwei Menschen bei einer Art Road Movie zuzusehen, die sich menschlich wie auf den Ort bezogen immer nur im Kreis dreht, aber genau das soll ja der Reiz an der Geschichte sein. Jeff hört auf das Universum, und irgendwie führt es ihn immer wieder zu seinem Bruder, der von diesem Geschwafel rund um Schicksal nichts hören will. Warum auch? Er hat gerade ganz andere Probleme zu meistern. Das wirkt wirr und orientierungslos, und das ist Jeffs Welt.

Vielleicht hätte „Jeff, der noch zu Hause lebt“ ein wenig Pointen-reicher inszeniert werden können, letztendlich plätschert er nur entspannt vor sich hin. Aber das passt zur Einstellung Jeffs, der sich einfach treiben lässt, und das Ende des Tages soll ihm mit seiner Einstellung auch noch Recht geben. Auch die Parallelhandlung um die Mutter der beiden Söhne schwankt zwischen Realität und Tagtraum, Täuschung und Phantasie, und auch sie wird in Jeffs Augen Teil der Schicksalserfüllung, fühlt sich die Familie am Ende des Streifens doch enger verbunden als zuvor. Zugegeben, damit suggeriert der Film zwar dass er insgeheim an Jeffs Weltsicht glaubt, aber er spricht es nicht aus. Er lässt uns das Geschehene entweder als Wunder begreifen, oder einfach als schöne Geschichte, die der Zufall zusammengezimmert hat.

Wie auch immer ist „Jeff, der noch zu Hause lebt“ damit keinesfalls das geworden was ich erwartet hatte. Aber das war nicht weiter schlimm, denn auch wenn ich ein in der Realität verankerter Tagträumer bin, der mit Spiritualität, Religion, Schicksal und Esoterik nichts anzufangen weiß, so wussten die Duplass-Brüder doch wie sie selbst jemanden wie mich für das Thema eingespannt bekommen, so dass ich zwar nicht gerade behaupten kann mit dem hier besprochenen Werk ein besonderes Erlebnis erfahren zu haben, aber immerhin eine akzeptable Ablenkung von der gestressten Alltagswelt auf Spielfilmlänge.  OFDb

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