19.06.2014

SHERLOCK - IM ZEICHEN DER DREI (2014)

So falsch kann man liegen. Die Versöhnung um Sherlock und Watson ist abgeschlossen. Wie sie einander endgültig näher kamen, muss sich der Zuschauer selbst zusammen reimen, denn wir erleben einen kleinen Zeitsprung zwischen dieser und der letzten Folge. Monate sind vergangen. „Sherlock 8“ setzt nach einer kurzen Einstiegsszene während der Hochzeit von Watson an. Und das bleibt nicht die einzige Überraschung, wird mit „Im Zeichen der Drei“ doch die wohl ungewöhnlichste Episode der Serie präsentiert, die dem Zuschauer bislang vorgesetzt wurde.

Ein vernachlässigter Kriminalfall zum Wohle der Charaktere ist nichts neues im Holmes-Universum, dass aber die komplette Folge eigentlich nur aus der Ansprache Sherlocks besteht ist schon eine Kuriosität für sich. Das schaut sich keineswegs so langweilig wie es sich liest, ist aber definitiv gewagt zu nennen. Interessant ist die Episode allein schon wegen der verstärkten Ich-Perspektive Sherlocks, die sonst eher am Rande angewandt wird. Im letzten Drittel darf Sherlock gar im geistigen Dialog mit seinem Bruder einen Kriminalfall lösen, noch während er nach außen hin die Rede hält. Das weiß zu gefallen, auch wenn Sherlocks Peinlichkeiten nach außen in Bezug auf das Verhalten der Zuhörer nicht gerade glaubwürdig zu nennen ist.

Aber auch Sherlock selbst ist nicht immer glaubwürdig charakterisiert. Soziale Dummheit, das kennen wir alle von ihm. Aber einen solch dümmlichen Dialog über den Morgentee, wie er ihn mit seiner Vermieterin führt, unterschätzt das Genie Sherlock doch auf eine extrem beleidigende Weise. Ohnehin wirkt Sherlock diesmal etwas geistig dröge, was an seiner Figur nagt, die von ihrer Perfektion lebt. Einzig die Leichtfertigkeit mit welcher Egomane Sherlock es immer wieder schafft aus einem unfreundlichen Bereich seiner Rede eine herzenswarme werden zu lassen, obwohl er von Sozialverhalten und Gefühlen keinerlei Ahnung hat, wird versteckt vom Drehbuch her erklärt und geht damit als legitim durch.

Neben dem charakterlichen Wackeln der Figurezeichnung Sherlock stört am Drehbuch zudem die Zufälligkeit zwischen den von Holmes vorgetragenen Anekdoten und dem Zusammenhang dieser mit dem zu lösenden Fall. Das ist schon besonders unglaubwürdig zu nennen, zumal man gleich beide schwerwiegenden Schwächen der Folge mit dem Kniff hätte glattbügeln können, dass der Meisterdetektiv, so unsensibel er nun einmal ist, die Hochzeit absichtlich dafür genutzt hat einen Mörder aufzuspüren, indem er ihn bewusst mit dem Erzählen besagter Mordfälle aus der Reserve lockt. Das hätte Zunder zwischen ihm und Watson gegeben, den Hauptcharakter nicht manipuliert und eine Bösartigkeit besessen, wie wir sie schwarzhumorig von dieser Serie und ihrem Soziopathen ohnehin bereits gewohnt sind. Ein Stilbruch wäre dies freilich nicht gewesen. Es hätte lediglich dem finalen sozialen Fortschritt Holmes im Wege gestanden, der sich im Dialog mit einem ehemaligen Soldaten zeigt, auf den ich aber ohnehin hätte verzichten können.

„Im Zeichen der Drei“, der sich mal wieder augenzwinkernd an einen originalen Sherlock-Titel orientiert und erst am Ende der Folge einen Sinn ergibt, ist seit der ersten Staffel definitiv die schwächste Folge. Aber im Gegensatz zum Tiefpunkt „Der blinde Banker“ hat sie auch einige Vorzüge zu bieten, so z.B. die sehr geglückte Betrunkenen-Perspektive, in welcher Sehgewohnheiten des Zuschauers aus Sherlocks alkoholisiertem Blickwinkel präsentiert werden, glücklicher Weise vom Drehbuch so gestützt, dass es glaubwürdig ist warum Holmes überhaupt betrunken wird.

Positiv sticht auch die Auflösung des Mordfalles heraus. Interessiert die Täterauflösung eigentlich niemanden, zumal man kein Meisterdetektiv sein muss um herauszufinden wer der Verbrecher ist, so ist doch die Methode der Taten, über die Sherlock lange rätseln muss, als pfiffig zu bezeichnen, auch wenn ich mich frage ob die Tat zum begangenen Zeitpunkt nicht doch einen Schmerz hätte verursachen müssen. Letztendlich ist der Kriminalfall aber ohnehin zu sehr Nebensache um über derartige Logiklücken zu rätseln und Episode 8 ohnehin nur als Spielerei gedacht, bevor mit Teil 9 hoffentlich wieder ein echter Mordfall auf die Kriminalisten wartet.

Denn so lustig und gewagt sich „Im Zeichen der Drei“ auch gucken mag, er ist, nicht nur wegen seiner Schwächen, eine wackelige Angelegenheit. Letztendlich wirkt er noch während des Zuschauens unnötig und austauschbar, was das Publikum nur bedingt interessiert dem Geschehen folgen lässt. Wären die Charaktere dieser Serie nicht so charmant ausgefallen, so wäre diese Folge vielleicht sogar komplett gescheitert. Zur kurzweiligen Erheiterung ist sie aber immerhin geeignet.  OFDb

17.06.2014

THE NEW DAUGHTER (2009)

Rein handwerklich souverän umgesetzt weiß der sympathisch fotografierte Film zunächst trotz und wegen seines konventionellen Einstiegs in eine klassische Horrorgeschichte zu gefallen. Da gibt es den Vorsitz der Familie, ein großes und ein kleines Kind, die vergangene Familientragik, der Umzug in die Fremde, Ferne und Einsamkeit und das alles gekleidet im konservativen Weltbild, welches das Heil der Familie nicht hinterfragt, als höchstes Gut in die Geschichte einzementiert, und auch das ist gut so bei einem solch klassischen Einstieg in einen Horrorfilm.

Spukfilme beginnen recht häufig ähnlich, und es mag sein dass man sie nur bedingt als unsinnig empfindet, weil sie seit je her so verfilmt werden wie auch „The New Daughter“ beginnt. Monsterfilme sind in Amerika im Vergleich die beliebteren, und auch sie haben üblicher Weise klassische Erzählstrukturen denen sie folgen, häufig absichtlich charmant trashige. Will ein Monsterfilm zu stilvoll daher kommen, muss man schon ein gutes Händchen besitzen, rutscht eine solche Story doch viel schneller in den Schundbereich ab als der unsichtbare Spuk. Und was soll man sagen? So ist es leider auch mit dem hier besprochenen Streifen geschehen.

Alles ist professionell produziert und umgesetzt und in der Theorie zunächst einmal auch gelungen. Dass Papa sich über den Wandel seiner Tochter wundert, noch bevor wundersame Dinge geschehen, kann man noch dem konservativen Grundton zuschreiben, der einfach davon ausgeht, dass richtig immer die klassische Norm bedeutet und ein Kind dieses Alters noch nicht genug eigenen Charakter besitzen darf. Das ist engstirnig und weltfremd, aber es passt zumindest zu der Figur die Kevin Costner verkörpert, soll also durchaus akzeptiert sein.

Leider, leider verkommt eine Geschichte, die im übertragenen Sinne als tolle Metapher für Drogen, Sekten und anderen Gefahren der Jugend hätte interpretiert werden können, immer mehr zur Farce, je mehr John der Wahrheit näher kommt. Die Geschichte wird unsinnig, angelehnt an Stoffen wie „Gate Of Darkness“ oder „The Tribe“ von einer unbekannten Lebensform erzählend, nicht immer wissend welche Rolle die Tochter in dem ganzen Simsalabim nun eigentlich spielen soll, bis alles ziemlich unklar und nur halb angedeutet endet. Nicht immer wird dem klassischen Erzählmuster gefolgt (so darf ein (gar nicht mal wirklich) herangezogener Experte diesmal nur ein paar Infos kundtun, ohne weiteres mit der Geschichte zu tun zu haben), meistens aber doch, dann aber in den wichtigsten Momenten nur zu kurz angeschnitten.

Neben der ollen Indianer-Mystik und dem Klischee der Vorgeschehnisse im Haus, die zu einer fast unnötigen Szene führen, in welcher John auf den Vorbesitzer stößt, wird vor allen Dingen jener Eckpfeiler vernachlässigt, der John dazu bringen soll im Finale aus Liebe zur Tochter etwas unglaubliches zu bewerkstelligen. Ja, das Cover erzählt davon, dass die Geschichte in einer solchen Entscheidung münden wird, und der Vorbesitzer deutet auch etwas in dieser Richtung an, was John zu diesem Zeitpunkt nicht nur nicht wahr haben will, sondern auch noch moralisch falsch versteht. Aber der Weg und der innere Konflikt vom normalen Familienvater zu einer solch extremen Entscheidung wird ebenso brutalst vernachlässigt, wie der tatsächliche Wandel von der Ur-Tochter zur veränderten.

„The New Daughter“ ist ein Theorie-Film. Immer weiß man was der spanische Regisseur Luis Berdejo in seinem ersten Langfilm erzählen möchte, aber auch nur weil man diese Elemente richtig umgesetzt aus vielen anderen Filmen bereits kennt. Über Ansätze kommt die Geschichte nie hinaus, meist weil dem guten Mann lobenswerter Weise die Atmosphäre wichtiger ist als das tatsächlich Erzählte. Bis hin zu einer Extreme im Lucio Fulci-Stil a la „Das Haus an der Friedhofsmauer" ist so etwas im Horrorfilm ja durchaus möglich. Aber wie will eine dichte Atmosphäre fruchten, wenn die Story, die mit der Zeit aus dem Grundgerüst heraus bricht, Stoff für einen Trash-Film wäre, der die theoretisch so professionelle Umsetzung einer Großproduktion für den Massenmarkt weder nötig gehabt hätte, noch von dessen Vorteilen zu zehren weiß?

„The New Daughter“ ist die falsche Story im falschen Kostüm, sicherlich trotz des eigentlichen Scheiterns ansehnlich, aber leider nicht einmal auf schlichte Art gelungen. Der Film ist nichts Halbes und nichts Ganzes, lebt aber durchaus zum Großteil von der hervorragenden Leistung der Darsteller und der Techniker. Der inhaltliche Unsinn selbst, der sich mit der Zeit immer mehr herauskristallisiert, weiß in der Verkleidung eines konservativen, stilvollen Gruslers leider weder auf charmante noch auf unfreiwillig komische Art zu unterhalten. Was bleibt ist halbgarer Schnellverzehr, der schnell wieder vergessen ist. Schlecht umgesetzter Trash hätte da wesentlich mehr Freude bereiten können als ein Film, der sich überschätzt.  OFDb

PARATROOPER (1988)

Die Gattung des Vogelscheuchen-Horrors hat nie besondere Perlen hervorgebracht. Trotz der unheimlichen Wirkung der Strohköpfe und den mit ihnen einhergehenden Möglichkeiten sind die Ergebnisse eher schlecht („Scarecrow“) bis mittelmäßig („Husk - Erntezeit“, „Die Nacht der Vogelscheuche“) ausgefallen. Der Ende der 80er Jahre entstandene „Paratrooper“ ist noch mit das beste was dieses Sub-Genre hervorgebracht hat, doch auch er bietet  nur mittelmäßigen Horror mit einigen Charme-Pluspunkten.

Unter den Gore-Freaks der Horrorszene erfreuen sich selbstverständlich die harten Effekte des Streifens großer Beliebtheit. Hier geht man für seine Zeit ins Detail, zelebriert Großaufnahmen und lässt die Verstorbenen mit allerhand Werkzeug hantieren. Neben der Tötungs- und Amputationsszenen sticht in erster Linie die von der Idee her fieseste Goreszene hervor, jene in welcher sich der Verräter als wandelnder Toter entpuppt, der mit einem Teil der Beute ausgestopft wurde, welche der Rest der Überlebenden seinem Körper entnimmt.

Skrupel haben die Verbrecher nicht. Deswegen entsteht auch keine Sympathie mit ihnen. Und obwohl auch ihre Entführungsopfer Teil der Geschichte sind, völlig harmlose Personen, macht das Drehbuch keinen Unterschied zwischen ihnen. Die Vogelscheuchen sind keine moralischen Rächer. Ihnen ist egal wer ihren Weg kreuzt. Das Drehbuch macht Freund wie Feind gleichermaßen zu Helden und Opfern. Ein gewisser Überraschungsmoment wer das Finale erreichen darf und wer nicht ist damit durchaus gegeben.

Das wäre aber nur dann ein wirklicher Vorteil für den Unterhaltungswert, wenn man auch nur ansatzweise von so etwas wie einer Charakterisierung der Filmfiguren sprechen könnte. Sie bleiben eindimensional. Ein Verbrecher ist ein Verbrecher, ein Entführungsopfer ein Entführungsopfer. Das bleibt selbst so, wenn Gut und Böse einander vor dem übernatürlichen Bösen helfen. Auch in dieser Phase gehen Charaktere nicht tiefer, ebenso wie die Geschichte, die keinerlei Hintergründe beleuchtet und es dabei belässt, dass man als Zuschauer einfach an den unerklärlichen Dingen teilnehmen darf. Vogelscheuchen jagen Menschen. Das hat zu reichen, und das könnte es auch.

Dunkle Bilder, ein zurückhaltender Soundtrack und eine ruhige Umsetzung könnten eine unheimliche Atmosphäre erzeugen, aber der flache, inhaltsarme Ablauf macht dem Spannungsgehalt einen Strich durch die Rechnung. Die Möglichkeit nach einem halbwegs uninteressanten Einstieg wenigstens mit Auftauchen der Vogelscheuchen einen Gruseleffekt zu erzielen, wird leider vergeigt, können die Angreifer doch mit ihren Opfern kommunizieren und benutzen sie doch Werkzeug, was wie eben erwähnt ein Fest für den Gorefreund ist, sie aber keineswegs mystisch wirken lässt. Eine packende, düstere Atmosphäre ist mit solchen Quantitäten nicht zu erzielen. Die Angreifer wirken trotz ihres gelungenen Outfits mit dieser Art zu handeln einfach viel zu menschlich.

Deswegen schaut sich „Scarecrows“ (Originaltitel) trotz seiner Vogelscheuchen-Thematik auch eigentlich nur wie ein Slasher a la „Freitag der 13.“, weiß je näher er mit seiner kurzen Laufzeit dem Finale kommt aber auch immer besser zu unterhalten, weswegen er zum angenehmen Durchschnitt zählt, aber einem der auch langweilige Phasen vorzuweisen hat - leider. Die interessantere Story hätte die Vorgeschichte geboten, jene wie die drei Jäger einst zu Vogelscheuchen wurden. Heutzutage in der Prequelwelle a la „Cold Prey 3“, „Motel 2 - The First Cut“ und „Ginger Snaps 3“ wäre eine solche Erzählung zu Fortsetzungszwecken geradezu typisch zu nennen. Damals ist Regisseur William Wesley, der erst 2001 mit „Route 666“ seinen zweiten und bislang letzten Spielfilm vorlegte, auf diese Idee leider nicht gekommen.  OFDb

15.06.2014

RYOSHI SHUPIGERU (2014)

Es hat lange Zeit gedauert, aber mein Lieblings-Amateurfilmer hat endlich wieder mit einem neuen Kurzfilm zugeschlagen, sich diesmal der Parodie eines Filmbereichs widmend mit dem ich mich nur bedingt auskenne: dem Anime-Bereich. Hierbei hat es der Österreicher Moritz Stieber, der diesmal nur in einer Sprechrolle mitspielt, dafür aber mit Regie, Schnitt, Buch, Musik und einigem mehr seinen persönlichen Stempel aufdrückt, es speziell auf die billig heruntergekurbelte Massenware der Animeserien abgesehen, einen Bereich den ich als seltener Gast des Genres erst recht nicht sichte. Dennoch weiß ich durch die Fragmente, die man auch als Laie zu dieser Gattung cineastischer Unterhaltung mitbekommt, dass hier sehr detailfreudig und nah am Standard parodiert wird, und dies auf eine Art die Anime-Fans ebenso begeistern dürfte wie schadenfreudige Anime-Gegner.

Stieber steigt mitten ein in eine x-te Folge einer fiktiven Serie. Wir bekommen zu Beginn ebenso mitgeteilt was bisher geschah, so wie wir gegen Ende eine Vorschau auf die angeblich nächste Episode bekommen. Die Nähe zu einer Originalausstrahlung im TV ist Stieber hierfür wichtig, so dass der Film auch kurz für einen japanischen Werbespot unterbrochen wird. Der gute Mann wollte viel, achtete dementsprechend auf allerlei Kleinigkeiten, und so weit ich das mit meinem beschränkten Fachverständnis beurteilen kann ist er in seinem Detailfanatismus nah dem Perfektionismus. Spontan wüsste ich nicht was an Parodiematerial fehlen dürfte.

Das beginnt mit schlichten, aber gewitzten Elementen, so z.B. der Idee, dass inmitten eines Animationsfilmes die Figuren zwar (mit Ausnahme einer obligatorischen Niedlichkeitsfigur a la Pikachu) von echten Menschen gespielt werden, sie aber animationstypisch fast immer von einer schwarzen Umrandung umgeben sind, typisch 2D-Animation eben. Das gefällt mir persönlich besonders gut. Zudem arbeitet Stieber mit der Parodie des schluderigen Synchronisierens, wenn Mundbewegungen nicht zum Gesprochenen passen oder Texte sich von schlechten Sprechern wie aufgesagt, oder in besseren Momenten sich wie auf Hörspielniveau anhören. Dass die Schauspieler, die wie ich hörte sogar fertig ausgebildete sind, dabei einen ungeheuren Spaß im absichtlich überzogenen und unglaubwürdigem Agieren und Aussprechen haben, ist nicht zu übersehen und steckt beim Zuschauen dementsprechend an.

Nicht zu übersehen sind die Animationsparodien von Action, Geschwindigkeit, billiger Hintergründe und ähnlichem. Selbst die Frisuren und der Sexismus der Animes wird bedacht. Es wird mit den klassischen Geräuschen ebenso gespielt wie mit inhaltlichen Klischees, die so vielseitig vorhanden sind, dass man sie wohl kaum gezählt bekäme. Ein Vorspann mit einem von Stieber komponiertem japanischem Lied (ohne springenden Punkt zum Mitsingen in den Vorspann integriert) und den obligatorischen japanischen (?) Schriftzügen, unterstreichen Parodiezweck und das Bemühen um eine authentische Wirkung in Bereichen, die nicht zwingend nötig gewesen wären, vom Filmfreund jedoch mit offenen Armen empfangen werden.

Denn mal ganz im ernst: es sind diese Specials, die „Ryoshi Shupigero“ so sehenswert machen, weniger die absichtlich alberne, Animeserien-typische hohle Geschichte, die nicht nur im eigentlichen Storyverlauf Seitenhiebe abbekommt, sondern auch in seiner Moral, in seiner wunderlichen Mystik und in der unterwürfigen Mentalität durch den Kakao gezogen wird. Es sind nicht einmal die schrägen, offen ausgesprochenen/gespielten Gags die das Endergebnis so sympathisch machen, und mögen sie noch so gut sein wie der Auftrag des Oberbösewichtes an seinen Untergebenen zur Beschaffung des ultraepigonischen Megakristalls, dem wohl besten klassisch eingebauten Gag.

Es geht viel mehr um die Gesamtwirkung, das Begreifen des kaputten zu parodierenden Ganzen, der liebevolle Umgang zwischen Detailfreudigkeit und einem fröhlichen Dahinschludern, die Bereitschaft zum absichtlichen Trash auf ehrlich gemeinter charmanter Basis, jene Art absichtlichem Schundverbrechen, für das man den „Schlingeln“, „Lausbuben“ oder wie auch immer Großmutter solche „Rabauken“ genannt hätte, die das ganze verbrochen haben, einfach nicht bös sein kann. Der fertige 18-Minüter ist ein Liebhaberstück, bei dem ich aber leider nicht beurteilen kann in wie weit auf ganz spezielle Animeserien eingegangen wird oder auch nicht. Da sich so viele Serien ähneln dürfte das aber fast schon egal sein.

CARRIE (2013)

Wenn man Brian De Palmas „Carrie - Des Satans jüngste Tochter“, die erste Verfilmung eines Buches nach Stephen King, so wie ich auch gleich als die bislang beste Verfilmung eines King-Buches empfindet, gibt es eigentlich nur einen echten Grund einen Blick auf das mittlerweile zweite Remake zu werfen: Chloe Grace Moretz. Diese Jungmimin begeisterte mich mit ihren provokativen Auftritten als Hitgirl in den beiden „Kick-Ass“-Filmen ebenso wie mit ihrem sensibleren Spiel in „Let Me In“. Ob „Amityville Horror“ oder „Zombies“, beides Filme bei denen sie nicht sonderlich auffiel, das Mitwirken in eher morbiden Werken schien es ihr angetan zu haben. Und da „Carrie“ sowohl dies als auch die erkennbare Tendenz vorzugsweise Außenseiter-Rollen zu verkörpern ermöglicht, sollte man meinen, dass es für Moretz eine Leichtigkeit sein dürfte diese Rolle zu verkörpern.

Dass auch sie mit gerade mal 16 Jahren noch viel Berufserfahrung sammeln muss, liegt nicht nur klar auf der Hand, es zeigt sich leider auch recht deutlich im hier besprochenen Werk, weiß Moretz zwar in den stillen, gebrochenen und leicht fröhlichen Szenen zu überzeugen (eigentlich die im Vergleich schwierigeren), gerade der Rachepart im Finale gelingt ihr mimisch jedoch nicht wirklich, schaut sie doch noch viel zu niedlich drein und verkommt ihr Grummelgesicht doch eher zum offensichtlichen Schauspiel als zur Zuschauer-täuschenden Überzeugung. Fairer Weise muss man eingestehen, dass die Maske die negative Wirkung noch zu verstärken weiß, läuft Moretz doch, nachdem sie überdeutlich von einem Eimer mit CGI-Blut nicht getroffen wird, nicht als bluttriefender, halbwegs glaubwürdiger Racheengel umher, sondern eher als ein Mädchen, das sich erlaubt hat an Halloween mal die Carrie zu spielen.

Da zeigen sich Bluttropfen im Gesicht, die viel zu gemalt aussehen, so als hätte ein Laie die Maske übernommen, vergleichbar mit der Art und Weise wie manche beim Schminken eine Träne unter das Auge malen. Da weht einem nichts authentisches an, obwohl man sich lediglich an De Palmas Original hätte orientieren können, etwas das die Verantwortlichen des Streifens in anderen Bereichen recht häufig gemacht haben. Warum also nicht hier? Sicherlich sind einige Parallelen der Nähe zur Printvorlage Kings zuzuschreiben, aber „Carrie“ kopiert recht häufig „Carrie“, interpretiert den Stoff jedoch nur durch das Modernisieren anders und erreicht nicht die Tiefe des Originals, da das Zielpublikum deutlich erkennbar im Teenie-Bereich vorzufinden ist.

„Carrie“ ist die Teenie-Variante von De Palmas Werk. Das merkt man an den psychologischen Oberflächlichkeiten, an dem Drang Unnötigkeiten hochzuschaukeln, so z.B. die Fähigkeiten Carries, die an mancher Stelle nichts mehr mit Telikinese zu tun haben, oder der Hang aufgrund des aktuell brutalen Grundtons in US-amerikanischen Horrorfilmen die Bluttaten Carries näher ins Visier zu nehmen und ein wenig mehr zu zelebrieren. Was man hier, im Vergleich zur Standardware Amerikas noch recht harmlos, radikal wirken lassen möchte, steht im Gegensatz zu einer Bravheit an anderer Stelle, die zeigt wie zahm der Streifen tatsächlich ist. Am deutlichsten zeigt sich dies im Vergleich zu den beiden jeweiligen Umsetzungen der Menstruation in der Dusche-Szene, wo in der Neuverfilmung die Prüderie der Amis nur wieder all zu deutlich wird.

Ob „Carrie“ eine Neuverfilmung benötigt hätte, kann man aufgrund der Genialität des Originals wohl locker mit einem nein beantworten. Doch bös bin ich nicht dass es eine Teenie-Variante des Stoffes gibt, weiß doch auch sie, im Gegensatz zur ersten Neuverfilmung, die ebenfalls „Carrie“ hieß und eine TV-Produktion war, zu unterhalten, wenn auch viel schlichter und oberflächlicher als das Original. Mit dieser naiven Art ist er praktisch perfekt zugeschnitten auf die Wahrnehmung von Pubertierenden. Dass das Schauen der Teen-Version auch für Erwachsene ganz unterhaltsam sein kann, liegt neben dem sensiblen Spiel Moretz in erster Linie an Julianne Moores hervorragendem Agieren als religionsfanatische Mutter, die der Konkurrenz der Erstverfilmung die Hand reichen kann.

Moore ist die einzige Schauspielerin des Streifens, die an das Talent ihrer Vorgängerin heran reicht. Alle anderen, inklusive Moretz, bleiben im Vergleich ein blasser Schatten dessen was dort an hohem Schauspielniveau herrschte. Das ist eben der Nachteil wenn man solch ein Meisterwerk nachspielt. Die hier agierenden Jungmimen und die paar wenigen Erwachsenen spielen alle nicht schlecht, aber eben bei weitem nicht so gut wie die Besetzung des 70er Jahre Originals.

Das abgewandelte Ende der Geschichte gefällt mir als Horror-Nerd eigentlich ganz gut. Mögen anspruchsvolle Cineasten bei dem Gedanken auch die Augen verdrehen, und mag es ein Tritt in den Arsch für Stephen KIng sein, sowie eine Nichtachtung seines Werkes, der Gedanke Carrie könnte in der Art eines Jason Vorhees wieder auftauchen, um hirnlos in ein paar Fortsetzungen Teenager zu meucheln, fänd ich persönlich recht reizvoll, wissentlich wie plump der Gedanke eigentlich auch sein mag. Aber mit Moretz in der Hauptrolle hätte eine Fortsetzung dieser Art, die mit dem hier angewendeten Schluss durchaus möglich wäre, einen echten Trumpf zu bieten. Es bestünde durchaus die Möglichkeit Kings Vision von Carrie hinter sich zu lassen, sich quasi von der zu Ende erzählten Ur-Geschichte zu lösen, um sich im Filmbereich als Horrorikone a la Freddy selbstständig zu machen. Das wäre immer noch einfallsreicher als die damalige Idee zum gar nicht mal so schlechten „Carrie 2“, der in den 90er Jahren gedreht wurde.  OFDb

12.06.2014

SHERLOCK - DER LEERE SARG (2014)

War die erste Staffel „Sherlock“ noch ein wenig durchwachsen, so wusste die zweite Staffel mit drei hochkarätigen Episoden zu gefallen, die mit guten Ideen und dem nötigen Charme nur so um sich schmissen. Ein schweres Erbe für eine dritte Staffel, zumal der Cliffhanger zu den Highlights der zweiten Staffel zählte, und die Fans nach Antworten gierten. Die Verantwortlichen der „Sherlock“-Reihe lösten das Problem auf ihre ganz eigene Art. Sie spielen mit den Erwartungen des Publikums, verarschen es auch hin und wieder, so in der allerersten Szene, die auch gleich zu den Höhepunkten zählt, und halten den Zuschauer hin, der ihnen am Ende dankbar dafür ist genau das nicht erhalten zu haben, was er sich zuvor erhofft hatte.

Ähnlich wie die erste Staffel wird der eigentliche Kriminalfall der siebten Folge nie wirklich interessant. Wichtig ist das erneute Zusammenwachsen zwischen Holmes und Watson, da hat der zu lösende Fall hinten an zu stehen. Das Gekabbel der beiden Hauptmimen gehört somit zur wichtigsten Grundausstattung aller Geschehnisse, und das weiß zu unterhalten und zu erfreuen, bedeutet aber auch eine Geschichte unter Wert, wenn man erst einmal miterleben durfte, wie die beiden bei einem richtig guten Kriminalfall agieren und wie TV-anspruchsvoll und gelungen sich ein solcher Fall guckt. Von daher ist Erwartungen zurückschrauben angebracht, um nicht all zu enttäuscht von Sherlocks Rückkehr zu sein.

Aber „Der leere Sarg“ spinnt ohnehin nur erste Fäden alles noch Folgendem. Nicht nur das Zusammenwachsen von Holmes und Watson ist noch nicht wirklich erreicht, auch die Geschichte um Watsons Verlobung beginnt sich gerade erst zu entwickeln, und wer wie ich nur ein paar olle Filme anstatt der Printvorlage kennt, der kann anhand von „Sherlock Holmes - Spiel im Schatten" entfernt ungefähr erahnen was da noch für Hürden zu nehmen sind, auch wenn die Kinoreihe mit Robert Downey, Jr. völlig anders ausgelegt ist, und der britische Stil ohnehin ein völlig anderer ist als die Unarten mit denen die Amerikaner sich seit je her mit dem Meisterdetektiv beschäftigt haben.

Auffällig ist dass die technischen Spielereien mittlerweile sehr in den Hintergrund gerückt sind, gleichzeitig aber die Schrift im Bild zur Hinweis-Weitergabe an den Zuschauer fleißig weiter verwendet wird. Die fast schon übernatürliche Kombinationsgabe des Helden wird gar spielerisch in einem Duell mit Sherlocks Bruder hochgeschaukelt, welches einen kleinen Einblick auf die Kindheit der beiden einsamen Brüder wirft, aber auch zeigt wie viel Hintergrundwissen der Originalarbeiten Arthur Conan Doyles die Autoren hier besitzen.

Also: der Einstieg ist im Vergleich ein wenig schwach geraten, vergleichbar mit der Pilotfolge, die innerhalb der ersten Staffel aber auch gleich die beste war, was nur deutlich macht auf welch hohem Niveau sich die Serie seit dem weiter entwickelt hat. Einen Tiefpunkt wie in „Sherlock - Der blinde Banker“ muss wohl nicht mehr erwartet werden, zumal der Autor dieses Drehbuches in Staffel 3 kein Drehbuch mehr alleine schreiben durfte. Ein Wunder dass er immer noch mit an Bord ist. Seine in Staffel 2 geschriebene Story, jene von Episode 6, ist jedoch gut genug ausgefallen, so dass man vermuten kann, dass man ihn schon dort an der kurzen Leine hielt, sprich andere ein Wörtchen mitzureden hatten. Wie auch immer die genauen Hintergründe aussehen mögen, für „Der leere Sarg“ sind sie ohnehin egal, der ist von einem anderen Autor verfasst, auf Charakterebene gelungen und macht neugierig auf mehr (zumal nach Moriartys Tod ein neuer Hauptgegner angekündigt wird). Er hätte halt nur einen spannenderen Kriminalfall vertragen können. Der wird in Episode 8 aber sicherlich zu erwarten sein. Ich bin gespannt...!  OFDb

09.06.2014

GEGEN JEDEN ZWEIFEL (2009)

Es ist schon etwas schade, dass sich für den erfahrenen Cineast die finale Wendung so überraschungsfrei guckt, was sich ganz einfach durch die Art der Inszenierung einzelner Szenen, und am deutlichsten in jener, in welcher Nicholas vom Hund in die Wade gebissen wird, zeigt. Glücklicher Weise mindert das den Sehwert von „Gegen jeden Zweifel“ nur gering, ist das Thriller-Drama doch angenehm routiniert erzählt und stilistisch gut umgesetzt, so wie man es von einem Thriller mit Michael Douglas erwartet. Der hatte mit Regisseur und Autor Peter Hyams bereits beim eher unbekannten „Ein Richter sieht rot“ zusammen gearbeitet. Warum es erst so spät zu einem erneuten gemeinsamen Film kam ist mir nicht bekannt. Nun verkörpert Douglas aber auch nur die große, wichtige Nebenrolle, während zwei Jungmimen im Zentrum stehen, er etwas mehr als sie, was sich im letzten Drittel ändert, ein weiteres Indiz um den Braten etwas früher zu riechen als es Hyams lieb ist.

Wer also Filme wie „Das Urteil - Jeder ist käuflich“, „Ein perfekter Mord“ oder „Das Leben des David Gale“ mochte wird auch hier fündig werden. Auch wenn Hyams Werk ruhig eine Spur spannender hätte ausfallen können, so ist ihm doch ein überdurchschnittlicher Film gelungen, dem der letzte Schliff zur großen Empfehlung fehlt. Dank gut agierender Schauspieler, einer gekonnten Optik und seinem stilistischen Flair ist „Beyond a Reasonable Doubt“ (Originaltitel) besser ausgefallen als das was Hyams üblicher Weise abliefert. Ich erinnere da nur an „Stay Tuned“, „Das Relikt“ und „End Of Days“, die alle eher mau bis durchschnittlich ausgefallen sind. Dass sich Hyams nach seinem Tiefflieger „A Sound Of Thunder“ noch einmal derart erholt, sprich eine Chance bekommt einen solch professionell produzierten Kinofilm umsetzen zu dürfen, hätte ich nicht mehr erwartet, zumal „Gegen jeden Zweifel“ nach vier Jahren Spielfilm-Pause Hyams erste Regiearbeit nach dem Science Fiction-Debakel mit Heike Makatsch war.  OFDb

08.06.2014

[REC]³ - GÉNESIS (2012)

Bereits in „[Rec]²“ wusste Regisseur Paco Plaza, damals noch mit Kollege Jaume Balagueró, die Zuschauer zu überraschen, indem die Geschichte gegen derer Erwartung ausfiel und einen Schlenker in eine für einen Zombiefilm ungewohnte Richtung machte. Nun passiert dies ein zweites Mal und sorry, aber meiner Meinung nach hat Plaza sich da gewaltig überhoben und verschätzt, denn mit „[Rec]“ hat das nun nicht mehr viel gemein, und trotz religiösem Hintergrund auch nicht wirklich mit dessen Fortsetzung. Mag es da auch stille Verweise auf die Vorgänger geben, „[Rec]³“ fühlt sich nicht wie ein Teil der Reihe an.

Dabei stört es mich noch nicht einmal, dass nach kurzer Einführung das Found Footage-Verfahren über Bord geworfen wurde. Dem unterschätzten „Blair Witch 2“ hatte das schließlich auch nicht geschadet. Und Plaza nutzt den Wechsel zur klassischen Erzählung um zu zeigen wie sehr er es versteht sie optisch zu nutzen, Bilder geradezu zu zelebrieren, etwas was das Fake-Doku-Getue der Vorgänger nicht auf diese Art zugelassen hat. Es ist toll zu sehen was da für Bilder eingefangen werden! Den Höhepunkt bildet hierbei eine Szene im strömenden Regen, die sich geradezu ästhetisch guckt und reines Futter fürs Auge ist. Auch hübsch fotografiert ist eine Szene in welcher das Paar sich an von einer Predigt abgelenkten Zombies vorbei arbeitet, oder jene Momente, in welchen Clara als morbide Braut mit Kettensäge durch unterirdische Gänge schreitet. Erotik trifft auf Blut und Dreck, provozierende Bilder, süßlich hart.

Auch der Einstieg ins Geschehen, das Treiben der Gäste vor der großen Hochzeit, gehört noch zu den positiven Punkten von „[Rec]³ - Génesis“, herrscht hier doch eine gewisse natürliche Lustigkeit, die dem Film in seinem späteren Ablauf fehlt. Nicht dass der Rest einen augenzwinkernder Grundton vermissen lässt, ganz im Gegenteil, aber er wirkt teilweise Fehl am Platz und in bedeutenden Momenten, wie dem Esoterik-Kitsch rund um die Romanze herum, fehlt er komplett. Mit diesem Makel kann man die Helden, denen es ohnehin an Sympathie fehlt, nicht ernst nehmen. Und mit ihnen ihre Liebe nicht, so dass der etwas in den dramatischen Bereich abrutschende Schluss nicht zu berühren weiß, zumindest nicht so intensiv wie ein „Zombie Honeymoon“ oder gar ein „Eden Lake“ bei dem die seelische Verbundenheit des Pärchens beim Publikum für ein intensiveres Mitleiden und Identifizieren sorgte.

Es ist jedoch nicht nur die fehlende Sympathie der Protagonisten, die „[Rec]³“ trotz interessanter Ansätze scheitern lässt. Wie erwähnt schaut er sich nicht wie ein echter Teil der Reihe, was bereits damit beginnt, dass wir hier statt rennender Infizierter schleichende haben, angelehnt an den Zombies Romeros beginnend mit „Die Nacht der lebenden Toten“. Man kann doch nicht an der Grundlage herumbasteln, wenn man eine Fortsetzung, bzw. eine parallel stattfindende Geschichte zu den Geschehnissen aus Teil 1 erzählen will. Immerhin sollen die Monster die gleiche Art Bedrohung sein wie in den Vorgängern, doch an ihrem Wesen wurde unpassender und unnötiger Weise herumgebastelt.

Tiefer gehend zeigt sich das auch im religiösen Aspekt der Geschichte. Waren die Kreaturen aus „[Rec]²“ nur mit intensivem Zureden und mit Hilfe von Kreuzen kurzfristig zu stoppen, so reicht hier eine olle, ruhig vorgetragene Predigt, die über Lautsprecher ertönt, und schon werden Zombies langfristig außer Gefecht gesetzt, auf der Stelle stehend, wenn auch für gute Optik sorgend und keinerlei Gefahr mehr versprühend. Dass die Stimme des predigenden Pfarrers irgendwann aussetzt, wenn der Film sich akustisch auf etwas anderes konzentriert und die Infizierten trotzdem nicht wieder weiter wüten, ist nur einer von sehr vielen Denkfehlern im fertigen Werk, die ein unbefriedigendes Gefühl zurück lassen.

Den meisten Schaden richtet jedoch die unausgegorene Orientierung des Streifens an. Marco vom Filmforum Bremen hat es sehr gut erkannt: „Dabei baut Paco Plaza seinen Film beinahe wie einen Episodenfilm auf, der alle Seiten des Horror-Genres beleuchtet. (...) Es scheint also durchaus das Konzept des Regisseurs Paco Plaza zu sein, dem Publikum vier unterschiedliche Ansätze zu geben, wie man einen Zombiefilm in Szene setzten kann: Realistisch, komisch, heldenhaft oder tragisch.“ Das ist absolut richtig, in der Theorie auch sicher ein interessantes Experiment, in der Praxis meiner Meinung nach aber auch komplett gescheitert, da das kein Ganzes bewirkt, nicht miteinander kompatibel ist und auch als eigenständiges Werk, die beiden „[Rec]“-Teile einmal ignoriert, nicht zu überzeugen weiß. Dann hätte Paco die Episoden deutlicher hervorheben müssen, so wie es in dem Science Fiction-Film „The Signal“ bei ähnlichem Anliegen angegangen wurde. Hier wurde quasi das selbe Experiment durchgezogen mit weniger Geld und besserem Ergebnis.

Bezogen auf die Vorgänger macht das den Eindruck von „[Rec]³“ sogar noch unangenehmer. Der Titel ist eine Täuschung in doppelter Hinsicht und damit Zuschauerverarsche, erst recht für ein Publikum, das sich mehr Hintergründe zu den neuen Erkenntnissen aus „[Rec]²“ erhofft. So bleibt dem Streifen am Ende nur eine tolle Einführung, eine wirklich großartige Optik und eine sympathische, wenn zu „[Rec]“ auch völlig unpassende, Szene einer blutigen Braut mit ihrer Kettensäge. Es sind die kleinen Ideen wie diese, die kurz Charme aufblitzen lassen, der an anderer Stelle fehlt, so wie beispielsweise die tolle Idee eines SpongeJohn, der sich wegen rechtlicher Gründe nicht SpongeBob nennen durfte und den Film über in seinem Kostüm verbringt, weil er darunter nackt ist. Auch dass ein Spitzel der GEMA beim Töten eines Infizierten sein wahres fragwürdiges Ich offenbaren darf, ist ein Gag der gerade den YouTube-geplagten Deutschen schmecken dürfte.

An Ideen mangelt es nicht. Aber es mangelt am nötigen Feingefühl das ganze so umzusetzen, dass es sich wie ein Film mit rotem Faden schaut. Immerhin will Plaza trotz aller Experimente einen Unterhaltungsfilm abliefern. Sein Werk ist kein abstraktes Stück anstrengende Kunst. Aber ein Häppchen hiervon und ein Häppchen davon ergeben einfach keine Einheit. Und das Gefühl als Zuschauer von einer Extreme in die nächste geschuppst zu werden, von einem Genre-Schwerpunkt zum nächsten, dabei die Perspektive wechselnd mit je anderen Helden im Vordergrund, ist keine interessante Achterbahnfahrt für den Zuschauer geworden wie man vermuten könnte. Hierfür hätte das Publikum Orientierungspunkte gesetzt bekommen müssen, um wenigstens etwas an der Hand gehalten zu werden. Ohne diese Stütze wirkt alles zu uninspiriert wild durcheinander gewürfelt, was den Zuschauer letztendlich zu sehr vom Geschehen distanziert anstatt ihn herauszufordern.  OFDb

[REC]² (2009)

[Rec]“ war seinerzeit neben „Paranormal Activity“ und „Cloverfield“ der Film, der den Hype um Found Footage-Werke wieder aufleben ließ, dementsprechend waren die Erwartungen für die zwei Jahre später erscheinende Fortsetzung recht hoch. Wer nun glaubt den x-ten Zombiefilm zu sichten, der sich lediglich in seiner Wackelkamera-Optik von den Dutzenden Produktionen pro Monat unterscheidet, die den DVD-Markt überschwemmen, der täuscht sich, gehen die Regisseure Plaza und Balagueró, die auch für Teil 1 verantwortlich waren, mit dem vorliegenden Stoff doch völlig anders um als man es je erwartet hätte, denn die von Teil 1 geglaubte Story wird um einige Zusatzinformationen derart erweitert, dass das ganze mit der im Zombie-Genre mitschwimmenden Infizierten-Welle kaum noch etwas zu tun hat.

Die neuen Erkenntnisse sind mutig und schwachsinnig zugleich zu nennen, weswegen es sehr schwer fällt über „[Rec]²“ zu urteilen. Mit seinen neuen Elementen wird die „[Rec]“-Reihe, die angeblich mit Teil 4 enden soll, zum Horrorcocktail aus Infizierten-Story und Exorzismus-Horror. Das wird manch einem sicherlich nicht schmecken, zumal dem Christentum damit freilich wieder einmal hinten herum Wahrheit bescheinigt wird. Aber zumindest haben es die Christen mal wieder selbst versaut, das weiß die Wogen für Atheisten wie meiner einer Richtung Versöhnung zu glätten.

Interessant ist der Storyaufbau zu nennen, der relativ kurz nach Teil 1 spielt, gekonnt Elemente des Vorgängers verarbeitet, so dass der Streifen trotz seines radikalen Richtungswechsels äußerst kompatibel mit Teil 1 wird. Die Geschichte setzt an zwei Punkten an, die nicht parallel nebeneinander herlaufen, sondern zunächst nacheinander erzählt werden, bevor sie aufeinandertreffen um das Finale gemeinsam zu beschreiten. Leider muss man mit der recht einfallslosen Wahrscheinlichkeit klarkommen, dass sich zwei Kamerateams im Haus der Vorkommnisse von Teil 1 befinden. Das ist schon sehr zufällig. Aber zumindest wissen die Drehbuchautoren auf dieser wackeligen Grundlage einiges herauszuholen. Teilweise kommt die an sich unsinnige und so provokativ andere Geschichte recht gewitzt daher.

Leider steht sie meist nervigen Charakteren gegenüber und einer Optik, die mir ein wenig zu sehr Geschenk für Ego-Shooter-Freaks ist. „[Rec]²“ wird damit zu sehr Nerd-Film, zumal die Zombies fast eh nur bei ruckeligem Bild zu „sichten“ sind, was den Sehwert nicht gerade bereichert. Auch wird der Zombieaction wesentlich mehr Beachtung geschenkt als dem Spannungsgehalt, der Teil 1 spätestens im Finale so unglaublich packend gucken ließ. Teil 2 kümmert sich mehr um äußere Schauwerte und seinem penetranten Kampf gegen Zuschauererwartungen, so dass dies zwar Momente-weise die Fortsetzung aufwertet, aber nicht auf Komplettfilm-Basis zu gefallen weiß. Das Gesamtprodukt hinterlässt eher einen unbefriedigenden Eindruck, obwohl wirklich vieles für ein Lob der Autoren und Regisseure spricht, so z.B. ihr Kniff mit dem auf die Kamera zugeschaltetem Bild der Leute vom SWAT-Team.

„[Rec]²“ wird nie langweilig und weiß somit zumindest halbgar zu unterhalten. Wer mit den Charakteren warm wird, kann sogar einen unterhaltsamen Videoabend erleben. Ich konnte mich nicht mit Situation und den Figuren identifizieren. Für mich blieb die Fortsetzung ein zu theoretisches Produkt, dass sicherlich vieles richtig macht, dies aber nicht zu einem einheitlichen und vor allen Dingen atmosphärischem Ganzen zu verschmelzen weiß. „[Rec]²“ ist definitiv anders und kein reiner Mitläufer in der Zombie/Infiziertenwelle, er übernimmt sich jedoch mit seinem inhaltlichen Wandel, der es aufgrund seiner arg trashigen Grundidee ohnehin schwer gehabt hätte einen kompletten Film auf seinen Schultern zu tragen. Nettes Experiment, durchaus sehenswert, aber kein wirklich unterhaltsamer Filmgenuss!  OFDb

07.06.2014

GESCHÖPF DES SCHRECKENS (1956)

Es war einmal ein Mann, der als Filmschaffender billig heruntergekurbelter Werke heute von kaum wen mehr gekannt wird, obwohl er meist charmanten Schund ablieferte. Die Rede ist von Edward L. Cahn. Viele seiner Werke kamen nie nach Deutschland, dabei wusste er so manches Mal die Filmwelt zu beeinflussen, etwa wenn man die Gestalten seines „Invasion Of The Saucer Men“ mit denen von Burtons „Mars Attacks“ vergleicht. Auch sein Einfluss auf „Alien“ mit dem Science Fiction „It - The Terror From Beyond Space“ ist cineastisch anerkannt.

Er war im Bereich des Monsterfilms ein mutiger Mann, der die wildesten Story-Mixe durchführte, unsichtbare Aliens Zombies erwecken ließ ("Invisible Invaders"), den Helden eines Invasionsfilms als einzigen nicht die Außerirdischen sichten ließ ("Invasion Of The Saucer Men"), oder, wie im hier vorliegenden Fall, einen Hypnotiseur auf das Thema Reinkarnation stoßen lässt, um den ersten Körper der hypnotisierten Seele, eine monströse Ur-Frau im „Schrecken vom Amazonas“-Look, auferstehen zu lassen.

Das ist inhaltlich recht wild, typisch Cahn aber recht schlicht umgesetzt. „Geschöpf des Schreckens“, der es in Deutschland vom Kino bis hin ins öffentlich rechtliche Fernsehen geschafft hat, ist trotz seiner Ausnahme-Story ein typisches Stück Monsterfilm seiner Zeit, kein Highlight dessen, aber, typisch Cahn, angenehme Kost, auf Kurs gewollter Leichtfüßigkeit auf Geisterbahn-Niveau und dabei nie wirklich lächerlich werdend, was gerade in „The She-Creature“ (Originaltitel) ein schwieriges Unterfangen ist, so sehr er Hausmütterchen-Aberglauben Recht schenkt und esoterisch fast ertrinkt.

Aber Cahn weiß was er erzählt, spielt provokativ mit der Grundlage von Hausfrauen-Aberglauben, nutzt gerade sie für den leicht humorvollen Unterton, der einen Teil am charmanten Ergebnis von „Geschöpf des Schreckens“ ausmacht. Auch nicht zu verachten ist die Kreatur, die wie bereits erwähnt an Jack Arnolds berühmtem Monster aus der schwarzen Lagune erinnert und von Cahn gleich für zwei Filme verwendet wurde. Im Vergleich zu den vielen Gummimonstern dieses Stils aus dieser Zeit („Horror Of Party Beach“, „The Monster Of Piedras Blancas“, ...) bekommt Cahns Kreatur einen Individualitätsbonus, da es sich um ein weibliches Monster handelt und es, trotz biederer Ami-Herkunft mit einer weiblichen Oberweite ausgestattet wurde. Originell? Keineswegs! Aber sonst nie angewendet!

Sieht man einmal von den typischen Krankheiten der Autokino-Monsterfilme ab, wie dem steifen Spiel billiger Schauspieler oder dem Gegenteil, das Überagieren, weiß „Geschöpf des Schreckens“, der von Samuel Z. Arkoff produziert wurde, trotz selten eingesetzter Monsterszenen auf simpler Ebene zu gefallen. Da hätte es sicherlich das ein oder andere ewige Hypnosegeschwätz weniger geben können, aber letztendlich gehört das mit zur zentralen Thematik und wird immerhin durch sympathisch unsinnige Dialoge mit dem Gegner des wahnsinnigen Jahrmarkt-Magiers ergänzt. Und wenn sich die weibliche Opferrolle im Bann des Bösen wiederholt emotional angewidert über ihre Gefühle ihres Herren auslassen darf, dann weiß auch dies einen Film dieser klassischen Erzählweise zu bereichern.  OFDb

PS: Die angebliche Neuverfilmung, die bei uns unter dem Titel "Der Todesengel aus der Tiefe" erschien, hat bis auf den Originaltitel übrigens nichts mit Cahns Werk gemein. Der handelt von einer bösartigen Meerjungfrau. Zu empfehlen ist dieser Freunden charmant-schundiger Horrorfilmchen aber auch.

SS-X-7 - PANIK IM ALL (1965)

Im selben Jahr des sympathisch schrulligen „FBI jagt Fantom“ schob Regisseur Hugo Grimaldi noch seinen zweiten und letzten Film hinterher, der trotz ähnlich naiver Umsetzung weit weniger zu gefallen weiß als der Grusel-Krimi zur Roboter-Doubel-Thematik. Die Geschichte selbst liest sich wie ein typisches Abenteuer vom „Raumschiff Enterprise“. Eine fremde Lebensform kommt an Bord und bedroht die Existenz der Menschen. Im speziellen Fall hier geht es um einen bösartigen Pilz. Wer von ihm befallen ist, wird von ihm komplett eingenommen. Das guckt sich fast wie mutiert, wirkt storytechnisch also ein wenig wie „Schock“, ist aber nur leicht themenverwandt, zumal befallene Menschen kaum vorkommen.

Der Pilz als die sich ausbreitende Seuche auf der Raumstation selbst ist der eigentliche Schauwert, der nach etwa 40 Minuten (viel zu spät) in Erscheinung tritt und wächst und wächst und wächst. Musikalisch wird der Pilz sinnbildlich vertont, was im Bereich der unfreiwilligen Komik endet, wenn wir die Geräusche vernehmen dürfen, welche die Pilze bei ihrer Vernichtung von sich geben. Ähnlich schrill wie der Klang vom Ungetüm aus „Die Rache der schwarzen Spinne“ erklingen da die Töne, nur nicht ganz so penetrant wie dort.

Das ist freilich nicht der einzig unfreiwillig komische Part des Streifens. Neben der obligatorischen blinkenden Lichter und der Weltraum-Modelle, die auch wie solche aussehen, weiß der Pilz an sich in seiner herrlich naiven Erscheinung und Fortbewegegungsart zu belustigen und die im Erscheinungsjahr noch so wichtige Botschaft, dass Amerika seine Helden nie im Stich lassen würde und eine menschennahe Regierung vertritt. Propaganda-Film du lebest hoch!

Das weiß zu amüsieren, absolut, aber die funktionierende unfreiwillige Komik kann nicht aufwiegen was der Streifen durch zu viel Ereignislosigkeit und nahezu uninteressantem Geschwätz an Negativmomenten aufbaut. Die Charaktere sind einem egal, und der Film viel zu sehr bemüht eine gute Geschichte zu erzählen, als dass tatsächlich genügend Charme entstehen könnte, dieses untalentierte abgefilmte Stück Weltraum-Abenteuer ins Cineastenherz zu schließen.

„SS-X-7 - Panik im All“ kann man durchaus gucken, aber ein gewisser Grad Langeweile geht mit einher. Talentiertere Mimen und ein besserer Regisseur hätten aus der an sich interessanten Geschichte sicherlich mehr herausholen können. Zumal der Plot um eine Zusatzidee ergänzt wird, in welcher der Captain der Weltraumstation nicht mehr zurechnungsfähig ist und die komplette Mannschaft in Gefahr bringt. Umgesetzt wie geschehen ist das Ergebnis leider ernüchternd ausgefallen. Quantitative Schauwerte in Form von Monster- und Mutationsszenen hätten „X 99 im Weltall“ (Alternativtitel) sicherlich noch mehr seiner anvisierten Ernsthaftigkeit beraubt, im Ergebnis diesen Streifen, den man gar nicht ernst nehmen kann wenn man bei klarem Verstand ist, aber aufgewertet.

Wie auch immer: Science Fiction-Nostalgiker können ruhig ein Auge riskieren, sollten aber nicht zu viel erwarten. Trash-Fans wird nur bedingt etwas geboten, zumindest wenn man sich cineastisch häufig in dieser Dekade amerikanischen Filmschaffens aufhält. Innovative Gimmicks oder Lustigkeiten hat „Mutiny in Outer Space“ (Originaltitel) eigentlich nicht zu bieten. Außer vielleicht dass die Lösung wie der Pilz zu bekämpfen ist, welche aus „Blob - Schrecken ohne Namen“ übernommen wurde, im völligen Widerspruch steht zu der Information woher der Pilz stammt. Und warum löst sich ein vernichteter Pilz eigentlich komplett auf ohne Spuren zu hinterlassen? Der Vapoorize-Effekt a la „Neid“? Laut dem im Film angegebenen Jahr wird dieses Spray aber erst in 10 Jahren erfunden. Es bleibt mysteriös...  OFDb

04.06.2014

OBLIVION (2013)

Bereits in Spielbergs Science-Fiction Hit „Krieg der Welten“ fiel mir erstmals auf, dass Tom Cruise nach jahrelangem abgefilmt werden endlich so etwas wie ein Schauspielern in seinem Tun erkennen ließ. Nun, Jahre später in „Oblivion“ muss ich sagen: der Mann kann es endlich. Er weiß in einer Rolle zu überzeugen. Meist agierte er bisher mehr schlecht als recht in sehenswerten Filmen, oft so besetzt, dass er innerhalb seiner Grenzen glaubwürdig blieb und nicht zu viel Schaden anrichten konnte. Hier nun darf er mehr denn je im Mittelpunkt stehen, tragische wie actionreiche Taten bestehen und simsalabim: man glaubt es ihm.

Schön dass sich Cruise gerade jetzt in seinem langjährigen Job weiterentwickelt hat, denn „Oblivion“ ist ein kleiner Geheim-Tipp im Science Fiction-Kino der Neuzeit, auch wenn er durchaus Ansätze bekannter Stoffe besitzt. Aus relativ jungen Jahren erinnert so manches an „Wall-E“ und „Moon“, aber auch klassische Werke wie „Planet der Affen“ und "Der Omega Mann" linsen immer wieder um die Ecke. Die bekannten Elemente sind dabei nie zu dominant vorhanden, so dass sich „Oblivion“ nicht wie ein Zusammenklau vergangener Erzählungen a la „Harry Potter“ und „Krieg der Sterne“ anfühlt, sondern eher eine Weiterführung des gesellschaftskritischen Endzeit-Kinos geworden ist, anstatt nur ein naiv-charmanter Ableger dessen.

Zur wichtigsten Grundlage um dies überhaupt erreichen zu können, gehört ein für unsere Kinozeiten erstaunlich gelungenes Drehbuch mit psychologisch glaubwürdigem Szenario und ebensolchen Figuren, allerhand überraschender Wendungen, genügend Potential zur Dramatik und einer Geschichte, der stets mehr Beachtung geschenkt wird als den Spezialeffekten, die Blockbuster-typisch nicht gerade zweitklassig und selten zu sehen sind. „Oblivion“ lebt von seinen glaubwürdigen Charakteren und macht sich den Erzählstil modernerer Popkorn-Filme a la „Pacific Rim“ zu Nutze einen schnell abgearbeiteten Großteil der Vorgeschehnisse zu präsentieren, um diesen für einen gewitzten Kniff zu nutzen.

Was einst passierte ist glaubwürdig vorgetragen und umgesetzt, schnell findet sich der Zuschauer im Geschehen zurecht und recht schnell baut man eine Identifikation mit dem Helden Jack auf. Geschickt wird mit den Vermutungen des Zuschauers gespielt, mit denen teilweise offen gepokert wird. Manches Mal fliegen dem Publikum aber auch Überraschungen urplötzlich um die Ohren. Dabei hält der Film immer ein tolles Gleichgewicht aus Spannungsmomenten, Action und dem Dramenbereich, während die Geschichte gekonnt Popkorn-Kino mit tiefgehender Story zu vereinen weiß, so dass modernes Kino endlich mal wieder nicht nur geistlos daher kommt, sondern ganz im Gegenteil auch so einige Herausforderungen für den Geist des Publikums bietet.

Zudem schaffen es Regie und Autor ihr Werk zu möglichen Diskussionsgrundlagen werden zu lassen, z.B. in seiner höchst Ethik-kritischen Schluss-Szene, die weit über das hinaus geht was bereits in Szenen-ähnlichen Werken wie „Appleseed 2“ erzählt wurde. In solchen Momenten weiß „Oblivion“ gekonnt zu provozieren und dem Zuschauer nicht nur Altbewährtes schlucken zu lassen.

Danke für so viel Mut, Ideenreichtum und Respekt an der Sache, denn nur auf diesem Wege konnte dem Science Fiction-Fan mal wieder mehr beschert werden als kurzweilige Sinnlos-Kost zum Kopfabschalten. Mir hat das moderne Blockbuster-Kino mit „Oblivion“ ein überraschendes, völlig unerwartetes Geschenk bereitet, von dem ich froh bin, dass ich es überhaupt entdeckt habe, bei all den wenigen aktuellen Großproduktionen die ich überhaupt noch gucke.  OFDb

01.06.2014

SCHLECHTE ZEITEN FÜR VAMPIRE (1959)

Regisseur Steno kennt man spätestens als Regisseur diverser Bud Spencer-Filme, so z.B. „Banana Joe“ und die „Plattfuß"-Reihe. Mit „Schlechte Zeiten für Vampire“ ist er bereits 20 Jahre zuvor im Komödienfach unterwegs gewesen. Von Horror kann man hier wirklich nicht ernsthaft sprechen, so arg wie hier herumgealbert wird. An eine klassische Vampirhandlung orientiert sich Steno ebenso wenig wie 20 Jahre später an der Jekyll/Hyde-Thematik für seinen ebenso unterirdisch ausgefallenen „Dr. Jekylls unheimlicher Horrortrip“. Elemente der Vorbilder sind durchaus vorhanden, im hier vorliegenden Fall die obligatorischen Regeln was ein Vampir benötigt und was ihm schadet, atmosphärisch und stilistisch gesehen wird das Horror-Genre jedoch leider nicht parodiert.

Nicht einmal „Dracula“ Christopher Lee kann einen gewissen Reiz versprühen. Auch er schafft es nicht ansatzweise den Klamauk ein wenig mehr Richtung Horror zu schuppsen. Im Gegenteil: Lees Anwesenheit wirkt völlig verschenkt, man bekommt gar den Eindruck von Fremdschämen in seinem Gesicht, spätestens immer dann wenn er neben der eigentlichen Hauptfigur, die des Grafen Osvaldo, agieren muss. Glücklicher Weise muss er das nicht lange, spielt er doch nur eine Gastrolle und überlässt nach etwa 20 Minuten dem Mimen Renato Rascel die Bühne komplett, der schon einige Jahre filmische Erfahrungen gesammelt hat und wie es scheint in Italien ein etwas populärerer Komiker wurde, vielleicht auch nur werden wollte. Wer weiß! Zumindest ist der Film komplett auf ihn zugeschnitten, und das ist nicht nur Stenos größter Fehler, das wird erst so richtig fatal wenn Lee nicht mehr auftaucht.

Man kann schon vorher nicht von einem tollen Film sprechen. Die Kalauer sind zu müde, das Spiel zu gewollt und uninspiriert und Rascel nervt schon nach kurzer Laufzeit gewaltig. Ist Lee erst einmal von der Bildfläche verschwunden geht es mit „Tempi duri per i vampiri“ (Originaltitel) erst so richtig bergab, wendet sich der Streifen doch nun komplett dem zuvor nur leicht aufblitzenden Bereich der amourösen Komik zu. Halbvampire hechten durch die eigentlich so schöne Burgkulisse, sind einander hörig, wollen einander beißen, vernachlässigen ihre zu Menschenzeiten mehr oder weniger geliebten Partner, und das ist dann auch so bieder wie es sich anhört. Spießertum trifft auf Klamauk - so etwas kann mit wem Begabtes wie Peter Alexander funktionieren, aber nicht mit Chef-Clown Renato Rascel, dem in Punkto Mimik und Körperhaltung nie ein Gag gelingt.

Scheinbar schien man sich auf ihn auch nicht komplett zu verlassen, denn der Streifen beginnt direkt mit einer trällernden Blondine, die sicherlich Sängerin war und einen ihrer echten Hits im Film vortragen durfte. Dass da auch noch die Rolle eines Schlagersängers eingebaut wurde, dessen Hit man über eine Schallplatte vernehmen darf, bestätigt die Vermutung der musikalischen Werbetrommel und hinterlässt einen guten Eindruck dessen, was für ein verkrampft konzipiertes Produkt „Schlechte Zeiten für Vampire“ eigentlich während seiner Produktionsphase gewesen sein muss. Um so ernüchternder ist das Ergebnis ausgefallen - obwohl es sicherlich Klamauk-Fans gibt, die den fertigen Film zu schätzen wissen. Ich gehöre leider nicht dazu, obwohl ich Klamaukwerke wie die ersten fünf „Police Academy“-Fortsetzungen, die meisten Teile der „Eis am Stiel“-Reihe und viele andere der heutzutage verhassten cineastischen Herbergen für puren Blödsinn mag. Die Komik Rascels trifft bei mir jedoch leider nie ins Schwarze. Sie befindet sich nicht einmal in der Nähe meiner Lachmuskeln.  OFDb